Lynn Schoene verzaubert mit Bienenwachs-Werken, Tom Feritsch mit Ton-Konstrukten

Von Jürgen Lück

Horb. Himmel und Erde. Männlich und weiblich. Hell und dunkel. Die Künstler Tom Feritsch und Lynn Schoene zeigen ihr Materialdenken ab Sonntag, 12. April.

Die oberste Etage des Klosters. Die Räume des Kunstvereins Oberer Neckar. Harmuth Schweizer, der am Sonntag bei der Vernissage um 11 Uhr die Laudatio hält, schaut zuund lässt sich von den Werken inspirieren, die Schöne und Feritsch aufbauen.

Lynn Schöne setzt auf weiches, organisches Bienenwachs. Bleicht es, formt aus Röhrchen viele kleine, runde Mini-Röhrchen. Sind zwar nicht sechseckig wie Bienenwaben, aber wirken auf den ersten Blick wie eine Bienenstock-Struktur. Dazu noch ein paar weiße Hemden, Wachs drüber, und schon entstehen luftige, helle Strukturen.

Lynn Schöne lacht: "Ich liebe das Material Wachs. Es ist so schön anzufassen und es wirkt sinnlich."

Bienen, sinnlich, hell. Irgendwie erinnert das an Himmel.

Tom Feritsch. Er hält eines seiner Gebilde in der Hand, um es auf das andere anzupassen. Beide sehen aus wie Fachwerkhäuser ohne Dach. Architektonische Konstruktionen. Ein Mix aus Ton und Stahl. Der Künstler sagt: "Beide Materialien kommen aus der Erde. Sie haben deshalb eine Verbindung." Und der Künstler hat sich sehr intensiv mit dem Ton auseinandergesetzt. Denn: Je nach Brenntemperatur nimmt der Ton, aus dem die meisten seiner "Balkenkonstruktionen" zusammengesetzt sind, eine andere Farbe an. Zeigt auf das rötliche Gebilde: "Das ist spanischer Ton, den habe ich bei 1250 Grad gebrannt. Dann entwickelt er diese Farbigkeit."

Klar, dass man sich als konstruktivistischer Künstler und als Mann ganz intensiv mit der Konstruktion dieser Gebilde auseinandersetzt. Feritsch: "Irgendwann hatte ich es raus, wie ich meine Gebilde mache. Der Ton muss mit der richtigen Feuchtigkeit zusammengesetzt werden – Lage für Lage, Querbalken für Querbalken. Dann balanciere ich das fertige Objekt komplett in den Brennofen. Denn nur, wenn man die Objekte als ganzes brennt, halten sie auch. Durch das Brennen verliert der Ton ungefähr fünf Prozent seines Volumens. Das heißt: Wenn ich einzelne Schichten machen würde, würde das Ganze nicht mehr zusammenpassen."

"Durch Brennen verzieht sich der Ton, sodass er organisch aussieht"

Dazu kommt, so Feritsch: "Durch das Brennen verzieht sich der Ton, sodass er organisch aussieht." Zeigt auf eine Querstrebe, die eher an einen Holzbalken als an eine Stahlstrebe erinnert. Obwohl: Klopft man mit dem Fingernagel vorsichtig auf Feritsch Konstruktion, klingt sie metallen. Hört sich an wie Erde. Die Farben – wie Erde. Das Herangehen: Männlich. Denn mit dem "weiblichen Töpfern" – also dem Formen von runden Gefäßen per Hand – hat Feritsch Kunst nicht zu tun, sagt er.

Himmel und Erde. Schoene und Feritsch. Scheinbar Gegensätze. Aber eines der Hauptwerke ist noch nicht aufgebaut. Auf dem Foto ist zu sehen: Weiße Bienenwachsfliesen der Künstlerin im Schachbrettmuster mit erdigen "Fliesen" von Feritsch.

Und wer sich "An imaginary distortion of fact and fiction" von Lynn Schöne anschaut, sieht, wie ihre himmlichen Bienenwachs-Strukturen sich über das Motiv aus Bitumen-Farbe erstrecken. Und Bitumen, Asphalt – das ist auch wieder Straße und damit (fast) Erde.

Laudator Schweizer: "Himmel und Erde – damit haben Sie Recht. Auch in den Materialien. Lynn Schöne setzt auf Wachs und Naturmaterialien, die weich und organisch sind. Tom Feritsch arbeitet mit Ton und Stahl – das ist eher mineralisch."

Weitere Informationen: "Materialdenken" von Lynn Schoene und Tom Feritsch. Vernissage: Sonntag, 12. April, 11 Uhr in der Galerie im Kloster. Die Ausstellung ist bis zum 24. Mai Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet.