Am vergangen Montag gab es europaweit 270­. 000 Blitze, so der Blitz-Informationsdienst von Siemens. Foto: Rensinghoff

Blitz-Informationsdienst von Siemens bestätigt Mega-Blitz. Kann ein innerer Blitzschutz doch helfen?

Horb - Der Mega-Blitz von Nordstetten – während die Sachverständigen derzeit die Schadenshöhe nach dem Dachstuhlbrand ermitteln, diskutieren die Experten darüber, ob man sich vor so einem Einschlag schützen kann.

"BLIDS – der Blitz Informationsdienst von Siemens" bestätigt nun noch einmal die Stärke des Erdblitzes, der um 0.02 Uhr im Bereich Kreuzhöfe – auf dem Hof der Familie Saiber – einschlug.

"Ordentlicher Kracher"

Gemessen wurden 224,6 Kiloampere (kA). "Das war schon ein ordentlicher Kracher", bewertet Matthias Beiler vom Informationsdienst den Einschlag. Und nur knapp drei Minuten später hat es nur wenige 100 Meter weiter einen weiteren starken Erdblitz mit 134,7 kA gegeben, haben die Auswertungen ergeben. Zum Vergleich: Die meisten Blitze haben eine Stärke von vier bis zehn kA, bei einem heftigen Sommergewitter kann es in der Regel schon mal zu Blitzen mit 80 bis 100 kA kommen. Am vergangen Montag sei es europaweit zu 270 000 Blitzen gekommen, "davon fielen in der Nacht zum 20. Mai 38 Blitze auf die Kreuzhöfe in Horb", so Beiler.

Süden häufiger betroffen

Deutschland wird im Jahr von ein bis zwei Millionen Mal von einem Blitz getroffen, erklärt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Der Süden wird dabei mehr von Blitzen heimgesucht als der Norden. Das liegt zum einen an der Nähe zu Bergen und den wärmeren, manchmal auch schwülen Temperaturen.

Äußerer Blitzschutz

Doch wie kann man sich in den eigenen vier Wänden schützen? Der äußere Blitzschutz fängt den Blitz mit Fangeinrichtungen ein, bevor er das Dach trifft. Über die Ableitungen wird er in die Erde abgeleitet. Doch dieser Blitzschutz bringt bei einem Erdblitz wie in Nordstetten nichts.

Das bestätigt auch Karl Essl, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Blitzschutzfirmen im Gespräch mit unserer Zeitung. "Im vorliegenden Fall hat der Blitz wohl neben dem Gebäude eingeschlagen und der Blitzstrom ist über die Erde in das Gebäude gelangt. Dies ist oft der Fall und kann selbst dann noch Schäden verursachen, wenn der Blitz in bis zu zwei Kilometer Entfernung eingeschlagen hat. Der Blitzableiter, also der äußere Blitzschutz, kann in diesem Fall, wie der Feuerwehr-Pressesprecher richtig ausführte, nicht wirken. Der äußere Blitzschutz soll ja gerade verhindern, dass der Blitz in ein Gebäude einschlägt und den Blitzstrom sicher in die Erde ableiten."

Innerer Blitzschutz

Essl widerspricht aber dem Blitz-Experten Jörg Honerla, Leiter des Hochspannungslabors der Universität Duisburg-Essen. Der hatte in unserer Zeitung erklärt, dass man bei einem "Mega-Blitz" wie in Nordstetten nichts ausrichten könne. "Wenn der Blitzstrom sozusagen den umgekehrten Weg nimmt und über die Erde kommt, ist man aber auch nicht schutzlos", erklärt dagegen Essl.

Der innere Blitzschutz (auch Überspannungsschutz genannt) sei für das Funktionieren des Gesamt-Systems (also mit äußerem Schutz) zwingend erforderlich, so der Mann, der die Blitzschutz-Unternehmen vertritt. "Der innere Blitzschutz sorgt mit speziellen Einrichtungen, die in die elektrische Anlage integriert werden, dafür, dass Blitz-(teil)-Ströme, die von außen in das Gebäude gelangen, keinen Schaden an Leitungen und elektrischen oder elektronischen Einrichtungen verursachen können." Solche Überspannungsschutzschalter (englisch Surge Protection Devices) würde auch Schäden an empfindlichen Geräten durch Spannungsschwankungen, die durch andere Einflüsse verursacht werden, verhindern.

Kosten für den Blitzschutz

Die Kosten eines Blitzschutzes seien überschaubar, heißt es in einem Video des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Dennoch hätten – Stand 2015 – weniger als ein Prozent der Privathäuser einen Blitzschutz.

Doch wie hoch sind die Kosten wirklich? Der Online-Ratgeber "kostenblick.de" gibt hierfür Preisspannen an: Die Fang- und Ableitungseinrichtung kostet demnach 1200 bis 3000 Euro, die Erdungsanlage 500 bis 4500 Euro und der innere Blitzschutz 600 bis 1600 Euro. Insgesamt müsste man laut des Online-Ratgebers 2300 bis 9100 Euro investieren, wenn man nicht selbst montiert.

