Karl-Henning Seemann vor seiner Skulptur "Europa", die in der Neckarstraße aufgestellt wurde. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Karl-Henning Seemann spricht bei Vernissage im Kloster über Zusammenhänge von Kunst, Architektur und Städtebau

Von Marly Scharnowski

Horb. Pünktlich um 11 Uhr wurde am Sonntag in der Neckarstraße im Rahmen der Reihe "Kunst in der Stadt" eine neue Plastik vorgestellt: "Europa mit Stier auf der Weltkugel". Der Künstler Karl-Henning Seemann hat sie erschaffen.

Bürgermeister Jan Zeitler ging in seiner Rede darauf ein, dass Horb eine Stadt der Kunst ist und viele Kunstwerke aufzuweisen hat. Einen Platz, der passender für diese Skulptur sei, könne er sich nicht vorstellen. Die Vielschichtigkeit der "Europa" habe in diesen Zeiten eine besondere Aussage. Zeitler rief die Bürger dazu auf, sich das Werk in aller Ruhe anzusehen, die Details zu entdecken, die ganze Aussagekraft zu deuten, sich daran zu erfreuen und neue Gedanken für Europa zu entwickeln.

Kunst und Geld, wie eng hängt das für manche Bürger zusammen – "was soll dieses Kunstwerk, man könnte sparen für wichtigere Dinge" lautet eine oft geäußerte Ansicht. In Horb springt ein großer Kunstmäzen ein, nämlich die Kreissparkasse Freudenstadt. Regionaldirektor Holger Korneffel begrüßte anlässlich der Ausstellung "Kunst in der Stadt" die Anwesenden. "Horb hat eine lebendige Kunstszene, sie ist auch eine der schönsten Städte, denn Kunst und Kultur wirken sich positiv auf die Lebensqualität aus." Ein Schwerpunkt des gemeinnützigen Engagements der Sparkassen ist die Kulturförderung. Mit einer Summe von mehr als 150 Millionen Euro ist die Sparkassen-Finanzgruppe übrigens der größte Kulturförderer in Deutschland.

Sicherlich läuft in Europa noch nicht alles "rund", zahlreiche Herausforderungen galt es zu bewältigen, ähnlich wie es Zeus mit Europa ergangen ist, trotzdem ist ein gemeinsames Europa wertvoll – so könnte einer der Gedanken lauten, zu denen die Skulptur inspiriert.

Ursula Bähr vom Kunstverein Oberer Neckar eröffnete danach die Ausstellung in der Galerie im Kloster. Freimütig gab sie zu, dass sie Karl-Henning Seemann in Sulz "angebaggert" hat. Zunächst sei er skeptisch gewesen, doch nachdem er sich informiert hatte, habe er die Idee einer Ausstellung sehr gut gefunden.

Die Räumlichkeiten hätten ihm gefallen, obwohl er selbst nicht alle Kunstgegenstände in den zweiten Stock habe schaffen können. Das ist der springende Punkt des Künstlers, sein Credo, das erfüllt werden muss: "Bei bildhauerischen Aufgaben, zum Beispiel im öffentlichen Raum, kommt es auf alles an, und auf alles zugleich. Der große räumliche Zusammenhang mit der Architektur, dem Städtebau oder der Landschaft muss aus allen Richtungen so zwingend hergestellt sein, dass die plastische Arbeit aus keiner Sicht schwimmt, beliebig herumsteht oder ohne Schaden verändert werden könnte; sie muss aus großer Entfernung als klares Zeichen wirken und darf beim Näherkommen nicht an Spannung verlieren...". Beim Betrachten solle die Plastik "ihren inneren Rhythmus auf den Betrachter übertragen, wenn er sie umschreitet".

Seemann ging bei seiner Rede auf die verschiedenen Zeitepochen ein, die sich auch wie eine Handschrift durch seine Werke ziehen, er bezeichnet das als Weiterentwicklung. Die Herausforderung der dritten Dimension, Bewegung in der Skulptur festzuhalten, sind für ihn spannend. Aufträge sind für ihn so wichtig, wie eigene Kunstwerke, Kompromisse geht der Künstler nicht ein, denn "wer ein Problem zu Ende denkt, braucht keinen Kompromiss".

In der Ausstellung im Kloster kann man einzelne Entwürfe von überlebensgroßen Plastiken entdecken. Kraftvoll und aussagefähig sind Seemanns Zeichnungen, Skizzen und Entwürfe.

Ein besonderes Highlight ist der Entwurf des Europa-Platzes in Berlin, aus Eisen geschweißt, 1980 erstellt und unverkäuflich.

Weitere Informationen: Die Ausstellung des Kunstvereins Oberer Neckar in der Galerie im Kloster ist von 11. Mai bis 8. Juni am Samstag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr geöffnet.