Der Modeladen neben Blumen Müller steht vor der Schließung. Die Inhaber haben die Räume schon gekündigt. Foto: Hopp

Freestyle-Mode in Horber Neckarstraße hört auf. Hans-Jürgen Birk stellt Konzept für Einkaufszentrum vor.

Horb - In der Neckarstraße geht die Angst um – wie lange können sich die Geschäfte noch halten? Jetzt macht der nächste Laden dicht.

Der Freestyle-Shop neben Blumen Müller hat seit Montag Schilder am Schaufenster: "Räumungsverkauf". Vermieter Willy Kreidler bestätigt: "Der Geschäftsinhaber haben gekündigt. Spätestens im März will er raus sein. Der Grund: Er hat keine Kundschaft, die Stadt stirbt." Das wird auch im Freestyle-Shop, der Mode für junge Mädchen hat, bestätigt. Tageweise seien kaum Kunden im Laden.

Und die Angst geht um: Fällt der nächste Dominostein in der Neckarstraße? Wie viele fallen noch? Gibt es bald zwischen Bäckerei Saur und Bella Arti kein einziges Geschäft mehr, wenn das Einkaufszentrum kommt?

Im Februar hatte "Drunter & Drüber" geschlossen. Inhaberin Ute Wingbermühle strich nach fünf Jahren die Segel. Der Grund dafür: Ein Umsatzeinbruch von fünf Prozent. Seitdem sucht Hausbesitzer Peter Haipt nach Nachmietern – hat aber bis heute niemanden gefunden.

Und Haipts Familie gehört auch das Haus, in dem Drogerie Müller bisher beheimatet ist. Spätestens seit der Vorstellung der neuen Pläne für das Shopping-Center ist klar, dass Drogerie Müller als einer der Frequenzbringer aus der Neckarstraße auszieht.

Haipt gilt nicht nur deshalb als Skeptiker, was das neue Shopping-Center anbelangt. Er sagt: "Ich habe mal eine Umfrage bei den Geschäften gemacht, die auch noch auf der Neckarstraße am Fruchtkasten sind.

Die Beschäftigten von NKD und Reno-Schuh leben in Angst, ob ihre Filiale hier bleibt, wenn das Einkaufszentrum kommt."

Das wird teilweise auch durch die Recherchen des Schwarzwälder Boten bestätigt. Reno (u.a. Dockers, Tamaris Schuhe) hat zwar einen gültigen Mietvertrag. Doch auf die Zukunft angesprochen, wird schon das Wort "Angst" in den Mund genommen. Denn: Im neuen Shopping-Center hat Deichmann – der Günstig-Schuhanbieter – schon zugesagt. Auch Ernstings Familiy – auch möglicher Konkurrent von NKD, will ins neue Einkaufszentrum ziehen.

Haipt befürchtet deshalb das Schlimmste für die Neckarstraße: "Wenn man Müller draußen hat, könnte das der Todesstoß für die Neckarstraße sein."

Haipt als Immobilienbesitzer beziehungsweise -Verwalter hat sogar schon eine Straßenumfrage gemacht. In zwei Stunden hat vor Drogerie Müller Passanten befragt. Das Ergebnis, so Haipt: "20 Prozent der Befragten haben richtig über das Einkaufszentrum abgelästert. Die meisten haben die Pläne abgelehnt. Da war ich platt."

Er sieht die Neckarstraße schon jetzt in einer heftige Krise. Haipt: "Am zweiten Advent wird normalerweise der Hauptumsatz im Einzelhandel gemacht. Ich habe mal das Parkhaus Kaiser gecheckt. Freitagabend um 17 Uhr war nur das Erdgeschoss voll, oben war leer. Samstag morgen um 10 Uhr genau dasselbe Bild."

Versetzt das geplante Einkaufszentrum der Neckarstraße vor dem Fruchtkasten den endgültigen Todesstoß?

Eine Frage, die heute sicherlich ganz intensiv diskutiert wird. Denn Hans-Jürgen Birk von der Activ-Group stellt bei Horb Aktiv das neue Konzept des neuen Einkaufszentrum vor. Der Verband der Horber Einzelhändler und Gewerbetreibenden will dann seine Stellungnahme dazu abgeben.

Doch wie verhalten sich die Kunden? Matthias Saur: "Bis vor sechs oder sieben Jahren war der Samstag der umsatzstärkste Tag in der Filiale Wilhelmstraße. Das ist lange vorbei. Dafür ist der Samstag in unseren Vorkassen-Filialen beim real oder Kaufland der umsatzstärkste Tag geworden."

Gut geführte Fachgeschäfte jenseits der Belle-Arti-Grenze an der Neckarstraße haben keinen Kundenrückgang zu verzeichnen. Lucia Steimle, Schmuck am Aischbach: "Bei mir waren die ersten Adventssamstage wirklich gut." Auch Brigitte Ohagen vom "Blickfang" sagt: "Ich habe mehr Kunden als im Vorjahresvergleich. Ich bin zufrieden."

Ist das nur ein Problem rund um den Fruchtkasten? Willy Kreidler sieht darin eine Fehlsteuerung der letzten 50 Jahre: "Die Stadt krankt an Haupt und den Gliedern. Im Zweifelsfalls hat man immer Unternehmer- und Investoren-Feindlich entschieden. Ob es um Neubaugebiete handelt, die ja mehr Bevölkerung und Kaufkraft bringen oder um andere Investitionen. Als ich damals das Kreidler-Areal und das Parkhaus entwickelt haben, sind alle Geschäfte vom Marktplatz hier runter gezogen. Doch bei der Weiterentwicklung hier unten in der Neckarstraße wurden uns immer wieder Steine seitens der Stadt in den Weg gelegt. Das rächt sich jetzt."