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Was Insolvenz von Miller & Monroe für Horb bedeutet. Mieter: "War fast schon absehbar."

Horb - Schock für das Einkaufszentrum in Horb: Mit dem Insolvenzantrag von "Miller & Monroe" ziehen dunkle Wolken über den Activ-Arkaden auf. Eine Analyse.

Die Stimmung im Einkaufszentrum ist auf Kämpfen gepolt. Denn durch die Knöllchen nach der Eröffnung wurden gleich neugierige Kunden verprellt. Nach dem Insolvenzantrag von "Miller & Monroe" hat die Kampf-Stimmung einen Dämpfer erhalten.

Im Einkaufszentrum heißt es unter den Mietern: "Der Insolvenzantrag von ›Miller & Monroe‹ war fast schon absehbar – so wenig, wie da gelaufen ist. Gefühlt war bei Vögele mehr los. Das hat uns schon in unseren Geschäften getroffen – denn wenn ein Laden da ist, der nicht läuft, strahlt das auch auf die Laufkundschaft aus, die im gesamten Einkaufszentrum unterwegs ist."

Activ-Arkaden in Gefahr?

Diese Analyse der Mieter ist bitter. Vor allem wird bemängelt, dass "Miller & Monroe" nicht genug Werbung für das Sortiment gemacht hat, welches von vielen Kunden als "besser als Vögele" bezeichnet wurde.

Ist das Einkaufszentrum in Gefahr? Eine Stadtsprecherin: "Die Stadtverwaltung Horb geht davon aus, dass der Eigentümer darum bemüht sein wird, einen Leerstand im Einkaufszentrum Horb zu verhindern." Die Frage, ob das Rathaus Sorge über die Entwicklung hat, wird nicht beantwortet.

Was sagt Handelsexperte Hendrik Schröder von der Universität Duisburg-Essen? Der Lehrstuhlinhaber für Marketing und Handel: "Eines zeichnet sich ganz deutlich ab: Das Wachstum der Einkaufszentren der vergangenen Jahre ist vorbei. Etliche der vorhandenen Einkaufszentren haben Probleme zu bestehen oder werden sie bekommen, dies liegt schlicht an der Verschiebung von Einkäufen aus dem stationären in den Online-Sektor."

Was würde ein Leerstand im Einkaufszentrum bedeuten? City-Manager Thomas Kreidler: "Das wäre natürlich nicht schön für das Bahnhofsareal, denn das würde das Thema Mode dort negativ belegen. Nicht gut für Monika Schönfeld, die dort einen neuen Modeladen in der Kreissparkasse eröffnet. Den Handel in der Innenstadt würde ein Leerstand aber nach meiner Einschätzung her nicht in Mitleidenschaft ziehen."

Seite 2: Aufstieg und Fall von Miller & Monroe

Charles Vögele war vor zehn Jahren noch einer der größten Bekleidungshändler Europas. 2016 wurde das Hauptgeschäft an die italienische Modekette OVS verkauft. Charles Vögele Niederlande meldet Anfang 2017 Insolvenz an. Im März übernimmt die Vidrea Retail die insolvente Kette. Hinter Vidrea steckt die Victory & Dreams Holding – erster Auftritt dieser Gruppe. Im Sommer werden die aufgekauften Filialen zu "Miller & Monroe". Zitat: Man wolle ein "lokaler Held" sein. Sortiment: Eigenmarken und 20 internationale Labels, mittleres Preissegment. Zielgruppe: Männer und Frauen über 40 Jahren. Schon vor der Eröffnung des Horber Einkaufszentrums im Oktober 2017 kämpfte Investor Hans-Jürgen Birk darum, dass der mit Vögele abgeschlossenen Vertrag erfüllt wird. Erfolgreich. Vögele belegt 800 Quadratmeter. Im März 2018 gibt Vidrea bekannt, dass sie das Deutschland-Geschäft von Vögele übernommen hat – die Holding besitzt damit 367 Geschäfte in Europa.

Der Fall

Ende August vergangenen Jahres meldet Armin Funk, General Manager Vidrea Deutschland: Bei "Miller & Monroe" Deutschland laufe alles nach Plan. Die Umsätze seien bereits auf dem Niveau des Jahres 2016 von Charles Vögele. Im Dezember Krisenmeldungen: Funk ist bei Vidrea Deutschland raus. Kurz vor Weihnachten veröffentlicht die HNA (Kassel) einen Brief von Lex Hes, Geschäftsführer der niederländischen Vidrea. Man sei mit einigen Vermietern in Verhandlungen, "um eine Mietreduzierung auszuhandeln und dabei wollen wir unser Filialnetz optimieren".

Ende Januar berichtet die Fachzeitschrift Textilwirtschaft über "ruppige Geschäftsgebaren von ›Miller & Monroe‹". Den Mietärger zitiert die Auskunftei Creditreform: Es gebe "erhebliche Zielüberschreitungen und titulierte Forderungen" bei der Vidrea Deutschland GmbH. Von Krediten "wird abgeraten", eine Geschäftsbeziehung "gilt als riskant". Am Faschingsdienstag, 5. März, reicht Vidrea den Insolvenzantrag ein.

