Auch das Casino Win and More im Novolino war den Einbrechern einen Besuch wert. Foto: Morlok

Angeklagter muss wegen Einbruchserie drei Jahre und drei Monate in Haft. Wer gehört noch zur Bande?

Horb - Vor dem Horber Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsgerichtsdirektor Christian Ketterer ging am Donnerstag der Prozess um die bandenmäßig begangenen Einbruchsdiebstähle, die Anfang vergangenen Jahres in Baden-Württemberg die Besitzer von Spielcasinos in Atem hielten, weiter.

Die Serie begann in den Horber Casinos "Magic" und "Novolino". In einer vorausgegangenen Verhandlung im August vergangenen Jahres (wir berichteten) wurde einer der Beteiligten – vermutlich ein Verwandter des Mannes, der gestern vor Gericht stand – bereits zu drei Jahren Haft verurteilt. Seine "Kollegen", wie er damals sein Mittäter nannte, deren Name er nicht nannte, befanden sich zu dieser Zeit noch auf der Flucht, die ihnen aufgrund einer unglücklichen Panne beim Zugriff durch die Kripo in Waiblingen gelang.

Die schweren Einbruchsdiebstähle liefen immer nach demselben Muster ab. Meist zu dritt stiegen die Einbrecher in Spielcasinos ein und knackten die dortigen Spielautomaten. In die Horber Casinos "Magic" brachen sie zweimal ein, ins zweihundert Meter entfernte "Novolino" einmal. Es war immer der schnelle Bruch, obwohl die Objekte in Horb, Stuttgart, Bodelshausen, Hechingen, Oberndorf Rottenburg, Waiblingen und im weit entfernten Herborn alle alarmgesichert und videoüberwacht waren.

Zwei Täter stiegen ein, ein Täter stand Schmiere und hatte die Aufgabel, mit den beiden Akteuren im Inneren der Objekte Kontakt zu halten. Dies geschah per Handy. Dieser Telefonkontakt brachte letztlich der Kripo den Fahndungserfolg, da die Mobilfunkgeräte immer in der jeweiligen Funkzelle eingeloggt waren. Die Kripo beantragte daraufhin eine Telefonüberwachung, mit der man den beiden bisher gefassten Tätern ihre Tatbeteiligung nachweisen konnte.

Bandenmitglied hält sich an Grundsatz der Ganovenehre, keinen Mittäter zu verpfeifen

Der ermittelnde Kripo-Beamte aus Freudenstadt, der als Zeuge geladen war, schilderte alle 13 Vorgänge im Rahmen der Beweisaufnahme nochmals im Detail. Die immer gleiche Kleidung der Täter (Kapuzenshirt und ärmellose Jacke) war auf einigen Videos der Überwachungsanlagen sehr gut zu sehen und auch die Auswertung der Funkdaten ergaben eine Übereinstimmung. So konnten die Taten klar zugeordnet werden.

Doch trotz Videoaufzeichnung und Telefonüberwachung tappt die Kripo noch immer im Dunkeln, wer außer den beiden inzwischen bekannten Tätern noch zur Bande gehört. Im Gegensatz zu der Schilderung des bereits verurteilten Mittäters, der behauptete, dass er lediglich zum Schmiere stehen eingeteilt war, konnte der ermittelnde Kripobeamte keine Hierarchie, keinen Boss aus den Gesprächsaufzeichnungen erkennen.

Dies bestätigte auch der Täter, der gestern vor Gericht stand und der bei seinem Grenzübertritt am 10. Juli nach Albanien festgenommen wurde. Am 8. Oktober 2015 wurde er dann auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft Rottweil nach Deutschland überführt. Seit diesem Tag sitzt er in der JVA Rottenburg in Untersuchungshaft, aus der er gestern gut bewacht vorgeführt wurde.

Der heute 39-jährige Angeklagte ließ von seinem Verteidiger die Erklärung "Die Tatvorwürfe sind zutreffend – ich bekenne mich zu meiner Verantwortung gemäß den Tatvorwürfen" verlesen. Ansonsten benötigte er die Hilfe eines Dolmetschers und verweigerte weitere Angaben, denn auch dieses Bandenmitglied hielt sich an den Grundsatz der Ganovenehre, keinen Mittäter zu verpfeifen.

Obwohl die ganze Geschichte klar auf dem Tisch lag, machte sich der Vorsitzende die Mühe, alle Handy-Daten, die von der Bande geführt wurde, vorzulesen. 5700 Datensätze, mit 62 Kreuztreffern, wurden dafür ausgewertet. Mit dieser Darlegung untermauerte der Richter nochmals Tatvorwürfe und Tatortangaben.

Der geständige Täter hat drei einschlägige Vorstrafen, alle wegen Einbruchsdiebstahl. Für das letzte Vergehen ging er bereits für drei Jahre ins Gefängnis. Auch vor diesem Hintergrund forderte der Leitende Oberstaatsanwalt Joachim Dittrich aus Rottweil für die 13 rechtlich selbstständig zu wertenden Verbrechen eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Da der Angeklagte jedoch knapp drei Monate unter unmenschlichen Bedingungen, wie sein Verteidiger ausführte, in Albanien in Untersuchungshaft verbrachte, räumte der Staatsanwalt ein, dass man diese Auslieferungsmaßnahme mit einem Faktor 1:2,5 werten könne. Übersetzt bedeutet dies, dass man dem vorbestraften Angeklagten für jeden Monat U-Haft in seinem Heimatland 2,5 Monate Strafhaft in Deutschland erlässt.

Als der Verteidiger, ein Mainzer Staranwalt, vorlas, was sein Mandant in der Abschiebehaft alles erdulden musste, brach dieser punktgenau in Tränen aus. Der Verteidiger legte die Strafzumessung in die Hände des Gerichts, hielt jedoch einen dezidierten und recht ausführlichen Grundsatzvortrag zu den Zumessungsfaktoren, wenn Straftäter in Gefängnissen anderer Länder auf ihre Überführung warten müssen. Er forderte eine diesbezügliche Zumessung von 1:3 und bekam sie auch.

Ansonsten folgte das Gericht dem Antrag des Staatsanwaltes und verurteilte den Einbrecher zu vier Jahren Haft, von denen er nun neun Monate erlassen bekommt. Zusätzlich muss er die Prozesskosten tragen.

Als praktischen Unterricht folgten einige Schüler der neunten Klasse der Horber Rossbergschule dieser Verhandlung.