Horb - Schwimmbad-Klage, Schulden runter, Zukunftstrends. Der Jahresempfang der Stadt Horb in der Hohenberghalle brachte eine Positionsbestimmung, wo die große Kreisstadt steht.

Die neue Fraktion "Bürger im Mittelpunkt" hatte nach der Gemeinderatswahl vehement eine Strategie-Diskussion eingefordert. Sie soll Zukunfts- und Megatrends einbeziehen. Deshalb startet das Rathaus jetzt nicht nur einen Bürgerworkshop unter dem Titel "Wie wollen wir zusammen leben?". Zukunftsforscher Eike Wenzel, unter anderen Gründer des Instituts für Trend- und Zukunftsforschung, sagt in der Hohenberghalle auch, welche Punkte bei den Megatrends Horb betreffen können.

Schwimmbad-Schaden

Oberbürgermeister Peter Rosenberger nennt die wichtigsten Projekte in diesem Jahr in Horb. Es wird eine Klage wegen möglicher Fehler der Baufirma im Schwimmbad geben. Der OB zum Schwarzwälder Boten: "Wir haben jetzt alle Gutachten da. Wir werden diese unserem Anwalt vorlegen und Klage einreichen. Wenn das passiert ist, werden wir die Ausschreibung für die Reparatur des Kinderschwimmbeckens starten. Mein Ziel ist, dass wir das Neckarbad im Sommer komplett wieder eröffnen können!" Für diese Sanierung des Kinderschwimmbeckens, die mutmaßlich beim Umbau 2008/2009 verpfuscht wurde und bei der sich die Fliesen gelöst hatten, werde das Rathaus zunächst auf die liquiden Mittel setzen. Rosenberger sagt: "Zusätzliche Haushaltsmittel werden wir dafür nicht beantragen."

Schuldenabbau

Die Kommune wird schuldenfrei sein. Rosenberger: "In diesem Jahr wird der Hoheitshaushalt schuldenfrei sein. Ohne Zins- und Tilgungslasten haben wir in den kommenden Jahren zusätzliche Freiräume für weitere nötige Investitionen. Da wird die Gemeinderat-Arbeit mehr Spaß machen."

Güterverkehrsterminal

Nicht nur die Wirtschaft investiert weiter am Standort Horb. Rosenberger: "Lauffer-Pressen hat erst kürzlich auf dem eigenen Grundstück erweitert. Auch bei Leuco steht ein Erweiterungsbau an. Dazu arbeiten die Projektträger aus der Raumschaft zusammen mit der Stadt daran, das geplante Umschlagterminal für Container auf den Weg zu bringen."

Duale Hochschule

Rosenberger berichtet: "Mit dem Abbruch des ehemaligen Feuerwehrhauses schaffen wir in diesem Jahr städtebaulich eine optimale Potenzialfläche für unsere Hochschule. Gemeinsam mit unserem Hochschulleiter Diery möchte ich mich auch im neuen Jahr beim zuständigen Wissenschaftsministerium stark machen, um unseren Campus Horb für die Zukunft zu stärken. Das brauchen wir in Stadt und Landkreis!"

Umleitung

Kampf um die beste Umleitung für die drohende Hochbrücken-Vollsperrung bei Nordstetten. Rosenberger: "Wir sind in Gesprächen auch mit dem Handel, um eine größtmögliche Optimierung zu erreichen. Wir wollen nicht, dass mit der Hochbrücke der unnötige Durchgangsverkehr aus der Innenstadt hinausgeht, um den Handel zu stärken. Und vorher dreht die drohende Vollsperrung bei Nordstetten dem Handel den Hals um."

Absetzgelände

Rosenberger: "Alle Bemühungen nach einer Informationsveranstaltung für die betroffenen Kommunen wurden bisher abgelehnt. Wir werden uns dies nicht weiter gefallen lassen!" Laut Landrat Klaus Michael Rückert hatte das Staatsministerium letzte Woche zugesagt, dass es zumindest ein gemeinsames Treffen von Calws Landrat Helmut Riegger, Böblingens Landrat Roland Bernhard und Rückert geben solle.

Gesundheitsversorgung

Rosenberger sagt: "Heute stehen wir im Leuco-Areal kurz vor der Investorenausschreibung - dort kann ein Ärztehaus entstehen!" Landrat Rückert: "Wir stehen zum Standort Horb. Auch wenn dort jetzt zwei Mediziner gekündigt haben. Wir suchen mit Hochdruck geeignete Mediziner, die mit demselben Engagement für die Raumschaft wirken. Mit dem neuen Team in der Strahlentherapie ist der Standort Horb hervorragend aufgestellt. Sie werden mit einem funkelnagelneuen 3D-Computertomographen in Horb aufschlagen."

