Das DRK im Kreis Freudenstadt sammelt derzeit über eine Fremdfirma Spenden an Haustüren – einige Betroffene beklagen sich jedoch über die aufdringlichen Methoden. Foto: arifoto UG

Organisation schickt Fremdfirma an Haustüren. Bürger klagen über Drückerkolonnen-Verhalten von Spendensammlern.

Horb - Drückerkolonnen empfinden viele Menschen als nervig und anstrengend. Wenn es an der Tür klingelt und plötzlich jemand eine Spende möchte oder zur Mitgliedschaft auffordert, fühlen sich viele überrumpelt und verunsichert. Auch bei der jüngsten, groß angelegten Aktion des Kreis-DRK geht es einigen so.

Wie kommt man am besten an finanzielle Unterstützer? Und das, wenn die eigenen Mitglieder eh schon genug Arbeit haben und an ihre Grenzen stoßen? Man engagiert sich eventuell eine professionelle Firma, die diese Unterstützung eintreibt. So machen es mittlerweile auch einige wohltätige Organisationen. So wie das Deutsche Rote Kreuz im Kreis Freudenstadt. Doch möglicherweise schadet diese Aktion aktuell dem Image der Organisation vor der eigenen Haustür – im wahrsten Sinne des Wortes.

Seit einigen Wochen klingelt es an vielen Türen im gesamten Kreisgebiet. Aktuell wohl nur noch im Raum Horb. Und viele, die die Tür aufmachen, sind genervt. Denn sie sehen Grenzen des guten Verhaltens überschritten. Die Facebook-Gruppe Blaulicht News Horb a. N.ckar veröffentlichte eine Nachricht von einer Betroffenen. Und das löste eine ganze Welle von Nachrichten aus. "Vor meiner Haustüre stand ein Mann des DRK und wollte, dass ich spende. Ich hatte ein komisches Gefühl, da der Mann ziemlich aufdringlich war und nicht sofort akzeptierte, dass ich zwischen Tür und Angel nicht spenden wollte. Ich helfe gerne dem DRK, aber mir kam das Ganze komisch vor."

Betroffene fühlen sich überrumpelt

Elli O. kommentiert: "Ganz genauso erging es mir letzte Woche in Eutingen. Auch ich helfe gerne, aber wenn man im Haus so überrumpelt wird und ein ›Nein‹ nicht akzeptieren will, dann finde ich das sehr aufdringlich!!" Auch Nici R. zeigt sich verärgert: "Bei uns in Empfingen stand der gestern vor der Haustüre. Hat es auch nur ungern akzeptiert, dass man nicht spenden möchte. Er stand schon halb in der Wohnung drin." Samantha N. berichtet: "Die wollten in die Wohnung und waren sehr aufdringlich." Und Daniel P. schreibt: "Die waren in Betra auch schon. Ich finde es unmöglich, dass man an der Haustür so überrumpelt wird und gleich seine Bankdaten geben soll. Wo kommen wir denn da hin? Man kann bei mir gern eine Broschüre da lassen und dann entscheide ich, wann und wie viel ich spende. Das DRK leistet bestimmt gute Arbeit, welche ich gern unterstütze, aber ganz gewiss nicht so!"

Auch ein Ärgernis für einige Betroffene: an der Tür klingeln zu später Uhrzeit. So berichtet Roland V. In der Facebook-Gruppe Horber Stadtgeflüster, dass im Horber Zentrum noch um 20.30 Uhr die "Drückerkolonne" unterwegs war und auch bei ihm klingelte. "Bei uns war es auch spät und ich meine, es war ein Freitag, also am Wochenende", bestätigt Karin K.

Darüber hinaus ist die Sorge groß, dass sich auch Betrüger dieser Masche bedienen. So war es schon Ende Juli in Baiersbronn. Die Betrüger sammelten für eine "DRK-Kroatienhilfe". Ein aufmerksamer Bürger schöpfte Verdacht und informierte den Kreisverband Freudenstadt. Auch jetzt wird aus manchen Facebook-Kommentaren nicht klar, ob es sich tatsächlich um die offizielle DRK-Aktion handelt.

"Die von uns eingesetzten Werber können sich ausweisen", erklärt eine Sprecherin des DRK-Kreisverbandes Freudenstadt. Von den negativen Reaktionen zeigt sie sich überrascht. "Bei uns gab es noch keine Beschwerden. Es gab nur Nachfragen, ob es sich tatsächlich um eine Aktion von uns handelt." Man habe tatsächlich eine Fremdfirma mit dieser Aufgabe beauftragt. "Wir werden uns mit der Kritik beschäftigen", so die Sprecherin. Gesammelt würden passive Mitgliedschaften mit Jahresbeiträgen, auf die man im Kreis angewiesen sei. Das Geld komme zu 100 Prozent im Kreis an und würde dann auf die Ortsvereine und ihre verschiedenen Arbeitsbereiche verteilt.

Werber werden nach Erfolg bezahlt

Schon länger sind die Werbeaktionen durch Fremdfirmen von wohltätigen Organisationen in der Kritik. So berichtete "Welt.de" Ende des vergangenen Jahres von einer ähnlichen Haustüraktion des DRK in Ulm, die aus dem Ruder lief und schließlich vom dortigen DRK-Kreischef abgebrochen wurde. Das Problem: Die Werber haben in der Regel erfolgsabhängige Honorare. Je erfolgsabhängiger desto mehr erhöht sich der Druck, zahlreiche erfolgreiche Abschlüsse zu generieren.

Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) hat deshalb ein Spendenspiegel ins Leben gerufen, dass mindestens die Hälfte des Honorars für die Agenturen ein Fixgehalt sein muss. Allerdings, so berichtete "Welt", trage nur der Bundesverband des DRK dieses Siegel. Die Aufträge an die Spendensammelagenturen würden jedoch die knapp 500 Kreisverbände erteilen, die sich an die ethischen Maßgaben nicht halten müssten.

Kommentar: Imageschaden

Von Florian Ganswind

Die eigene Haustür ist der Eintritt in die Privatsphäre. Deswegen empfinden viele Menschen zu Recht Werber an der Haustür als nervig. Es ist eben etwas anderes, wenn man an einem Stand in der Fußgängerzone vorbeiläuft und dann angesprochen wird. Hier kann man entscheiden, schnell vorbeizulaufen, auch wenn ein Nein nicht sofort akzeptiert wird. Daheim bleibt einem nur, die Tür wieder zuzumachen, was aber schwierig wird, wenn schon ein Fuß in der Wohnung drin steht.

Das Deutsche Rote Kreuz und auch andere Organisationen im Kreis Freudenstadt sollten sich deshalb überlegen, ob sie künftig auf diese Methode und auf Fremdfirmen zurückgreifen sollten. Die aktuelle Aktion schadet dem sonst guten Image derzeit sehr. Auch wenn natürlich verständlich ist, dass das DRK auf Unterstützung angewiesen ist.