Völlig losgelöst probierten die Teilnehmer des Workshops ihr eigenes Tanzgefühl für sich aus. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Projekt: Workshop mit Profi-Tänzerinnen Elisabeth Kaul und Tess Lucassen im Horber Kloster

"Ich will Musik, Tanz und Eleganz" – so lautete der Wunsch des belgischen Chansonniers Jacques Brel in einem von seinen unvergessenen Liedern. All das gab es am Freitagabend im Horber Kloster.

Horb. "All You Can Dance" ist ein Modellprojekt der Tanz-Szene Baden-Württemberg, das im vergangenen Jahr in Horb recht erfolgreich gestartet ist und nun in die zweite Runde ging.

Im ersten Teil des Abends entführten die Profi-Tänzerinnen Elisabeth Kaul und Tess Lucassen ihre Zuschauer in die "Global Citizen", in der sie "den ersten Schritt" zu einem besseren Miteinander aufeinander zu machten. Elisabeth Kaul hatte dieses Stück choreografiert, in dem sie die unendlichen – aber auch beängstigenden – Möglichkeiten unserer globalisierten Welt thematisiert. Recht weltläufig deshalb auch die Ansagen zu den vermeintlichen Spielregeln und Wahlmöglichkeiten, die die Zuschauer anscheinend hatten.

Menschliches Miteinander in all seinen Facetten in den Tanz projeziert

In deutsch, englisch und französisch wurden die Möglichkeiten vorgestellt, doch der Handlungsstrang stand schon im Vorhinein fest und die Wirklichkeit des Lebens griff auch bei diesem Tanz. Die beiden Tänzerinnen projizierten das menschliche Miteinander in all seinen Facetten auf die Tanzfläche. Wünsche, Probleme, Hoffnungen, Ängste, Situationen, Spiel, Unsicherheit und Regeln packte Kaul in diesen modernen Ausdruckstanz. Ein Tanz, der über große Strecken eigentlich nur vom Vogelgezwitscher aus dem Lautsprecher begleitet werden sollte, das dem Lärm der Großstadt, der "Global Citizen" als Filter gegenüberstand. Doch in Wirklichkeit stand das Dauerklicken der Kamera des extra angereisten Projektfotografen im Vordergrund. In der kosmopolitischen Welt gehört der Spiegelschlag der Kameras scheinbar zum urbanen Grundsound.

Die Bewegungen der Tänzerinnen, die von hektisch schnell bis zur stillstehenden Langsamkeit reichten, erzählten sehr eindrucksvoll ihre Geschichte. Mit einem leise gesummten "Strangers in the Night" gingen sie in der imaginären Dunkelheit der Nacht auseinander, um sich später unter dem Lichtschein einer Discokugel wieder zu treffen. Viel wohlverdienten Applaus gab es für diese Demonstration modernsten Ausdruckstanz vom sachkundigen Publikum, zu dem auch Tanzlehrerin Ginger Streibig mit acht ihrer Ginger-Girls gehörte.

Während sich die beiden Profi-Tänzerinnen frisch machten, nutzten Susanne Hennig vom Projekt Zukunft und Andrea Gern von der Geschäftsführung der Tanz-Szene Baden-Württemberg die Pause zu einer kurzen Begrüßung der Gäste. In diesem Zusammenhang verriet Gern, dass die Finanzierung dieses Tanz-Projektes auch für die nächsten zwei Jahren steht und Horb eine der vier ausgewählten Städte ist, die in den Genuss von "Tanz auf der Fläche" kommen. Das Projekt soll dann in einem großen, gemeinsamen Festival enden.

Weiter ging es dann wieder in sehr lockerer Atmosphäre. Die Besucher hatten Gelegenheit, sich mit den beiden Tänzerinnen, die extra für diesen Abend aus Heidelberg angereist kamen, ungezwungen zu unterhalten und mehr Hintergrundinformationen zu dem eben gezeigten Tanz zu erfahren. Und danach waren sie selber dran. In einem Workshop zeigten die beiden Profis, dass es beim Tanzen nichts gibt, was es sonst nicht gibt. Sogar der Tanzschritt "Popcorn machen" wurde umgesetzt. Hier konnte jeder der Teilnehmer seine eigene Körpersprache und seine Art einen Raum zu betreten, herausfinden und ausprobieren. Die Ginger-Girl gaben später noch eine Kostprobe aus ihrer Ballettausbildung, und so optimal inspiriert stand der anschließenden Tanzparty nichts im Weg.

Die Tanz-Szene Baden-Württemberg hat sich zur Aufgabe gemacht, den zeitgenössischen Tanz im ländlichen Raum zu fördern und Menschen jeden Alters und jeglicher Herkunft über die Freude an der Bewegung miteinander zu verbinden. Ein Anspruch, der an diesem Abend voll umgesetzt wurde.