Das Projekt ist gescheitert: Immer Sommer endet voraussichtlich der Modellversuch Car-Sharing. Fotos: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Modellversuch ein Flop: Hat Rathaus sich verrechnet? Projekt endet im Sommer. In Horb schlichtweg überflüssig.

Horb - Beim Horber Frühling am vergangenen Sonntag war Klimaschutzmanager Martin Heer damit beschäftigt, Tester für das E-Teil-Auto zu finden. Es steht für Car-Sharing. Doch der Einsatz war scheinbar Beschäftigungstherapie. Denn seit Ende März steht fest, dass das Teilauto wohl gescheitert ist.

Am kommenden Dienstag wird die Drucksache 28/2016 im Gemeinderat besprochen. OB Peter Rosenberger hatte sie am 24. März unterzeichnet. Inhalt: Die Kooperation mit Teil-Auto Tübingen soll zum 31. Juli beendet werden. Und: Während Joachim Patig, Fachbereichsleiter Zentrale Steuerung, im Februar 2015 gesagt hatte, dass der Car-Sharing Versuch die Stadtkasse maximal 12 000 Euro kostet, sind es jetzt 13 600 Euro, die an Teil-Auto Tübingen überwiesen werden.

Hat man sich im Rathaus etwa verrechnet? Der Modellversuch Car-Sharing, so scheint es zumindest, hatte wohl schon beim Start kaum Chancen in Horb. Wertet man die Statistik der Kfz-Zulassungen im Landkreis Freudenstadt (Stand 31. Dezember 2015) und die Einwohnerzahlen aus (Stand: 30. Juni 2015), zeigt sich: Ein Teil-Auto wird gar nicht gebraucht.

Denn die Zahl der zugelassenen Kraftfahrzeuge pro 1000 Einwohner liegt im Landkreis Freudenstadt durchschnittlich bei 900. Im Vergleich: Stuttgart – wo es gleich drei Car-Sharing Angebote gibt –  hat eine weit geringere Kfz-Dichte pro Einwohner: lediglich 559 Autos pro 1000 Einwohner.

Noch krasser: Rechnet man die Anzahl der privat zugelassenen Kfz im Landkreis auf jene Einwohner zwischen 18 und 84 Jahren um – die beinahe die Gesamtheit der fahrfähigen Bevölkerung darstellen – kommt man sogar auf 1,17 Autos pro Einwohner.

Klartext: Jede Privatperson, die theoretisch alleine Auto fahren darf, besitzt statistisch gesehen mehr als ein Auto. 

In Horb ist die Kfz-Dichte pro 1000 Einwohner mit 920 zugelassenen KfZ pro 1000 Einwohner höher als in Freudenstadt mit 750 Autos pro 1000 Einwohner. Hier hätte ein Car-Sharing Angebot vielleicht bessere Chancen. Doch Freudenstadt hat sich lieber für einen Bürgerbus entschieden. Der ist nach einem Jahr abgeschafft worden, weil die Nachfrage zu gering war. 

Horb hatte entschieden, die zweijährige Landesförderung für ein Elektroauto zu nutzen und dem drei Teil-Autos aus Tübingen für ein Car-Sharing zur Seite zu stellen.

Das Argument, dass bei dieser extrem hohen Kfz-Dichte wohl auch genügend Zweit-Autos vorhanden sein dürften, so dass ein Car-Sharing schlichtweg überflüssig zu sein scheint, ist in der ganzen Debatte nicht gefallen.

Statt 10.000 Euro spielte das Teil-Auto nur 3000 Euro Nutzergebühr ein

Fakt ist: Teil-Auto wollte 500 Euro "Garantie"-Summe pro Auto, um keinen Verlust zu machen. Das Geld wurde aus der Stadtkasse bezahlt. In Horb startete das Car-Sharing mit vier Autos. Im Februar 2015 wurde beschlossen, nur noch das Elektroauto und den VW Up zu behalten.

Fakt ist auch: Das Teilauto mit Verbrennungsmotor – der VW Up – ist bei den Stadt-Mitarbeitern beliebter als das Elektroauto. Das erkennt man nicht nur daran, dass der Up an der Heckklappe schöne Staub- und Dreckspuren hat, während der Elektro-Renault Zoe glänzt wie am ersten Tag. 

In der Drucksache 28/2016 heißt es: Die Mitarbeiter der Stadt Horb hätten jährlich rund 7400 Kilometer mit den Fahrzeugen zurückgelegt. Dabei werde der VW UP gut viermal so häufig benutzt wie das Elektroauto. Zitat: "5900 Kilometer mit konventionellem Antrieb und rund 1500 Kilometer mit Elektroantrieb."

Das Rathaus hatte, um das Car-Sharing in Horb zu stützen, eigene Autos abgeschafft. Die Mitarbeiter sollten das Teilauto nutzen. Der Neukauf eines VW Up wäre aber wohl günstiger gewesen als das Car-Sharing-Experiment. In der Preisliste mit den unverbindlichen Preisempfehlungen von Volkswagen ist der "take up" (44 kw) für 9975 Euro zu haben. Die "Blue Motion Ausführung" gibt es ab 10.375 Euro. Das Car-Sharing Experiment hat das Rathaus 13.600 Euro gekostet.

Und was schreibt das Rathaus zum Car-Sharing Flop? "Zu Beginn des Car-Sharing-Projekts unter Einbindung des geförderten Elektromobils war allen Beteiligten klar, dass das Projekt speziell im ländlichen Raum eine längere Anlaufphase benötigt und erst nach Ablauf der projektierten zwei Jahre über eine endgültige Beibehaltung oder Aufgabe entscheiden werden kann."

Insgesamt gibt es neun Nutzer des Teilautos, dazu das Rathaus und die Energieagentur. Statt den kalkulierten Gebühren in Höhe von 10.000 Euro spielte das Teil-Auto nur 3000 Euro Nutzergebühr ein. 

Sieht so aus, als ob sich da wohl jemand verrechnet hat.