Von 1961 bis 2006 war das Museum der Stadt Horb im Heimathaus Hoher Giebel untergebracht, in dem einst die reiche Tuchhändlerfamilie Garb beheimatet war. Das Heimatmuseum im Dachgeschoss des sechsstöckigen Fachwerkbaus besaß ein gewisses Flair, verfügte aber nur über sehr eingeschränkte, schwer zugängliche Räumlichkeiten. Fotos: Kultur- und Museumsverein Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Kultur- und Museumsverein unterstützt das Horber Stadtmuseum mit zahlreichen Leihgaben

Unter dem Titel "Willkommen im Stadtmuseum Horb" werden zur Zeit im Wechselausstellungsraum des Stadtmuseums im Bürgerkulturhaus neue Ankäufe, Leihgaben und Schenkungen präsentiert, von denen die meisten aufgrund fehlender Räumlichkeiten noch nie öffentlich ausgestellt worden sind.

Horb. Zur Hauptversammlung des Kultur- und Museumsvereins (wir berichten) hatten die beiden Vorsitzenden Joachim Lipp und Heinrich Raible zusammen mit Vereinskassierer Stefan Reichel eine Leihgabenliste erstellt, die einen staunen lässt.

Der Kultur- und Museumsverein unterstützt laut Satzung die Interessen der Heimatforschung und dient der Erhaltung und dem Ausbau der örtlichen Museen sowie der Archive. Der Verein sieht sich in der Tradition des 1894 gegründeten Horber Altertumsvereins, der sich leider vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs auflöste. In diesem Verein spielte das illustre Völkchen der Bildhauer eine herausragende Rolle. So gehörte Wilhelm Klink zusammen mit Kollegen zu den Gründungsmitgliedern. Dank deren Engagement wurden nicht nur die Zunftstangen in der Stiftskirche vor den Klauen geschäftstüchtiger Kunsthändler bewahrt. Die Sammlung des Horber Altertumsvereins sollte Jahrzehnte später den Grundstock für das stadtgeschichtliche Museum im Hohen Giebel bilden.

Das sogenannte Raissche Haus galt 1949 als einsturzgefährdet und ein Jahr darauf erwarb die Stadt das Gebäude von privater Hand. Im Juli 1955 konnte der sechsstöckige Fachwerkbau nach vierjährigen Renovierungsarbeiten unter dem Namen "Heimathaus Hoher Giebel" eingeweiht werden. Mit der Musikschule, der Stadtbücherei und einem Vortragssaal für zirka 80 Personen sollte das 25 Meter hohe Haus zum Mittelpunkt des kulturellen Lebens in Horb werden. Das vorerst im Rohbau fertiggestellte Dachgeschoss wurde 1961 als Heimatmuseum eingerichtet, und der Museumsbestand stammte hauptsächlich aus dem Besitz des ehemaligen Horber Altertumsvereins.

Die Sammlung umfasste vorgeschichtliche Funde aus dem Horber Raum, Ansichten, Pläne und Modelle zur Stadtgeschichte, sakrale Kunst des 16. bis 18. Jahrhunderts, Zunftstangen und –fahnen, Zeugnisse der Horber Bildhauerschule, Gemälde von Caspar Kaltenmoser, Horber Veduten (Stadtansichten) sowie eine Martin-Gerbert-Sammlung. Dank der Bemühungen des Kultur- und Museumsvereins kamen 1982/83 zwei Ölgemälde des aus Dettensee stammenden Malers Salomon Hirschfelder als Dauerleihgabe des Landes Baden-Württemberg in das Heimatmuseum im Hohen Giebel. Die Hirschfelder-Sammlung konnte unter anderem mit der Unterstützung des Kultur- und Museumsvereins zwischenzeitlich erweitert werden.

