Vor dem Amtsgericht Horb wurde gegen einen Dieb verhandelt, der mehrfach Aufsehen erregt hatte. Foto: Hopp

Gericht verurteilt 53-Jährigen wegen Diebstahls von Essen und Alkohol zu Bewährungsstrafe. Therapie als Auflage.

Horb - Wodka war das Objekt der Begierde eines 53-Jährigen, der gestern wegen zweifachen Diebstahls vor Gericht stand. Ihm wurde vorgeworfen, im Februar in einem Supermarkt auf dem Hohenberg ohne dafür bezahlt zu haben, in einer Umkleidekabine einen Wodka getrunken und Meeresfrüchte und Oliven gegessen zu haben.

Nur zwei Wochen später soll er in einem Getränkemarkt auf dem Hohenberg eine Flasche Wodka im Jackenärmel versteckt und damit den Laden verlassen haben. Das Gericht sah beide Vorwürfe als erwiesen an und verurteilte den Mann zu vier Monaten Haftstrafe, die drei Jahre lang zur Bewährung ausgesetzt werden.

Der Angeklagte ist Bauingenieur, verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Er trägt ein kariertes Hemd und sieht gepflegt aus. Seit der Pleite seines Arbeitgebers vor gut einem Jahr ist er arbeitslos und hat begonnen, viel Alkohol zu trinken. Im Gerichtssaal streicht er sich immer wieder über die Stirn, wirkt geknickt, sagt, er habe ein psychisches Tief gehabt.

Der Angeklagte kann sich an die Taten im Einzelnen nicht erinnern, sagte er: "Ich war sehr betrunken." Dem Gericht lag ein Attest vor, wonach ein Arzt dem Angeklagten bereits ein schweres Alkoholproblem bescheinigt hatte. Aus seinem Vorstrafenregister ging hervor, dass er im vergangenen Sommer mit 3,17 Promille am Steuer eines Autos erwischt worden war. "Da müssen Sie einiges vertragen!", sagt der Staatsanwalt etwas verwundert. "Wenn Sie mit 3,17 Promille noch Autofahren, ist es nicht glaubhaft, dass Sie nichts mehr von den Taten wissen."

"Beim nächsten Mal fahren Sie ein. Punkt."

Vor allem die Zeugen mussten Licht ins Dunkel bringen, zum Beispiel ein Ladendetektiv. Letzterer hatte den Mann nach seinem Snack in der Umkleide überführt und in sein Büro gebracht, wo der Mann alsbald eingeschlafen ist.

Den anderen Fall, dem Diebstahl der Wodkaflasche im Getränkemarkt, konnte der Marktleiter genau schildern. Er habe den Mann verfolgt und gestellt. Als er den Angeklagten festhielt, habe der die gestohlene Flasche geöffnet, einen Schluck daraus getrunken und sie ins Gebüsch geworfen. Gewehrt hat er sich laut Zeugen nach seinem Auffliegen in beiden Fällen kaum. Weil keine nennenswerte körperliche Gewalt im Spiel war, stufte das Gericht den Vorwurf des räuberischen Diebstahls auf den Vorwurf des einfachen Diebstahls zurück.

Das Urteil entsprach der Forderung des Staatsanwalts und in weiten Teilen dem des Verteidigers. Strafschärfend wertete das Gericht, dass der Angeklagte mehrfach geklaut hat und dabei sehr zielgerichtet vorgegangen ist. Entlastend wirke, dass der Angeklagte wohl nur wegen seiner Sucht zum Dieb wurde. Eine Geldstrafe, die zuvor für einen Diebstahl "Eine Bewährung ist nur vertretbar, weil Sie eine Therapie machen wollen", sagt Richter Achim Ruetz. "Sie dürfen nichts mehr stehlen. Beim nächsten Mal fahren Sie ein. Punkt."

Für sein letztes Wort stand der Mann auf und sagte: "Es tut mir sehr leid, dass alles so passiert ist. Ich verstehe, dass ich eine Therapie machen muss. Ich will meinen Führerschein zurück und Arbeit finden." Zunächst muss er bis Ende Dezember 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Der Richter sprach jedoch in rauem Ton mit dem Angeklagten: "Wer glauben Sie, stellt Sie an? Sie sind Alkoholiker, über 50 Jahre alt, haben keinen Führerschein und sprechen kein Deutsch." Im Prozess war dem russischen Mann, der seit zwölf Jahren in Deutschland lebt, aber kein Deutsch spricht, eine Dolmetscherin zur Seite gestellt.

Die Sprachbarriere wird mehrfach im Prozess thematisiert. Der Mann hatte nach eigenen Erzählungen schon vor einiger Zeit seine Sucht zu bewältigen versucht, habe aber keinen Therapeuten gefunden, der russisch spricht.