Verabschiedet wurde Inge Kirschenmann von ihrem früheren Chef Amtsrat Norbert Stehle und von Direktor Albrecht Trick. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Pension: Inge Kirschenmann sagt nach mehr als 45 Jahren dem Horber Amtsgericht Lebewohl

Eine ganz außergewöhnliche Berufslaufbahn geht in wenigen Tagen offiziell zu Ende. Amtsinspektorin Inge Kirschenmann verabschiedet sich von "ihrem" Amtsgericht Horb.

Horb. Im Amtsgericht begann Inge Kirschenmann ihre berufliche Laufbahn am 1. September 1972 mit dem Vorbereitungsdienst und blieb für immer da.

Nun darf sie ab Ende des Monats die "Hausschuhe des Lebens", wie Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick den Ruhestand so feinsinnig betitelte, anziehen.

Die "Frau Amtsgericht" wie sie nicht nur heimlich genannt wird, war das Gesicht dieses Gerichtes und die Anlaufstelle für Tausende von Ratsuchenden. Wer weiß, wieviel Zeugen den Satz gehört haben: "Wenn sie die Ladung ausgefüllt haben gehen sie hoch in den ersten Stock zu Frau Kirschenmann, dort erhalten sie ihre Auslagen erstattet." Es waren viele und freundlich hochgerecht hat sie locker 200 000 Euro an Auslagen zurückerstattet. Früher in bar, heute per Anweisung.

Die berufliche Karriere von Kirschenmann verlief genauso wie ihre Konstanz am Arbeitsplatz. Bereits zum 13. Oktober 1975 erfolgte die Ernennung zur Justizassistentin, am 4. Juli 1977 die Beförderung zur Justizsekretärin und am 14. August 1978 zur Justizobersekretärin. Am 1. September 1981 erfolgte die Ernennung zur Justizhauptsekretärin und zum 14. Juli 2004 ihr Aufstieg zur Amtsinspektorin.

"Mit Frau Inge Kirschenmann verliert das Amtsgericht Horb ihre an Dienstjahren älteste und versierteste Mitarbeiterin. In den vielen Jahren ihrer Tätigkeit hat sie es unermüdlich verstanden, ihr Wissen und Können einer Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben und diese profund auszubilden. Daneben sind eine große Zahl von Richterinnen und Richtern Frau Kirschenmann für ihre wertvolle Einarbeitung und oft ›mütterliche‹ Betreuung außerordentlich dankbar", betonte ihr aktueller Chef, Albrecht Trick. "Gerade beim Amtsgericht Horb haben viele Assessorinnen und Assessoren ihren Richterdienst begonnen und sind durch ihre reichhaltigen und eingehenden Anleitungen im verwaltungstechnischen Bereich eines Referats und im Umgang mit der Software ›flügge‹ geworden. Alle, die bei ihr eine Ausbildung genossen haben, erinnern sich noch nach Jahren gerne an diese Anfangszeit zurück", so Trick weiter, der anfügte, dass er überall in Justizkreisen gefragt wird, ob’s denn die Frau Kirschenmann noch gäbe. "Bislang konnte ich immer ja sagen, jetzt muss ich leider anfügen, nicht mehr lange". Trick und Kirschenmann freuten sich, dass neben den ganzen Kolleginnen und Kollegen aus dem Straf- und Zivilrecht, dem Betreuungsgericht und der Zwangsvollstreckungsabteilung auch der heute 76-jährige Amtsrat Norbert Stehle von Haigerloch aus anreiste, um mit seiner ehemaligen Mitarbeiterin zum "Ausstand" zu gratulieren. Stehle und Kirschenmann haben viele Jahre zusammengearbeitet.

"Wir verlieren mit Inge Kirschenmann auch eine menschlich in allen Bereichen sehr angenehme Mitarbeiterin, einfühlsame Kollegin und für viele enge Freundin. Frau Kirschenmann hat in all den vergangen Jahren treu und gewissenhaft ›ihrem‹ Amtsgericht Horb gedient und alle Neuerungen tatkräftig, entschlossen und mit Besonnenheit mitbegleitet." "Wissen im Wandel der Zeit", so die Kurzformel hierfür, betonte Trick. "Rechts- und Ratsuchende und auch die Mitarbeiter der Anwaltschaft fanden bei ihr immer Gehör und mit ihrer kompetenten Art, wusste sie stets, was zu tun ist", so weitere Anmerkungen des Amtsgerichtsdirektors, der die "Frau Amtsgericht" als fröhliche Arbeiterin im Weinberg ihres Herren (dem Justizminister) erlebte. "So fröhlich war ich gar nicht immer", korrigierte die so sehr Gelobte. "Ich war eher immer ein bisschen ungeduldig – ich war mehr die Arbeitsbiene, die durch die Büros rauschte." Bienenkönigin wollte sie nie sein, stellte sie zurückblickend fest. Sie sei lieber jemand, der diente. Und sie hat fast 46 Jahre all ihren Chefs im Amtsgericht mehr als treu gedient. Dafür wurde sie auch von allen voller Dankbarkeit mit einer kleinen Feierstunde in festlichem Rahmen verabschiedet. Vom Justizministerium gab es die Versetzungsurkunde in den Ruhestand, vom Kollegium einen tollen Blumenstrauß und zwei Musical-Karten und Landgerichtspräsident Dietmar Foth ließ seine besten Wünsche ausrichten.

Inge Kirschenmann verlässt ihre Arbeitsstelle mit dem berühmten lachenden und weinenden Auge. Lachend darüber, dass sie keine E-Akten mehr anlegen muss, die "ihr den Zahn gezogen haben", wie sie zugab und weinend, weil Ende des Monats eine Ära zu Ende geht. Die Ära Inge Kirschenmann, die "Frau Amtsgericht von Horb."

Dass man sich zur Feierstunde in einem Amtsgebäude einer deutschen Behörde traf, das merkte man zumindest daran, dass es erst einen Schluck Sekt gab, als die Übergabe der Versetzungsurkunde persönlich quittiert war.