Formaldehyd-Richtwert in mehreren Räumen überschritten. Altbau betroffen. Stadt will weitere Schulen checken.

Horb - Auf dem Flur im alten Teil des Schulzentrums auf dem Hohenberg ist die Plastikfolie schon abgerissen. Darunter sieht man Spanplatten. Und genau das macht Schülern, Eltern, Lehrern und der Stadtspitze Kopfzerbrechen. Formaldehydalarm in der Schule! Allerdings beruhigt die Stadt Eltern und Schüler. OB Peter Rosenberger sagt in einem Pressegespräch zwar:

"Es ist eine Gefahrensituation". Allerdings gibt Gutachter Günther Herz vom gleichnamigen Umweltbüro aus Tübingen/Tettnang Entwarnung: "Es besteht kein akutes Gesundheitsrisiko." Formaldehyd ist ein farbloser Stoff, der bei Zimmertemperatur gasförmig ist. In Tierversuchen haben Wissenschaftler herausgefunden, dass bei hoher Formaldehyd-Belastung ein erhöhtes Krebsrisiko besteht.

Stadtarchitekt Thomas Hellener: "Nach der Entdeckung von Formaldehyd in den landkreiseigenen Schulen im März haben wir uns entschlossen, wieder Kontrollmessungen zu machen."

Hintergrund: Der TÜV Süd hatte schon vor knapp zehn Jahren alle stadteigenen Schulgebäude auf Formaldehyd untersucht. Das Schulzentrum am Hohenberg hatte damals im Vergleich hohe Werte. Sie lagen aber noch unter dem Richtwert des Bundesgesundheitsamts bzw. der Bundesanstalt für Risikobewertung von 0,12 mg pro Kubikmeter Luft.

Am Ende der Pfingstferien wurde in sechs Räumen gemessen. Hellener: "Bei geschlossenen Fenstern herrschen dann die schlechtesten Bedingungen, und weder Schüler noch Lehrer sind gefährdet."

Das Ergebnis: Während in der landkreiseigenen Pestalozzi- und Roßbergschule sich der Messwert knapp um den Richtwert um 0,12 mg bewegt, ist die Lage im stadteigenen Schulzentrum ernster.

Raum 111. Eine achte Klasse. 0,218 mg Formaldehyd. Der am höchsten belastete Raum. Hellener und Realschul-Rektor Heiner Kist schauen an die Decke. Hellener: "Dieser Raum ist von drei Seiten mit Spanplatten verkleidet. Wir haben auch die Decke unter Verdacht."

Selbst im fensterlosen Raum 125, der PC-Klasse, ist die Belastung geringer als im Raum 111. Hier wurden 0,201 mg Formaldehyd gemessen. Hellener: "Hier gibt es ohnehin eine Entlüftung. Deshalb gehen wir davon aus, dass diese Messung nur den ungünstigsten Fall darstellt." Kist ergänzt: "Allein schon wegen des Servers und der Abwärme der PCs haben wir die Entlüftung so geschaltet, dass sie alle paar Stunden automatisch die Luft austauscht." Bei laufender Lüftung, so zeigt die Messung, ist hier nur 0,015 mg Formaldehyd in der Luft.

Auch in anderen Klassenräumen liegen die Werte über dem Richtwert: 101 hat 0,181 mg, Raum 124 und 133 haben jeweils 0,155 mg Formaldehyd. Nur im Flur, wo auch die "nackten" Spanplatten zu sehen sind, liegt die Belastung mit 0,1 mg unter dem Grenzwert.

Bisher wurde in sechs Räumen gemessen. Die Stadt geht aber davon aus, dass in allen 30 Klassenzimmern im Altbau das selbe Problem auftritt.

Heute schon rückt Gutachter Günther Herz wieder zur Messung an. Hellener: "Im am stärksten belasteten Raum 111 werden wir erneut messen lassen. Die Belastung nach zehn Minuten lüften, nach 15 Minuten lüften und so weiter. Damit hoffen wir, nachweisen zu können, dass man die Formaldehyd-Belastung durch regelmäßiges Lüften auf einen Wert deutlich unter den Richtwert bekommen kann." Dazu wird das Umweltbüro auch Materialproben von Wänden, Decken und Boden entnehmen, um rauszufinden, woher das Formaldehyd kommt.

Räume sollen durch regelmäßiges Lüften nutzbar bleiben

Hellener: "Wir hoffen, dass wir bis zum 10. Juli schon erste Anhaltspunkte bekommen."

Realschulrektor Kist sagt: "Wir hoffen, dass wir für eine Übergangszeit die Räume weiter nutzen können, indem wir regelmäßig lüften. Ich weiß sonst nicht wohin bei 800 Schülern."

Wird die Stadt die Schüler und Lehrer weiter dem Formaldehyd aussetzen? Oberbürgermeister Peter Rosenberger: "Nein. Wir werden über die Ergebnisse der Materialproben auch dem Gemeinderat berichten. Dann müssen wir geeignete Maßnahmen besprechen. Weil das ohnehin die ältesten Räume im Schulzentrum sind, die 1972 errichtet wurden, schadet denen auch aus optischen Gründen eine Sanierung nicht."

Und was kann die Sanierung kosten? Hellener antwortet: "Schwer zu schätzen. Aber in die Millionen Euro wird es nicht gehen."

Wird jetzt auch an anderen Schulen gemessen? OB Rosenberger sagt dazu: "Zunächst messen wir auch im Neubau der Realschule. Im Martin-Gerbert-Gymnasium sind die bisher bekannten Formaldehyd-Werte niedriger. Klar ist eins: Die bisher gemachte Analyse an der Realschule hat 1500 Euro gekostet. Wenn man diese Messung aus Kostengründen nicht durchführen lässt, dann handelt man fahrlässig."

Realschulrektor Heiner Kist ist jedenfalls gespannt, was bei den heutigen Messungen rauskommt: "Dann wissen wir, ob wir die Räume weiter nutzen können." Spätestens Anfang der Woche, so OB Peter Rosenberger, sollen die Eltern der Realschüler dann per Brief informiert werden.