Info: Dos and Don'ts bei Gewitter

Horb - Was gehört zu einem richtigen Gewitter? Wolken, Regen, Blitz und Donner – klar. Aber wie kommt es dazu? Gewitter entstehen, wenn warme und feuchte Luftmassen zusammenströmen, in kältere Schichten aufsteigen und eine Wolke bilden. Dafür sind Gebirge die ideale Voraussetzung. Durch Reibung laden sich dann Wasser- und Eisteilchen in der Gewitterwolke elektrisch auf.

Während sich die Eispartikel im kalten oberen Teil der Wolke positiv aufladen, reichert sich die negative Ladung in den Wassertropfen an der Wolkenunterseite an.

Das immer stärker werdende elektrische Spannungsfeld entlädt sich schließlich – mit einem Kurzschluss vergleichbar – in einem Blitz. Meist innerhalb der Gewitterwolken. Unter einer Gewitterwolke sammelt sich positive elektrische Ladung aber auch am Boden an.

Pro Stunde gibt es auf unserem Planeten etwa 2000 Gewitter, die meisten davon in den Tropen. Nirgends blitzt es häufiger als in Zentralafrika. Doch was darf man während eines Gewitters machen?

Telefonieren?

Von Handys und schnurlosen Telefonen geht keine Gefahr aus, erklärt der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE). Bei Festnetztelefonen am Stecker sieht das anders aus. Hier gilt wie für alle elektrischen Geräte im Haus: Man sollte sie vom Strom nehmen oder einen Überspannungsschutz haben.

Duschen?

Ja, aber nur wenn das Gebäude über einen Blitzschutz verfügt. In allen anderen Häusern ist wichtig, ob das Haus Wasserrohre aus Kunststoff hat, die Strom und Blitze nicht leiten. In älteren Gebäuden können im Badezimmer noch Metallteile wie Wasserleitungen und Badewanne elektrisch verbunden und an einen Haupt-Erdungsanschluss angeschlossen sein. Ist das laut VDE vollständig und dauerhaft haltbar, kann man ebenfalls duschen und baden während eines Gewitters. In allen Zweifelsfällen besser kurz warten. Es gilt die Faustregel: Wenn man eine halbe Stunde keinen Donner mehr gehört, ist das Gewitter vorbei.

Unter Buchen stehen?

Ein bekanntes Sprichwort lautet: "Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen." Aber stimmt das? Auf keinen Fall sind Buchen sicherer als andere Bäume, erklärt der VDE. Es macht grundsätzlich keinen Unterschied, unter welchem Baum man steht. In der Nähe besteht immer Gefahr bei Gewittern. Am besten bleiben zu jedem Ast mindestens zehn Meter Abstand.

Auto fahren?

Sicher sind Passagiere in Autos mit Ganzmetallkarosserie, erklärt der VDE. Denn dort schützt sie ein sogenannter Faradayscher Käfig: Schlägt der Blitz ein, leitet die Außenhaut aus Metall den Strom zur Erde ab.

Generell kann ein Auto durch den Blitzeinschlag Schaden nehmen, zum Beispiel die Reifen durch die Hitze des Stroms. Dessen elektromagnetisches Feld könne zudem die Elektronik des Autos beschädigen. Nach dem Gewitter prüfen die Autofahrer sicherheitshalber die Funktionen der Elektronik.

Rad fahren?

Hier gibt es zwei Probleme: Die Nähe zu einem metallenen Gegenstand wie ein Rad ist gefährlich. Und dann ist da die Frage, wie viel Zeit man noch hat, bevor die Blitzgefahr unmittelbar ist. Beobachtungen zufolge kann ein Blitz fünf Kilometer und mehr weit weg von seiner Ursprungswolke einschlagen.

Die Entfernung eines herannahendes Gewitters lässt sich recht gut abschätzen: Die Sekunden zwischen Blitzeinschlag und Donnerhall zählen und das Ergebnis durch drei teilen. Das ergibt die Entfernung in Kilometern. Faustregel: Liegen zwischen Blitz und Donner zehn Sekunden und weniger, besteht Lebensgefahr, betonen die VDE-Experten.

Regenschirm nutzen?

Auch wenn man nass wird, schließt man besser den Regenschirm. Denn viele Modelle enthalten Metall, das man während eines Gewitters nicht anfassen darf. Wenn man außerdem auf freier Strecke mit dem Schirm der höchste Punkt einer Umgebung ist, steigt die Gefahr, dass ein Blitz einschlägt.

Wer keinen sicheren Unterschlupf findet, sollte sich daher eine flache Stelle oder gar eine Mulde im Gelände suchen und dort in der Hocke-Stellung mit eng geschlossenen Füßen abwarten, erklärt die Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder (BAG).