Eine 66-Jährige musste sich vor dem Amtsgericht verantworten. Archiv-Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder Bote

Prozess: 66-Jährige muss wegen versuchten Diebstahls und vorsätzlicher Körperverletzung 1200 Euro zahlen

Horb-Mühlen. Es ist schon eine ganze Reihe von Streitigkeiten, welche die Angeklagte im Laufe der Jahre mit ihren Nachbarn hatte – und wegen einer dieser Auseinandersetzungen verurteilte Richter Albrecht Trick die 66-Jährige zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40 Euro. Trick sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte sich im Juli 2018 auf den Weg gemacht hat, um die Tauchpumpe ihres Nachbarn zu entwenden.

Laut Anklageschrift – deren Schilderungen sich im Lauf der Beweisaufnahme weitestgehend als richtig erwiesen – soll die 66-Jährige versucht haben, die Tauchpumpe ihres Nachbarn aus einem nahegelegenen Bach zu stehlen. Auf dem Rückweg wurde sie allerdings von ebendiesem Nachbarn entdeckt, worauf eine verbale und dann eine tätliche Auseinandersetzung folgte. In deren Verlauf soll die Angeklagte ihren Nachbarn geschlagen und beleidigt haben. Dieser habe seinerseits die 66-Jährige geschubst, woraufhin diese in den Bach gefallen sei. Der Nachbar, heißt es in der Anklage, habe sich bei der Auseinandersetzung am Knie verletzt und musste sich daher ärztlich behandeln lassen.

Die Angeklagte schilderte den Vorfall allerdings ganz anders. Sie sagte aus, dass nicht sie ihren Nachbarn geschlagen habe, sondern umgekehrt: Ihr Nachbar habe sie entdeckt, "ordentlich wuchtig" in den Bach geschubst und zudem in den Brustbereich geschlagen. Auch, dass sie die Tauchpumpe aus dem Bach gestohlen habe, sei eine falsche Unterstellung. "Ich habe die Pumpe nicht mitgenommen. Ich habe auch kein Interesse an einer Pumpe."

Richter Trick wollte wissen, wieso die Angeklagte sich denn überhaupt auf den Weg gemacht habe, die Pumpe zu stehlen oder zumindest abzuschalten. Sie habe die unerlaubte Wasserentnahme aus dem Bach unterbinden wollen, denn "das geht ja gar nicht". Und sie habe das ganze heimlich gemacht, weil sie ihren Nachbarn schon einmal beim Wasseramt Freudenstadt angezeigt habe – ohne, dass sich die Situation dadurch besserte.

Der Nachbar, ein 50-Jähriger Polizeibeamter, und zwei weitere Anwohner, die später hinzugekommen waren, bestätigten mit ihren Aussagen im Kern das, was der Angeklagten vorgeworfen wird. Als er die 66-Jährige "mit der Wasserpumpe in der Hand" gestellt hatte, habe diese die Pumpe auf eine nahe gelegenen Terrasse geworfen, sei auf ihn zugekommen und habe plötzlich angefangen, "wie wild auf mich einzuschlagen". Daraufhin – das gebe er zu – habe er die Angeklagte von sich geschubst, um weitere Schläge zu verhindern. Irgendwann im Verlauf der Auseinandersetzung habe er sich zudem das Knie verdreht, was er allerdings erst im Lauf der Nacht bemerkte, weil das Knie anschwoll.

Die Situation in der Nachbarschaft schilderte der 50-Jährige als anstrengend und unstet: Mal sei es für einige Zeit ruhiger, "aber einen Monat lang stört sie dann wieder alles und sie macht uns das Leben zur Hölle". Es habe auch schon mehrere Versuche gegeben, die Situation zu schlichten, die aber bisher erfolglos gewesen seien. Das bedauerte Richter Trick und gab zu bedenken: "Eigentlich wäre das Ziel, dass man solche Dinge nicht vor Gericht klären muss." Trotzdem habe er einen Täter-Opfer-Ausgleich ausgeschlossen. Die Erfolgswahrscheinlichkeit sei wegen der verhärteten Fronten schlichtweg zu gering.

In seinem Urteil folgte Trick dann der Forderung des Staatsanwalts, der eine Gesamtstrafe von 1200 Euro verteilt auf 30 Tage als angemessen ansah. Für ihn blieb "kein Zweifel an einer tätlichen Auseinandersetzung" und auch nicht daran, dass die Angeklagte sich der Körperverletzung schuldig gemacht hatte. Der Verteidiger hingegen hatte einen Freispruch gefordert. Aus seiner Sicht brachte die Zeugenbefragung zu wenig Licht ins Dunkel. Weil hier Aussage gegen Aussage stehe, müsse man im Zweifel für die Angeklagte urteilen. Trick hingegen war sich sicher, dass es sich beim vorliegenden Fall sowohl um eine Körperverletzung als auch um einen versuchten Diebstahl handelt und fällte sein Urteil – "auch wenn das sicherlich nicht das nachbarschaftliche Verhältnis befriedet".