Klare Sache – Martin Fromme hat eine Behinderung – er ist Brillenträger. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Unterhaltung: Martin Fromme nimmt sich und seine Behinderung beim Auftritt im Kloster auf den Arm

Ho rb. "Bess er Arm ab, als arm dran!" Mit diesem Wortspiel unterstreicht Martin Fromme, Deutschlands einziger asymmetrischer Komiker, dem seit Geburt der linke Unterarm fehlt, seine Einstellung zum Leben.

Der Mann aus Wanne-Eickel, dem Guantanamo des Ruhrgebiets, der seit 1986 die Bühnen Deutschlands für sich entdeckt hat, der regelmäßig beim MDR die TV-Sendung "Selbstbestimmt" moderiert und unter anderem bei der famosen Fernsehunterhaltung "Stromberg" als Gernot Graf mitmachte, nahm im Horber Kloster sowohl Nicht-Behinderte als auch die vielen Menschen mit Behinderung im Saal, kräftig auf den Arm.

"Ja, ich habe eine Behinderung – das ist nicht zu übersehen. Ich trage eine Brille! So wie viele von Ihnen auch", stellte er beim Blick in den gut gefüllten Saal fest. Das mit seinem "appen" Arm sei dagegen eine wertvolle Schnitzarbeit aus dem Erzgebirge und gleichzeitig seine Verdienstbasis, erklärt er, denn besser Arm ab, als arm dran gilt auch hier als Divise seines schelmischen Tuns. Aus diesem Grund schiebt er sich zwischendurch immer mal wieder eine Contergan-Pille rein, damit der Arm ja nicht nachwächst. "Deshalb habe ich auch abgelehnt, Golf zu spielen – ich will mein Handicap gar nicht verbessern."

Fromme servierte mit seinem ersten und brandneuen Solo-Programm dem Horber Publikum, unter dem sich auch nahezu die gesamte Vorstandschaft der Lebenshilfe Horb-Sulz befand, keine wirklich leichte Kost. Irgendwie hatte man das Gefühl, dass er noch auf der Suche nach "seinem" Programm ist. Was er bot, war ein Mix aus kleinen Filmchen und Bildern, die die oft grotesken Behinderungen im Alltag von Rollstuhlfahrern zeigten, launigen Anmerkungen zu den unterschiedlichsten Arten von Anomalitäten aller Couleur und einigen sozialkritischen Wortbeiträgen. Der durchgehend rote Faden, die Basis, fehlte hingegen.

Meist packte er seine humoristischen Momente in rabenschwarze Ironie. So fragte er gleich zu Beginn des Programms, ob der Schwarze für das Geld, das er von Brot für die Welt bekommt, auch wirklich Brot kauft? Schwarzbrot?

"Darf ich über das Genre dieser Art von Witzereißerei lachen, muss ich sogar darüber lachen?" – war eine der Kernfragen, die sich mancher an diesem Abend sicher auch heimlich stellte. Eine Frage, die aber sowohl vom Protagonisten als auch von Barbara Rauschenberger, Vorsitzende der Lebenshilfe Horb-Sulz, beantwortet wurde. Ja, man darf darüber lachen – müssen tut man gar nichts. Auch nicht aus Mitleid. "Mein Sohn hat mich heute Abend gefragt, wo wir hingehen. Ich hab’s ihm gesagt und er hat ganz entsetzt geantwortet: ›Über Behinderte macht man doch keine Witze‹", erzählte Rauschenberger gleich zu Beginn der Veranstaltung. Sie habe ihrem Sohn dann erklärt, dass Behinderte ganz normale Menschen sind, denen immer mal wieder etwas Lustiges passiert oder die in Situation geraten, über die man nur lachen kann. Und deshalb sind Behindertenwitze kein Tabu.

Fromme nutzt in seinem Programm auch scharf gesetzte Pointen. "Können Sie sich vorstellen, dass Wolfgang Schäuble Deutschland aus seinem Wägelchen heraus regiert?" Die Frage lässt Fromme genauso wie alle anderen offen, fügt jedoch an, dass Schäuble einen unbezahlbaren Vorteil hätte: "Der kann nicht zurücktreten."

Der Künstler hinterfragt ironisch Vorurteile und provoziert mit seinen Statements. Er bricht Tabus und fordert zum genaueren Hinsehen auf. Er selbst hat bei einem Spaziergang in Horb genau hingesehen und freute sich über das gelungene, baulich so attraktive Einkaufszentrum. Fromme mag eben Spitzfindigkeiten.