Joachim Lipp weiß viel Spannendes zu berichten. Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Im Ringmauerturm duftet’s nach Schwarzpulver: Kultur- und Museumsverein feuert die Hakenbüchse ab

Das knallt richtig rein! Muttertag. Helmut Thumm stopft das rote Hakenbüchsen-Monster – dann legt er die Lunte. Rumms! Ein ohrenbetäubender Knall erschüttert den Ringmauerturm.

Horb. Ein kleiner Junge sagt: "Noch mal!" Das war sicherlich nicht nur auf die Führung durch den Wehrturm von 1480 gemünzt.

Joachim Lipp vom Kultur- und Museumsverein hatte beim Tag der offenen Turmtür am Muttertag die Besucher von Stockwerk zu Stockwerk bis zum großen Knall in die Geschichte des Turms und der Stadtmauer eingeführt. Und alles dreht sich um die Hakenbüchse…

Das untere Stockwerk – noch mit einer Schießscharte für Bogenschützen. Die beiden Stockwerke darüber – optimiert für die Mega-Wumme des 15. Jahrhunderts. 

Die Bogenschützen waren damals nicht sehr effektiv, so Lipp: "Horb hatte damals 1600 Einwohner. Wenn es hochkommt, waren davon maximal 500 Mann wehrfähig. Um die Stadtmauer zu verteidigen, braucht man alle zweieinhalb Meter bei vier Kilometer Mauerlänge 2000 Mann. Deshalb hat man auf moderne Waffentechnik gesetzt – die Hakenbüchse."

Lipp zeigt auf die Wand in der oberen Etage. Eine metallbezogene Holztafel mit einem beeindruckenden Einschussloch: "Hier haben wir mit dem Vorläufer des G 36 einen Probeschuss gemacht. Die Kugel hat das drei Millimeter starke Stahlblech durchschlagen. Wenn man sich vorstellt, dass das Eisenkleid eines Ritters einen halben Millimeter hat, konnte man mit einem Schuss sozusagen drei Ritter hintereinander erledigen."

So brauchte es zur Verteidigung von Horb also nur Hakenbüchsen-Schützen auf den Ringmauertürmen. Lipp: "Alle 130 Meter stand ein Turm. Der Feind musste erst acht Meter die Mauer hoch. Mit wenigen Hakenbüchsen-Schützen konnte man die Stadtmauer also immer schön freihalten."

Deshalb war die Hakenbüchse auch rot angemalt. Lipp: "Wer damals Rot sah, der hat Fersengeld gegeben." Und dann ist Thumm dran. Doch er schießt nur mit Mehl. Lipp: "Früher haben wir immer Zeitungen reingestopft. Doch da haben sich die Nachbarn über die Fetzen auf ihren Dächern beschwert." Der Pulverdampf verzieht sich durch die Abzugslöcher ganz oben im Turm. Das Publikum applaudiert. Da capo!