Stück gelebte Inklusion. Mirjam Brindle aus Nordstetten im Johanneskindergarten tätig.
Horb - Ein echtes Pilotprojekt in Sachen Inklusion wird im evangelischen Johanneskindergarten in Horb praktiziert. Mirjam Brindle aus Nordstetten hat das Down-Syndrom und arbeitet jetzt als eine Art Kindergartenhelferin.
Vor Kurzem hat die 20-jährige Mirjam Brindle ihre berufliche Qualifizierung zu einer Art Kindergartenhelferin abgeschlossen. Für ihre Ausbildung war die sie in verschiedenen Kindergärten tätig. Darunter waren der städtische Kindergarten Mühlen, der katholische Kindergarten St. Konrad Ahldorf, das katholische integrative Kinderhaus Nordstetten, der Tageselternverein Horb und auch der evangelischen Johanneskindergarten in Horb, der nun ihre neue Arbeitsstelle ist. Gefördert wurde diese Maßnahme von der Bundesagentur für Arbeit Nagold und vom Sozialamt Freudenstadt Abteilung Eingliederungshilfe im Rahmen der Inklusion unterstützt.
Weil der Johanneskindergarten schon seit Jahren integrativ arbeitet, derzeit werden dort zwei taube Kinder und ein schwerbehindertes Kind betreut, war Kindergartenleiterin Gabriele Vogt sofort begeistert von der Idee, Mirjam Brindle weiter zu beschäftigen. "Die Kinder hier haben ein tolles Sozialverhalten. Es gibt keine Berührungsängste. Mirjam wird so akzeptiert, wie sie ist", sagt Vogt. Mirjam Brindle ist im Johanneskindergarten für den Vesperbereich zuständig. Zudem liest sie mit den Kindern Bilderbücher oder malt mit ihnen. Schnell habe man sich damit befasst, wie Mirjam weiter im Kindergarten mitarbeiten könnte.
Das wurde nun durch die evangelische Landeskirche ermöglicht. Wolfram Keppler vom diakonischen Werk Stuttgart leitet den Inklusionsplan. "Ziel ist es, Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt besser integrieren zu können." Mit Mirjam sei das zumindest für ein Jahr gelungen. Zwölf Stunden die Woche arbeitet sie im Johanneskindergarten. Ihr Verdienst wird durch die Diakonie bezahlt. Das Gehalt der Integrationskraft Simone Brindle – Mirjams Mutter – die selber Erzieherin ist und Mirjam bei ihrer Arbeit begleitet, wird vom Landratsamt Freudenstadt bezahlt. "Wir sehen dieses Projekt, das eines der ersten dieser Art ist, als Anstoß dafür, dass sich etwas ändert und Menschen mit Behinderung überhaupt mal in der Gesellschaft auftauchen", erklärt Keppler den Aktionsplan. Wünschenswert wäre, dass Mirjam Brindle nach dem ersten Jahr eine Daueranstellung bekommen würde. "Es muss einfach mehr ausprobiert werden in diesem Bereich und auch mal Mut bewiesen werden", fordert Keppler auf. Mut habe auch der Johanneskindergarten bewiesen, der in diesem Fall zum echten Vorreiter wurde.
Familie Brindle aus Nordstetten hat sich schon immer für Mirjams Werdegang bezüglich der Inklusion eingesetzt, was auch nicht immer leicht gewesen sei, wie Simone Brindle schildert. Mirjam besuchte das katholische Kinderhaus Nordstetten, danach die Berthold-Auerbach-Grundschule in Nordstetten und die GHWS Altheim-Dettingen in Form einer Außenklasse sowie die GHWS Sulz-Empfingen in Form einer Einzelintegration.
Bis zu ihrem 18. Geburtstag galt es, ein Jahr zu überbrücken, da sie trotz Abschluss noch schulpflichtig war. So einigte man sich auf ein einjähriges Berufspraktikum. Zuvor war für Mirjam Brindle schon klar, dass sie Freude an der Arbeit mit Kindern hat.
Bei der offiziellen Übergabe ihres Zertifikates am gestrigen Mittwochmorgen zum erfolgreichen Abschluss ihrer "beruflichen Qualifizierungsmaßnahme" hatten sich Vertreter des Kirchengemeinderats und auch Pfarrer Michael Keller eingefunden. "Wir freuen uns mit dir ins nächste Jahr starten zu können", sagte Keller bei der Übergabe. Mirjam Brindle sah man sichtlich die Freude. Nur durch das Zusammenspiel aller Einrichtungen stehe man heute hier und könne sich mit Mirjam freuen, erklärte Simone Brindle. Mirjams Inklusion, die mit ihrer neuen Arbeitsstelle fortgesetzt werde, helfe auch anderen. "Die Inklusion ist für alle Beteiligten ein gegenseitiges Geben und Nehmen."