Im Saal des Dettinger Gasthof Adler nutzte Mirjam Geiszbühl ihre Redezeit, um ihrem Unmut Luft zu machen. Foto: Schwarzwälder Bote

Matthias Gastel (Grüne) macht sich  Bild von geplantem KVT und diskutiert über Gäubahn.

Horb - Matthias Gastel, Mitglied des Bundestags-Verkehrsausschusses und bahnpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion nutzte die aktuelle Tagungspause und machte einen Abstecher in den Schwarzwald. In Horb sprach er über das geplante Kombinierte Verkehrs-Terminal (KVT) und die Gäubahn.

Wenn wirtschaftliche Interessen auf Umweltschutz treffen, wenn langfristige Infrastrukturmaßnahmen den unmittelbar betroffenen Bürgern große Sorgen bereiten und wenn vernünftige ökologische Grundideen offensichtlich nicht mit den Wünschen von Bürgerinitiativen zu vereinbaren sind, dann bedarf es sehr viel Überzeugungsarbeit um einen für alle Seiten tragbaren Konsens zu finden.

In Horb und der näheren Umgebung sucht man gerade an allen Ecken nach Lösungen für Gewerbegebiete. Egal ob interkommunal oder nur auf eine Gemeinde bezogen sowie für das geplante KVT das auf einer freien Fläche im Industriegebiet Heiligenfeld entstehen soll. Dort sollen, wenn es nach dem Willen der Stadtverwaltung, dem Gemeinderat, der Plathe Grundbesitz, der Firma Gfrörer Schotterwerk und der Spedition Alfred Schuon geht, ein bereits bestehendes Industriegleis verlängert werden um dort einen Umschlagplatz für Seecontainer, die vom Schiff mit der Bahn in die Zielregionen gefahren werden und von dort mit dem LKW weitertransportiert werden, zu bieten.

Gastel: "Bedenken müssen ernst genommen werden"

Ein Vorhaben, mit dem vor allem ein Teil der Bevölkerung der direkten Anrainer-Orte Altheim, Talheim und Grünmettstetten nicht einverstanden ist. Inzwischen hat sich auch eine Bürgerinitiative gegen das geplante KVT gebildet. Ein Vorgang, der nicht nur bei uns im "Ländle" Beachtung findet, sondern auch im fernen Berlin.

Bevor Matthias Gastel am Abend seine Gedanken zur Gäubahn-Problematik mit seinen Zuhörern im Gasthof Adler in Dettingen teilte, traf er sich vor Ort im Heiligenfeld mit einer Reihe von Investoren, Kommunalpolitikern und Mitarbeitern aus der Verwaltung und Entscheidungsträgern zu einer nichtöffentlichen Begehung des angedachten Areals und stellte sich danach den Sprechern der BI Heiligenfeld (BIH) zur Diskussion.

Gastel stellt im Rahmen dieses Treffens fest: "Wer die Forderung nach ›Mehr Güter auf die Schiene‹ endlich aus den Sonntagsreden herausholen und konkret anpacken will, muss auf mehr Gleisanschlüsse in Industriegebieten und zusätzliche Umschlagterminals setzen. Daher begrüße ich die breite Unterstützung und das unternehmerische Engagement für ein solches Terminal in Horb." Doch er fügte auch an: "Bedenken wegen des damit verbundenen Lastwagenverkehrs müssen ernst genommen werden. Daher sprechen wir auch mit den Vertretern der Bürgerinitiativen. Es muss geprüft werden, welche Lärmbelastungen zu erwarten sind und wie diese reduziert werden können. Letztlich muss jedoch klar sein, dass jede Chance für die Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene genutzt wird. Es kann nicht sein, dass Güter häufig hundert, zweihundert oder noch mehr Kilometer per Lastwagen transportiert werden müssen, bevor diese auf die Bahn verladen werden können. Das Horber Terminal hilft, die Straßen vom belastenden Schwerlastverkehr zu entlasten und Klimaziele zu erreichen. Daher unterstütze ich die Pläne ausdrücklich und hoffe sehr, dass diese bald umgesetzt werden können."

Ein klares Statement des grünen Bundespolitikers, dem sich Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger anschloss. Nun will man versuchen, mit besseren Informationen und Kommunikation die Sorgen der KVT-Gegner aus der Welt zu schaffen, so das vorrangige Ziel bei diesem Großprojekt.

Der Transport der Güter auf der Straße sei eine CO2-Schleuder, so der Grünen-Politiker, der als Vergleichsmaßstab die Schweiz mit rund 40 Prozent Schienentransport und Österreich mit immerhin 30 Prozent hernahm. "Da kann Deutschland mit 19 Prozent Schiene und über 70 Prozent Straße nicht mithalten."

Mehraufkommen von jährlich rund 600 Fahrten erwartet

Von Seiten der Investoren war zu hören, dass sie allein für die Realisierung der Verladezeiten tagsüber 6,5 Millionen Euro investieren. So viel kostet das notwendige Stellwerk samt elektrischer Weiche, um die Züge tagsüber abfertigen zu können.

"Das Geld ist da und die Genehmigungen vom Eisenbahnbundesamt liegt für die Planung vor und wir bekommen von der BIH plötzlich keine Knüppel, sondern ganze Bäume zwischen die Beine geworfen", ereiferte sich Kurt Plathe. Für ihn stellt sich die Frage, wohin man den sonst so eine Anlage hinstellen möchte, wenn nicht in ein bereits bestehendes Gewerbegebiet. Er wiederholte, dass am geplanten Terminal nur Halbzüge einfahren werden, die ein zusätzliches Mehraufkommen von rund 600 Fahrten pro Jahr nach sich ziehen.