Investitionen

Rosenberger meint: "In diesem Jahr werden wir über 300.000 Euro ins Gymnasium, 450.000 Euro ins Schulzentrum, 800.000 Euro in die Schule Altheim, über eine Millionen Euro in einen Kindergarten Grünmettstetten und fast zwei Millionen Euro in unsere Stadionhallen investieren." Für den Ausbau der Radwege liegen eine Millionen Euro bereit.

Klimaneutrale Kommune

"Der Ausbau des Nahwärmenetzes in der Horber Weststadt geht in diesem Jahr in die Zielgerade. Durch das neue Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplungs-Heizwerk werden mehr als 1000 Tonnen CO2 weniger erzeugt", so Rosenberger.

Nahverkehr

Wie Landrat Klaus Michael Rückert dann betont, ist das für Horb ein "guter Einstieg in die neuen, goldenen 20er-Jahre. Horb hat eine gedeihliche Entwicklung und ist hervorragend aufgestellt." Der Landkreis wird den öffentlichen Nahverkehr entscheidend verbessern.

Musik und Unterhaltung

Horbs beste junge Musiker spielen auf. Leonie Kiefer (Klarinette) und Harald Sinot glänzen bei der siebten Sonate von Lefevre. Beim Blechbläser-Ensemble fasziniert nicht nur die Musik, sondern auch das Zusammenspiel von Vater Jens und Sohn Simon bei der Aequale von Bruckner. Phänomenal, wie perfekt die Geigen-Wunderkinder Alexandra und Alisiya Komarova beim Allegro Moderato von Mazas schon sind.

Und ganz cool gibt sich der 14-jährige Marcel Lemmer. Mit sechs Jahren hat er mit dem Saxophon angefangen, um Jazz und Pop zu spielen. Vor drei Jahren startet er mit dem Klavier in der Musikschule Horb. Marcel meint dazu: "Um meine Gedanken und Gefühle in Jazz-Harmonien einzubringen." Inzwischen hat er schon zweimal den Bechstein-Preis in Berlin gewonnen.

Randnotiz:

Gesundheitskrise

Auf seine Gesundheitskrise Ende des Jahres ging Rosenberger beim Jahresempfang nur indirekt ein. Lobt Bürgermeister Ralph Zimmermann: "In deiner Stellenbeschreibung heißt es, dass du der ständige Vertreter des Oberbürgermeisters bist. Aber wie du kurz vor dem Jahreswechsel viele meiner Termine abgefangen hast und dafür gesorgt hast, dass ich beruhigt auch kurz Loslassen konnte mit hoher Loyalität, ja freundschaftlich, dafür möchte ich dir heute besonders danken."

 Pfarrer in Freudenstadt

Landrat Klaus Michael Rückert berichtete von dem katholischen Pfarrer Anton Bock, der als neuer Geistlicher in Freudenstadt eingeführt wird. "Er ist in Horb geboren und in Nordstetten aufgewachsen. Das ist Integration im Landkreis." Das Publikum lacht. OB Rosenberger sagt dazu: "Schön, wenn wir das Seelenheil in den Westkreis bringen."

 Warten - auf Marcel?

OB Peter Rosenberger kündigt nach knapp 265 Minuten Jahresempfang den Auftritt des jungen Pianisten Marcel Lemmer mit folgenden Worten an: "Danke, dass Sie so lange ausgehalten haben. Das liegt wohl daran, dass Sie das Programm kennen oder Anstand haben." Dann legt Marcel los mit "Spain" von Chick Corea. Das Publikum klatscht lange - vielleicht tun es einige auch in der Hoffnung, das jetzt der lockere Teil beginnt. Doch Rosenberger macht einen Strich durch die Rechnung: "Ich interpretiere das Klatschen so, dass Marcel noch ein Stück spielen soll." Leichtes Geraune. Doch Marcel legt noch mal los – und schafft es, die ob der Dauer genervten Gemüter mit seinem Spiel doch noch einzufangen. Erkennt man an den "Bravo-Rufen" in der Hohenberg-Halle.

Kommentar: Gähn-Effekt

Der Jahresempfang. Er soll eigentlich frisch ins Jahr führen. In der Hohenberghalle in Horb war es für die geschätzt 600 Gäste allerdings nicht leicht, die 270-Minuten-Veranstaltung durchzuhalten, bis es dann endlich in den informellen Teil überging. 45 Minuten länger Reden als geplant! Der OB selbst hatte schon seine geplante Rededauer von 30 Minuten überschritten, doch Zukunftsforscher Wenzel verdoppelte mal locker die angesetzte halbe Stunde. Bei vielen Zuhörern führte das dazu, dass der Gähn-Effekt die interessanten Impulse überdeckte. Die Auftritte der tollen musikalischen Supertalente wurden von vielen nicht als Musikgenuss empfunden wurden, sondern als Gelegenheit, die Veranstaltung zu verlassen oder kurz frische Luft zu schnappen. "Wie wollen wir zukünftig zusammen leben?" lautete das Motto. Die Antwort: So nicht. Das Format gehört dringend überdacht.