Mit zwei Verkaufsausstellungen sorgte der Kultur- und Museumsverein unter der Stabführung von Franz Geßler und Bernd Ballmann 1983/84 dafür, dass zahlreiche Grafiken des in Horb geborenen Genremalers Caspar Kaltenmoser ihren Weg in die Wohnstuben der Neckarstadt gefunden haben. Bei dieser Gelegenheit erwarb der Verein eine Bleistiftzeichnung von Caspar Kaltenmoser sowie eine Zeichnung seines Sohnes Max, die im März 1985 als Dauerleihgaben für das Heimatmuseum an Oberbürgermeister Karl Hägele übergeben wurden. Hägele hatte bei der Vereinsgründung 1980 darauf bestanden, dass der Oberbürgermeister der Stadt Horb oder ein von ihm ernannter Vertreter als Ausschussmitglied in der Vorstandschaft des Kultur- und Museumsvereins vertreten ist.

Nachdem der Kultur- und Museumsverein zum 450. Todestag des Künstlers im Hohen Giebel mit aufwendigem Bildmaterial eine Veit-Stoß-Ausstellung eingerichtet hatte, beteiligte sich der Verein im Jahr 2001 gemeinsam mit dem damaligen Museumsleiter Wolfgang Padulski an der Neuordnung des Heimatmuseums im Hohen Giebel. In diesem Zusammenhang wurde die Sebastian-Lotzer-Sammlung eingerichtet, die dank des Vereins zwischenzeitlich über mehrere originale Flugschriften aus der Zeit des Bauernkriegs verfügt. Zu den Verfassern zählen Sebastian Lotzer, Philipp Melanchthon, Martin Luther sowie der Horber Chorherr Konrad Startzler.

Nachdem ein gründerzeitliches Wohn- und Geschäftshaus am Marktplatz mit Archiv, Bücherei und Museum zum neuen Horber Kulturhaus umgestaltet worden war, mutierte das Heimatmuseum im Hohen Giebel nach dem Umzug von der Unter- in die Oberstadt zum Stadtmuseum im Bürger-Kultur-Haus, das im Dezember 2006 mit einer Hommage an Caspar Kaltenmoser eingeweiht wurde. Schon bei der Einweihung wurde deutlich, dass die Räumlichkeiten für die im 2. Obergeschoss untergebrachte städtische Sammlung nicht ausreichen.

Im Gefolge der Kaltenmoser-Ausstellung konnte die neue Kustodin Agnes Maier mit Unterstützung des Kultur- und Museumsvereins zahlreiche Skizzen und Gemälde aus dem Kaltenmoser-Nachlass für die Kaltenmoser-Sammlung im Horber Stadtmuseum erwerben. Und dabei sollte es nicht bleiben, denn in den vergangenen Jahren gelangen dem Verein in Absprache mit Maier auf dem Kunstmarkt weitere eindrucksvolle Erwerbungen, sodass auch das Kaltenmoser-Zimmer im zweiten Obergeschoss mittlerweile ausgemostet ist.

Dasselbe gilt für eine Vitrine mit Zinnwaren der Horber Zinngießerfamilie Sichler, die sich in der Mitte des Kaltenmoser-Zimmers befindet und sich den Platz mit Objekten aus der Kaltenmoser-Sammlung teilen muss. Der Grundstein für diese Zinnsammlung wurde von dem Kunstmaler Paul Dörr gelegt und Stadtamtmann Wolfgang Patulski baute die Sammlung im Hohen Giebel mit bescheidenen Mitteln nach Möglichkeit stetig aus. Als im Stuttgarter Auktionshaus Nagel vor zwei Jahren eine Zinnsammlung versteigert wurde, die das Stuttgarter Ehepaar Burkhardt in mehr als 50 Jahren zusammengetragen hatte, kamen die Nachtwächter vom Kultur- und Museumsverein schwer mit Schätzen aus Zinn beladen nach Horb zurück und Kustodin Maier besitzt seither ein weiteres Raumproblem.