Den Gegnern des KVT riet er, mal nachzufragen, wer denn die Besteller der Waren sind, die von den Seehäfen her in Horb umgeladen sind. "Vieles geht hier in die heimische Produktion", gab er selbst die Antwort und regte an, dass die vielen Gegner zu ihren Arbeitgebern gehen sollten um sie zu bitten, in China zu produzieren. In Richtung der Naturschützer sagte er: "Wir würden hier große Mengen an CO2 senken – ob das eine Feldlerche auch kann, das möchte ich bezweifeln." Auch zu der von der BIH angeprangerten Lärmbelastung hatte Plathe ein Gegenargument. "Wir arbeiten beim Be- und Entladen mit einem sogenannten Softlanding-System, dass die Container mit maximal 69 Dezibel absetzt. "Zudem kann man über einen Lärmschutzwall die Schallwellen Richtung Altheim abmindern", so ein weiterer Vorschlag der Investoren, die um ihr KVT auf dem Heiligenfeld kämpfen wollen.

Zusammengefasst stellten sie fest, dass sie pro Woche bis zu drei Halbzüge, mit einer Länge von 350 bis 400 Meter abfertigen wollen. Und dies in einem Zeitfenster von Frühmorgens bis zum späten Nachmittag. Also während der normalen Arbeitszeit tagsüber und das Ganze im Einschichtbetrieb. Das Gelände würde im Besitz der Stadt Horb bleiben und die zukünftige Betreibergesellschaft wird öffentlich ausgeschrieben, so eine weitere Info. Die auf dem Gelände geplante Halle – Richtung Leuco – soll als Ort für Kommissionierung und Reparatur genutzt werden und die Züge sollen mit modernsten Gabelstaplern be- und entladen werden. Stadträtin Kristina Sauter, die später auch beim Gespräch mit der BIH mit dabei war, fragte explizit nach, ob eine zukünftige Erweiterung des KVTs über die jetzt beantragte und vom Gemeinderat genehmigte Gleisverlängerung hinaus, geplant sei. Dies wurde von allen Beteiligten verneint. Der Grünen-Vorsitzende des Kreises Freudenstadt, Winfried Asprion, bekräftigte, dass eine solche Erweiterung auch für seine Partei nicht in Frage käme.

Sorge um Feldwege und Erholungsgebiete

Der Bitte von Kurt Plathe, man möge die Kirche doch im Dorf lassen, kamen die Vertreter der BIH später jedoch nicht nach. BI-Sprecherin Uschi Becht gab sich kämpferisch indem sie betonte: "Wir haben kein Vertrauen mehr in die Info-Politik der Stadt – Jetzt muss was passieren." Mirjam Geiszbühl erinnerte in diesem Zusammenhang an die vielen Anfragen – auch von ihrer Mutter – an die kommunalen Gremien und bis hin zum Bundestagsabgeordneten Fuchtel, auf die sie scheinbar nie eine Antwort erhielten. Das baute in der Familie Geiszbühl ordentlich Frust auf. Die junge Frau stellte fest: "Wir können jetzt nicht weitere Naturtrassen zerschneiden, um ein KVT im Heiligenfeld zu bauen" und ergänzte: "Wir möchten auch keine Gleisschotteraufbereitungsanlage im Industriegebiet haben. Im Gegenteil: Wir wollen weiter das Landleben genießen." Ihre Befürchtung ist, dass Feldwege und Naherholungsgebiete zerstört werden.

"Ich kann vieles von ihren Gefühlen und Argumenten nachvollziehen und ich habe grundsätzlich viel für BIs, die sich mit Landschaftsschutz beschäftigen, übrig" sagte Kristina Sauter. "Doch die Waagschale neigt sich ganz klar in Richtung dem Umweltaspekt Güter von der Straße auf die Schiene", stellte sie fest.

Für sie ist auch klar, dass Altheim am meisten betroffen ist und unbedingt eine Verkehrsentlastung bekommen sollte. BI-Mitglied Wolfgang Lohrberg ging das alles nicht weit genug. Er zeichnete eine Horrorszenario, dass dann schon nicht mehr ernst zu nehmen war. Wenn alles so kommen würde, wie er aus eigener Erfahrung beim Besuch eines bestehende KVT in der Nähe von Ulm gesehen hat, dann müsste man vorher das halbe Gewerbegebiet um Leuco, Fischer und Lauffer plattmachen, um Platz für diese Dimensionen zu haben, die Lohrberg befürchtet.

Vielleicht kann das Gespräch zwischen der BIH und Kurt Plathe, dass für den 27. Oktober terminiert ist, etwas mehr Licht in das Wirrwarr aus Zahlen, Fakten und Gerüchten bringen. Eine wichtige Voraussetzung wäre jedoch, dass man die Gegenseite ausreden lässt, auch mal etwas glaubt, zuhört, nachdenkt und nicht immer gleich dem anderen ins Wort fällt.

Der Bundestagsabgeordnete versucht zwar, sich in die Diskussion einzubringen, wurde aber meist im wahrsten Sinne des Wortes "überstimmt".