Sie sehen das Dießener Tal als idealen Standort für Bienenzucht, von links: Gerhard Faßnacht, Norbert-Jakob Ferch, Theo Künstel, Heinrich Dober und Ferdinand Kreidler. Foto: Hopp

Im Bienen-Streit reden jetzt die Landwirte: Für jedes Spritzmittel gibt's genaue Dokumentationspflicht.

Horb-Dießen - Wie verantwortlich war die Politik am Bienenstock? Für Norbert-Jakob Ferch vom Landwirtschaftsamt Freudenstadt war ein Auftritt des Bundestagsabgeordneten Harald Ebner (Grüne) sehr fragwürdig.

Ebner hatte im Gespräch mit dem Bezirksimkerverein Dießen vor Ort heftige Vorwürfe gegen die moderne Landwirtschaft erhoben. Kurz zusammengefasst: Zu viele gefährliche Spritzmittel, Monokulturen und immer optimiertere Äcker, die die Artenvielfalt zerstören. Und damit den Bienen die Nahrungsgrundlage entziehen.

Für Ferch vom Landwirtschaftsamt Freudenstadt sind das "falsche Behauptungen, die das Vertrauen der Verbraucher in regionale Produkte zerstören". Gerhard Fassnacht, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes: "Eine bessere Artenvielfalt und auch Nahrungsgrundlage für Bienen wie im Dießener Tal gibt es selten."

Und den Beweis hatten die Landwirte gleich mitgebracht: Zwei Imker. Theo Künstel und Heinrich Dober aus Waldum (bei Achern). Beide bringen seit mehr als 30 Jahren ihre Bienen pünktlich zur Rapsblüte zu Landwirt Ferdinand Kreidler auf den Haidenhof bei Dießen.

Künstel und Dober: "Hier ist es ideal für unsere Bienenvölker. Das, was unsere Bienen hier an Nahrung finden, ist ideal. In den vielen Jahren hat das gute Angebot an Blüten und Pollen hier auch nicht abgenommen. Im Gegenteil: Bei uns in der Rheinebene leiden wir darunter, dass wegen der Biogasanlagen die Wiesen bis zu acht Mal im Jahr gemäht werden. Hier im Dießener Tal dagegen haben die Wiesen eine hohe Blütenvielfalt, weil das Heu hier hauptsächlich für Pferde gemacht wird."

Landwirt Kreidler: "Wir setzen auf eine fünfjährige Fruchtfolge: Wintergerste, Raps, Weizen, Hafer, Mais. Dazwischen werden auch noch Grünblüher wie Klee oder Luzernen eingesetzt." Auf dem Weg zum Bienenstock sieht man, wie am Rand der Kornfelder Mohnblumen blühen. Rund um den Hof von Kreidler sind 30 Obstbäume gepflanzt – auch eine wichtige Nahrungsgrundlage für die Bienen. Fassnacht vom Kreisbauernverband: "Ich pflege sogar 540 Obstbäume."

Was ist mit dem Spritzmittel Glyphosat? Privatkunden ist das Zeug als "Round Up" bekannt. Lorenz Hellstern, Vorsitzender des Bezirksimkervereins, hatte beim Besuch des grünen Bundestagsabgeordneten gesagt: "Die Nachfrage der Kunden nach Blütenhonig nimmt immer mehr ab. Weil sie kein Glyphosat konsumieren wollen."

Die beiden Imkerkollegen aus dem Badischen widersprechen: "Genau das Gegenteil ist der Fall. Unserer Blütenhonig mit Material auch aus dem Dießener Tal findet immer mehr Nachfrage."

Doch wie häufig setzen die Landwirte das Glyphosat, welches unter dem Verdacht steht, Krebs zu erregen, überhaupt ein? Fassnacht vom Kreisbauernverband: "Ein großer Teil der Betriebe im Landkreis setzt überhaupt kein Glyphosat ein." Auch Landwirt Kreidler sagt: "Das nehme ich nur ganz selten. Manchmal im Herbst, um zu viel Bodenarbeiten, die das Nährstoffgefüge des Bodens stören und CO2 freisetzen, zu vermeiden." Fassnacht ergänzt: "Die Wirkstoffe von Glyphosat sind nach drei Wochen komplett abgebaut. Niemand im Landkreis Freudenstadt sprüht Glyphosat in blühende Bestände."

Für jeden Spritzmittel-Einsatz gibt es auch handfeste Belege, wie Ferch vom Landwirtschaftsamt bestätigt: "Jeder Landwirt hat für jedes Spritzmittel eine ganz genaue Dokumentationspflicht. Wir überprüfen nicht nur, welche Spritzmittel der Landwirt gelagert hat. Auch, ob er die Spritzmittel sachgerecht eingesetzt hat. Denn für jedes Spritzmittel gibt es Indikationen – ähnlich wie in der Medizin." Landwirt Kreidler: "Die haben bei mir sogar schon die Lösung aus dem Tank gezogen und genau geprüft, ob ich bienengefährdende Spritzmittel eingesetzt habe." Der Landwirt aus Dießen betont, dass alle Landwirte und auch alle Imker intensiv und regelmäßig zum Pflanzenschutz und Spritzmitteln geschult werden.

Das heißt, so Ferch, Kreidler und Fassnacht unisono: "Spritzmittel werden nur sehr begrenzt eingesetzt. Nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch aus ökonomischen Gründen." Ferch bringt es wie folgt auf den Punkt: "Bei einem Ertrag von 800 Euro pro Hektar kostet eine Pflanzenschutz-Aktion mit Fahrt und Ausbringung 250 Euro. Deshalb verbietet sich schon aus ökonomischen Gründen ein unkontrollierter Einsatz."

Und was ist mit der Artenvielfalt? Ferch: "Ein Prozent der landwirtschaftlichen Fläche im Landkreis Freudenstadt sind mit blühenden Mischungen bepflanzt. 15 Prozent mit Zwischenfrüchten wie Senf- oder Ölblüten belegt." Kreisbauernverbands-Vorsitzender Fassnacht: "Täglich werden in Deutschland 66 Hektar Fläche versiegelt. Das sind Flächen, auf denen es überhaupt keine Lebewesen mehr gibt. Die moderne Landwirtschaft trägt – gerade auch im Dießener Tal – mit zur Artenvielfalt bei!"

Immerhin: Es gibt noch einen ganz anderen Trend zu mehr Blüten und damit auch Bienennahrung, wie Imker Dober erzählt: "Wenn man mal die Straßenränder beobachtet, sieht man, dass aus Kostengründen immer weniger gemäht wird. Die Folge: Da wächst nach und nach eine richtige Vielfalt von blühenden Pflanzen."