Horb-Nordstetten - Bei Silke und Bertram Saiber sitzt der Schock noch tief. "Nur wenige Minuten und nur wenige Zentimeter haben bis zur Katastrophe gefehlt", sagen sie.

Um 0.02 Uhr in der Nacht zum Montag knallte es bei den Kreuzhöfen in Nordstetten gewaltig: ein Erdblitz - von der Stärke her ein "Mega-Blitz" mit 225 Kilo-Ampere, wie "kachelmannwetter" ermittelt hat.

Der Boden vibrierte und die Wände wackelten. Silke Saiber schaute aus dem Fenster. Zum Glück: Denn so konnte sie sehen, dass im Nachbargebäude, das der Familie ebenfalls gehört, ein Feuer im Dachstuhl ausgebrochen war. "Die Mieter, die dort wohnen, mussten schnell raus. Und wir sind dann sofort zu den Ställen mit unseren neun Pferden. Es war alles dunkel, die Außenbeleuchtung funktionierte nicht mehr. Mit Handykameras haben wir ein wenig Licht gemacht." Die Pferde seien alle verängstigt gewesen. "Sie spüren das noch viel intensiver wie Menschen, halten zum Beispiel auch von einem Elektrozaun Abstand." Auf der Koppel waren die Pferde schließlich in Sicherheit.

Beachtlicher Krater ist im Betonboden zu sehen

Da es ein Erdblitz war, brachte auch der Blitzableiter auf dem Dach nichts. Es gibt zwar interne Systeme, die Blitze in den Leitungen umlenken, doch Honerla sieht keine Chance, so einen "gewaltigen Blitzeinschlag" zu verhindern. "Das ist maximal bis circa 100 kA möglich."

Am Morgen danach wird das Ausmaß des Blitzeinschlags so richtig deutlich. Direkt neben dem Stall ist wohl der Blitz eingeschlagen. Ein beachtlicher Krater ist im Betonboden zu sehen. "Der Blitz ist nicht im Dachstuhl eingeschlagen, wie man zunächst vermuten konnte", so Christian Volk, Pressesprecher der Horber Feuerwehr. Über die Stromleitung sei er dann wohl durch den Stall bis ins Haus weitergeleitet worden. "Da bringt dann auch ein Blitzableiter nichts mehr", so Volk. Auch Blitz-Experten sehen das so.

Silke Saiber fällt es schwer, darüber nachzudenken, was noch alles hätte passieren können. "Wenn das Feuer im Stall ausgebrochen wäre, wären die Pferde wohl nicht mehr zu retten gewesen. Das ganze Stroh und Holz. Alles schnell brennbar. Eine grausame Vorstellung." Im Stall sind alle Steckdosen verkohlt. Plastikteile liegen zerstreut auf dem Boden. Mauerstücke sind abgebrochen. Bertram Saiber zeigt auf ein Stück abgeflogene Fassade eines Nebengebäudes.

Die Saibers können vom viel zitierten "Glück im Unglück" sprechen – trotz des natürlich immensen Schaden. Die Mieter – Austräger des Schwarzwälder Boten – konnten zum Glück kurzfristig woanders unterkommen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Haus von einem Blitz getroffen wird, ist statistisch gesehen gering. Sie beträgt 1:6 Millionen. Doch bei den Saibers ist es nun passiert: "Ein Lotto-Gewinn ist ähnlich unwahrscheinlich. Aber der wäre mir deutlich lieber gewesen", sagt Bertram Saiber. Seinen Humor hat er durch den Blitzeinschlag nicht verloren.

Kachelmann: Einschlag hatte oberste Stufe "wilder Hausrüttler"

2015 wurde Horb zur "Blitz-Hauptstadt" gekürt. Das Unternehmen "nowcast" protokollierte damals für das Jahr 29 Blitze pro Quadratkilometer in dieser Region. Nun wurde einer der stärksten Erdblitze deutschlandweit im Horber Teilort gemessen.

Der Blitz, der auf dem Hof der Saibers auf den Kreuzhöfen einschlug, wurde von "Kachelmannwetter" mit 225 Kilo-Ampere (kA) gemessen. Er gehört damit wohl zu einem der stärksten Erdblitze, der in Deutschland seit 1999 gemessen wurde. "Bei so hohen Feldstärken ist die Unsicherheit sehr groß, aber er ist sicher einer der höchsten, also in den Top-zwei-Prozent", erklärt der bekannte Meteorologe Jörg Kachelmann im Gespräch mit unserer Zeitung. Es sei ein "starker Blitz mit großer Feldstärke am oberen Ende der Möglichkeiten". Deswegen bekommt der Nordstetter Blitz die oberste Stufe mit dem "wilden Hausrüttler". "Ab einer Stärke von 100 kA sprechen wir von einem sehr starken Blitz, einem wilden Hausrüttler." Der Erdblitz im Bereich der Kreuzhöfe war noch mehr als doppelt so stark.

Auch Matthias Beiler von "BLIDS – der Blitz Informationsdienst von Siemens" mit Sitz in Karlsruhe bewertet diesen Blitz als "außergewöhnlich": "Ein Standard-Blitz hat vier bis zehn kA. Bei einem richtigen Sommer-Gewitter kommt es in der Regel zu Blitzen von 80 bis 100 kA."

Jörg Honerla, Physiker und Blitz-Experte von der Universität Duisburg-Essen, erklärt, wie es zum Dachstuhl-Brand kommen konnte und warum das Feuer nicht im benachbarten Stall ausbrach: "Die Stromleitungen im Stall und in den Gebäuden wirken wie ein Blitzableiter. Diese Leitungen können für einen Moment diesen gewaltigen Blitzschlag aushalten. Der Blitz sucht sich dann seinen Weg, wobei es dann Zufall ist, wohin der Blitz geleitet wird. Hier kommt es auf die Sicherungen und andere Umstände an." Doch irgendwann sind die Leitungen diesem Druck nicht mehr gewachsen.

Da es ein Erdblitz war, brachte auch der Blitzableiter auf dem Dach nichts. Es gibt zwar interne Systeme, die Blitze in den Leitungen umlenken, doch Honerla sieht keine Chance, so einen "gewaltigen Blitzeinschlag" zu verhindern. "Das ist maximal bis circa 100 kA möglich."

Bei schwächeren Blitzeinschlägen ist ein System aber sehr wohl sinnvoll, wie das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe erklärt. Aber weniger als ein Prozent der Privathäuser hatten 2015 einen Blitz-Schutz, heißt es in einem Video des Amts.

Weitere Informationen: Jeder kann seine Blitze unter https://kachelmannwetter. com/de/blitze ansehen (mit Archiv bis 1999).