Dieses Raumproblem gilt aber auch für diverse Horber Stadtansichten, die von verschiedenen Malern meist in Öl auf Leinwand gebannt wurden. Die Horber Veduten belegen, dass das zwischen Neckar und Grabenbach auf dem Schüttebergausläufer gelegene alte Horb ein Stadtbaukunstwerk ist. Zumindest für den vor drei Jahren verstorbenen Seebären Günter Großmann waren Horb und San Francisco die beiden schönsten Städte der Welt. Dieser Auffassung wird sich wohl jeder anschließen, der in der laufenden Wechselausstellung die bislang unbekannten Horber Veduten zu Gesicht bekommen hat. Doch bedauernswerter Weise finden im Stadtmuseum nicht alle Stadtansichten Platz, sodass man schon auf die Amtsstuben im Horber Rathaus ausgewichen ist.

Trotz der Raumnot im Stadtmuseum lässt man sich aber beim Kultur- und Museumsverein in Sachen Ankäufe nicht beirren

Auch die beeindruckende Nachtwächterkontrolluhrensammlung, die sich seit November 2008 in einer Vitrine im Hirschfelder-Zimmer befindet, muss sich aufgrund des Platzmangels bescheiden. Nur ein kleiner Teil der mittlerweile auf über 80 Uhren angewachsenen Sammlung kann im Stadtmuseum präsentiert werden. Diese kleinen Wunderwerke der Technik und Vorläufer der Arbeitszeiterfassung, die im 19. Jahrhundert mit zur Industrialisierung Württembergs beigetragen haben, besitzen wegen ihres Erfinders Johannes Bürk einen besonderen Horber Bezug, dem wegen Platzmangels ebenfalls enge Grenzen gesetzt sind. So kommt es, dass ein seltener Radialapparat der Württembergischen Uhrenfabrik Bürk & Söhne seit fünf Jahren sein Dasein nicht im Stadtmuseum, sondern im Vereinszimmer des Kultur- und Museumsvereins fristet.

Im Vorfeld der diesjährigen Mitgliederversammlung hatte man sich beim Kultur- und Museumsverein die Mühe gemacht, in Zusammenarbeit mit Kustodin Agnes Maier eine Leihgabenliste zu erstellen. Diese umfasst ohne die Kontrolluhrensammlung 92 Positionen mit einem Anschaffungswert von mehr als 56 000 Euro. Den Ankauf der Objekte ermöglichte der Kultur- und Museumsverein durch Spenden von Horber Unternehmen, der Stadt, der Volksbank, der Raiffeisenbank oder der Kreissparkasse, durch Spendeneinnahmen aus den Nachtwächterführungen sowie durch Einnahmen aus den alljährlichen Mitgliedsbeiträgen.

Der Wert der gesamten Nachtwächterkontrolluhrensammlung dürfte zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf rund 20 000 Euro geschätzt werden, denn in diesen zinslosen Zeiten haben sich selbst solche Kontrolluhren offenbar zu Anlageobjekten entwickelt, deren Preise sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt haben.

Trotz der Raumnot im Stadtmuseum lässt man sich aber beim Kultur- und Museumsverein in Sachen Ankäufe nicht beirren. Der Verein verfügt unter seinen Mitgliedern über ein gut funktionierendes Netzwerk, dem fast kein Objekt mit Horber Provenienz entgeht. Solche Objekte müssen nämlich just in dem Augenblick erworben werden, in dem sie auf dem Markt kommen. Sonst kann es nämlich sein, dass sie wieder für Jahrzehnte bis zum nächsten Erbfall in privatem Besitz verschwinden. Welche Schätze der Kultur-und Museumsverein dabei für die Allgemeinheit bislang gehoben hat, zeigt ein Besuch im Horber Stadtmuseum, das an Montag-, Mittwoch-, Freitag- und Sonntagnachmittagen von 14 bis 17 Uhr geöffnet hat.