Schwierig. Das Fachblatt Textilwirtschaft befragt Textileinzelhändler. Demnach gingen die Umsätze im Textileinzelhandel in den vergangenen drei Jahren um jeweils zwei Prozent zurück. Laut der Fachzeitschrift gingen an 60 Prozent aller Kassen der Umsatz im Jahre 2018 zurück – bei 13 Prozent sogar zweistellig. Generell lief es für kleine Anbieter besser, so die Befragung. Bei den Anbietern hochpreisiger Mode blieb der Umsatz gleich. Die amtliche Statistik des Bundesamtes weist für "Einzelhandel mit vorwiegend Bekleidung" im Jahre 2018 ein Umsatzminus von 1,6 Prozent aus. Laut einer Befragung vom Handelsverband Textilwirtschaft BTE ging die Kundenfrequenz bei 74 Prozent aller befragten Geschäfte im letzten Jahr zurück. Als Gründe werden unter anderem das ungewöhnlich warme Wetter genannt. Ein großer Teil der Zwischenkollektionen musste deshalb im Sale verramscht werden. 

Seite 3: Andere Mieter im Einkaufszentrum

Rewe

Ankermieter mit 1200 Quadratmetern. City-Manager Thomas Kreidler: "Rewe ist mit Werbeflächen sehr präsent in der Stadt. Diese sind alle auf Holz gezogen – das ist Dauerwerbung, die auf eine Haltbarkeit von zwölf Monaten ausgelegt ist." Rewe selbst erklärt immer wieder, dass man hart darum kämpfe, den Marktanteil auszubauen. Die Erfahrung mit dem Ex-Edeka in der Mühlener Straße zeigt auch: Die großen Player des Lebensmitteleinzelhandels halten selbst an betriebswirtschaftlich kritischen Standorten bis zum Ende des Mietvertrags durch. Wertung: Stabil.

 Drogerie Müller

Drohte mit der Aufgabe des Standorts Horb in der Neckarstraße, wenn das Unternehmen keine adäquate Verkaufsfläche findet. Wollte unbedingt ins Einkaufszentrum. Die Laufkundschaft geht jetzt dorthin. Wertung: Stabil.

Deichmann

Ist Deutschlands beliebtester Schuhhändler, so eine Studie von OC&C unter 5000 Deutschen. Dürfte in den nächsten Tagen aktuelle Geschäftszahlen vorlegen. Zuletzt machte der Schuhhändler 5,8 Milliarden Euro Umsatz. Verwaltungsratschef Heinrich Deichmann sagte der Welt am Sonntag Ende des Jahres, dass die Gruppe europaweit zwar mit einem Marktminus rechne, dass er für Deichmann allerdings mit Zuwächsen rechnet. Wertung: Stabil.

 Ernstings Family

Laut der OC&C-Studie ist der Shop hinter dem Bekleidungsunternehmen C&A auf Platz zwei in der Kundenbeliebtheit. Meldete zuletzt weiteren Umsatzwachstum. Wertung: Stabil

Mister*Lady

Seit mehr als 50 Jahren auf dem Markt. Wurde 2011 von den Inhabern an die Schweizer Investorengesellschaft Opcon AG verkauft. Die letzten Geschäftszahlen sind von 2015: Damals waren es 137 Millionen Euro. Aktuellere Zahlen gibt es nicht. Allerdings: Derselbe Investor hatte im Jahr 2014 die Schweizer Modekette Blackout gekauft und Geld hineingesteckt. Im Sommer 2016 ließ Opcon Blackout insolvent gehen. Seitdem ist es ruhig um die Opcon. Wertung: Stabil mit Fragezeichen.

 Einzelhändler/Gastronomen/Dienstleister

Vodafone-Shop, Friseur, Alte Küche, My Tobacco. Ein Insider: "Die haben teilweise sehr kräftig investiert und die Erwartungen wurden sicherlich bisher nicht unbedingt erfüllt." Wertung: Fragezeichen.

Seite 4: Das sagt der Insolvenzverwalter

Horb/Stuttgart. Jochen Sedlitz aus Stuttgart wurde zum Insolvenzverwalter für die deutsche Tochter Vidrea von "Miller & Monroe" bestimmt.

Herr Sedlitz, wie ist der jetzige Stand?

Wir sind dran, ein vorläufiges Fortführungskonzept aufzustellen und die Versorgung der Filialen sicher zu stellen. Von daher glaube ich, dass die Betriebe nächste Woche wieder normal laufen – das heißt mit neuer Ware versorgt werden.

Gibt es Hoffnung auf eine Fortführung von "Miller & Monroe"?

Es gibt viele Interessenten, die sich gemeldet haben. Wir führen einen geordneten Investorenprozess durch.

Tom Tailor – eine Marke, die auch bei "Miller & Monroe" verkauft wird – ist vor der Übernahme durch einen chinesischen Konzern in finanzielle Schieflage geraten. Spielt das eine Rolle beim Insolvenzantrag von "Miller & Monroe"?

Die Insolvenz von Tom Tailor hat meines Erachtens keinerlei Rolle gespielt.