Treffen mit Abstand (von links): Ralph Zimmermann, Sascha Binder, Hans Dreher, Hermann Friedrich, Viviana Weschenmoser, Alfred Schweizer, Gerhard Gaiser und Christa Dengler diskutieren, wie Vereine trotz gebotener Distanz weitermachen können. Foto: Parage Foto: Schwarzwälder Bote

Corona: Vereins-Funktionäre unterhalten sich mit Politikern über Schwierigkeiten ihrer Arbeit in der Krise

Die Corona-Pandemie trifft Vereine hart. Besonders Musiker und Sänger leiden unter den Einschränkungen. Doch welche Zukunft haben Vereine, wenn ein Ende der Einschränkungen nicht in Sicht ist? Das war Thema eines Fachgesprächs im Bürgerkulturhaus.

Horb. Der Frust ist Hans Dreher anzumerken. Der Präsident des Blasmusikkreisverbands Freudenstadt hat das Gefühl, "dass sich um uns niemand kümmert." Dass niemand nachgefragt habe, wie es den Musikervereinen gehe, das sei ihm sauer aufgestoßen. Denn gerade solchen Gruppen macht es die Corona-Verordnung schwer, zum Alltag zurückzukehren.

Proben sind nur möglich, wenn die Musiker zwei Meter Abstand zueinander einhalten. Vom Plan, ein Jahreskonzert abzuhalten, haben sich die meisten Vereine längst verabschiedet. Mit den finanziellen Einbußen durch entfallene Veranstaltungen müssen sie genauso leben wie mit der Sorge, dass sich viele aktive Musiker angesichts der Zwangspause ganz aus den Orchestern verabschieden.

Die Sorgen, die Dreher umtreiben, kennt Hermann Friedrich, der Vorsitzende des Chorverbands Kniebis-Nagold, gut. Er sitzt genauso mit am Tisch bei dem Fachgespräch wie Alfred Schweizer, der Präsident des Sportkreises Freudenstadt. Dazu kommt die SPD-Kreisvorsitzende und Horber Stadträtin Viviana Weschenmoser, die das Gespräch initiiert und den Landtagsabgeordneten und baden-württembergischen Generalsekretär Sascha Binder dazu eingeladen hatte. Und, seitens der SPD, die stellvertretende Kreisvorsitzende Christa Dengler aus Dornstetten sowie der Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Gerhard Gaiser aus Baiersbronn. Darüber hinaus nahm Bürgermeister Ralph Zimmermann an der Runde teil.

Sie gingen gemeinsam der Frage nach, wie Vereine, gerade im ländlichen Raum, die Coronakrise überwinden und sich wappnen können für die kommenden Monate.

Zumal Vereine einen Raum bieten, um Gemeinschaft zu leben. Und genau die, das habe sie im Lockdown gemerkt, habe gefehlt, sagt Weschenmoser. "Das Zusammenleben, das Zusammenkommen ist liegengeblieben", bestätigte der Landtagsabgeordnete aus Geislingen. Und längst seien die Vereine, trotz aller Lockerungen, noch weit weg von Normalität. Musik- und Gesangvereine noch viel weiter als die Sportler.

Auch wenn sowohl Sascha Binder als auch Ralph Zimmermann ("Wir können froh sein, in was für einem Land wir leben") feststellten, dass Deutschland bisher glimpflich durch die Krise gekommen ist, so hielt der Bürgermeister doch auch fest, dass die Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft, die kommunalen Haushalte, auf Familien und das kulturelle Leben massiv seien. Zudem wird eine der großen Herausforderungen sein, die Vereinsmitglieder zum Weitermachen zu motivieren. "Ohne diesen Kitt funktioniert unsere Gesellschaft einfach nicht."

Von Einschränkungen berichtete auch Hermann Friedrich. Wie die Musiker müssen die Sänger einen Zwei-Meter-Abstand einhalten. "Das ist für die Praxis völlig unmöglich." Doch ohne Proben verlieren sich die Kontakte und das Können. Weil viele Sänger zur Risikogruppe gehören, "haben wir auch ein bisschen Angst". Umso mehr fehlt die Gemeinschaft. "Wir sind eben ein Volk der Volks-Musik. Das können wir im Moment nicht pflegen. Das tut uns weh."

Sportkreispräsident Alfred Schweizer stimmte den beiden anderen Funktionären zu. Er berichtete aber auch von vielen Gesprächen mit Bürgermeistern, Städte-, Gemeinde- und Landkreistag seitens seines Landesverbands. "Das hat uns schon weiter nach vorne gebracht" – und unter anderem 11,6 Million Euro Soforthilfe. Wobei die Vereine im Landkreis gesund seien und diese Hilfsmittel nicht anzapfen müssten.

Schweizer erzählte, dass viele Kommunen in den Ferien zusätzliche Nutzungszeiten etwa in Hallen zur Verfügung stellen, damit Angebote stattfinden können. Trotzdem macht er sich Gedanken, ob Mitglieder während der Krise austreten.

Sascha Binder ermutigte die Vereinsvertreter: "Ich glaube, ein paar Sachen muss man einfach probieren. Auf dem Papier ist relativ viel möglich." Etwa Veranstaltungen in anderem, kleineren Rahmen. Gleichzeitig weiß er aus eigener Erfahrung, dass ein Veranstalter abwägen muss, ob er das Risiko eingeht, dass es zu Infektionen kommen kann. Und ob sich ein Konzert lohnt, wenn nur wenige Zuhörer kommen dürfen oder – aus Sorge – wollen.

"Probiert wird einiges, jetzt schon", meinte Hermann Friedrich, etwa Proben der einzelnen Stimmen. Damit man nicht bei null anfangen müsse, wenn es wieder normal weitergeht. Auch viele Musikvereine proben wieder. Hans Dreher allerdings kennt keinen, der sich auf ein Jahreskonzert vorbereitet.

Wenig überraschend gab es seitens der SPD-Gesprächspartner auch Kritik am Krisenmanagement der grün-schwarzen Landesregierung. In einem wichtigen Punkt indes äußerte Bürgermeister Zimmermann seinen Unmut ebenfalls deutlich: Wenn das Kabinett Änderungen an der Corona-Verordnung traf, erreichten diese die Kommunen oftmals erst am Freitagabend, im schlimmsten Fall sogar erst um Mitternacht. Montags sollte jedoch alles umgesetzt sein. "Das war ein Punkt, der mich maßlos geärgert hat."

Dabei, so hatte er es zu Beginn des Gesprächs formuliert, haben die Kommunen einen "hervorragenden Beitrag geleistet", dass die Situation nicht entglitt. Doch noch ist die Sache nicht überstanden. "Wir müssen vorsichtig sein, wir müssen mit Augenmaß agieren." Genauso verständlich ist der gleichzeitige Wunsch des Chorverbands-Vorsitzenden, "dass wir bald wieder so machen dürfen, wie wir es gewöhnt sind". Was die Krux an der Sache zeigt.

Horb (vp). Corona ist nicht die größte Gefahr, die einem in Horb droht. Zum Glück! Gefährlich wurden einem der Gesprächs-Teilnehmer dagegen die Stadtsheriffs, die seinem Auto trotz aller Hygienevorschriften auf die Pelle rückten. Während er sich ins Bürgerkulturhaus begab, bekam sein fahrbarer Untersetz ein Knöllchen. Wie dem Besitzer gleich zwei der Anwesenden dezent mitteilten. Da blieb dem Herrn nur eins: Das Ganze sportlich zu nehmen und sich trotzdem auf das Gespräch zu konzentrieren.