Der Horber Jugendgemeinderat diskutierte mit dem Landtagsabgeordneten Timm Kern. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Jugendgemeinderäte zeichnen düsteres Bild ihrer Generation

Oft zu schüchtern zum Mitreden, kein wirkliches Interesse an der Politik. Diese Bild zeichnete der Jugendgemeinderat beim Treffen mit dem Horber Landtagsabgeordneten Timm Kern (FDP).

H orb. Die krassen Fakten, die die sieben Mitglieder des Jugendgemeinderats über die Kids in ihrer Altersgruppe aufzählen: Kaum einer informiert sich über Politik. Zeitung lesen, die Webseiten wie schwarzwaelder-bote.de oder Tagesschau und Co. im TV – bei den Kids hat das kaum eine Chance.

Paul Kreidler vom Jugendgemeinderat: "Viele gucken kein Fernsehen, lesen keine Zeitung, kaufen keine CDs. Filme und Musik werden inzwischen im Internet gestreamt. Ich denke, das mangelnde Interesse am Jugendgemeinderat liegt nicht am Gremium an sich, sondern dass sich die Jugendlichen nicht mehr interessieren."

Rebecca Tillery: "Viele Jugendliche haben Angst vor Politik. Viele haben keine Meinung oder trauen sich nicht, die zu sagen. Das liegt vielleicht an der Erziehung: Über Religion und Politik redet man nicht. Ich habe auch das Gefühl, dass Jugendliche das Gefühl haben, dass das, was sie denken, nicht interessiert." Kreidler: "Ich habe Kumpels, die lesen Zeitung und informieren sich. Doch die haben nur ein Ziel: Raus aus Horb. Die fahren am Wochenende nach Stuttgart oder Nagold und bleiben sonst lieber daheim in ihrer Komfortzone."

Eine krasse Analyse. Liegt es vielleicht daran, dass die Themen falsch aufbereitet werden? Timm Kern: "Ich habe, auch als Lehrer, die Erfahrung gemacht, dass das Thema Politik bei den Schülern nicht ankommt. Wenn man sie aber auf schlechtes Internet oder schlechte Öffi-Verbindungen anspricht, dann fängt es an zu sprudeln."

Doch die Veranstaltungen des Jugendgemeinderats zu konkreten Themen – ein Flop. Rebecca Tillery: "Wir haben das schon versucht. Umfragen an Schulen gemacht. Oder den Film für das Sommerkino herausgesucht. Wir haben eine Veranstaltung über Datenschutz gemacht – niemand kam. Wir werden von vielen nur als Partyveranstalter gesehen."

Adrian Hrubick: "Aber selbst da hat das Interesse Grenzen. Bei uns an der Realschule haben wir diskutiert, ob es lieber eine Black-Light-Party oder ein Badminton-Turnier geben soll. Bei der Abstimmung haben sich die Mitschüler dann zurückgehalten."

Das mangelnde Interesse. Schüchternheit. Keine Beteiligung. Liegt das an den Schulen? Cornelia Schäfer, die den Jugendgemeinrat betreut: "Von den Schulleitern bekommen wir große Unterstützung, wenn wir die Jugend-Gemeinderatswahlen vorstellen." Teilweise allerdings, so sagen die Jugendgemeinderäte, wird das Thema Kommunalpolitik und Jugendgemeinderat aber nicht im Gemeinschaftskundeunterricht behandelt, obwohl das Pflicht ist, wie Timm Kern bestätigt.

Kern: "Was haltet ihr von dem Ansatz, wenn ihr dafür Werbung macht, was man als Jugendgemeinderat alles machen kann. Wie ihr persönlich davon profitiert?"

Luis Schneiderhan: "Das habe ich am eigenen Leibe erlebt. Bei meiner Kandidatenvorstellung habe ich noch viele Ähs und Öhs gehabt. Durch den Jugendgemeinderat habe ich gelernt, flüssig zu reden. Wir sind eine coole Gruppe und haben Spaß."

Stadt-Mitarbeiterin Cornelia Schäfer sieht noch ein anderes Hindernis: "Für den Jugendgemeinderat interessieren sich viele, die ohnehin schon engagiert sind. Und die Projekte des Jugendgemeinderats erfordern einen hohen Zeitaufwand." Kern: "Aber dafür profitiert man von dem Gelernten. Die Zeit investiert man sozusagen selbst in seine Ausbildung."

Rebecca Tillery: "Das stimmt. Mein kleiner Bruder ist 14 Jahre alt, der will jetzt auch für den Jugendgemeinderat kandidieren. Weil er darin eine Chance sieht, die er woanders nicht geboten bekommt."

Nach gut 75 Minuten ist die Diskussion vorbei. Tillery: "Es ist gut, wenn jemand wie Sie den Jugendlichen sagt, wie gut es ist, sich zu engagieren. Uns glaubt man das nicht so." Timm Kern: "Das werde ich tun. Für mich war das eine sehr aufschlussreiche Diskussion."