Die Bantleon-Brüder erwecken den Luziferturm wieder zum Leben: Markus (links) ist gelernter Restaurantfachmann, sein Bruder Sven gelernter Koch. Foto: Hopp

Brüder Bantleon haben "Hexengefängnis" gekauft. Eröffnung am 22. September. Cocktails aus dem 19. Jahrhundert.

Horb - Knapp 750 Jahre alt ist der Luziferturm. Jetzt entsteht dort wieder eine Gastronomie. Nicht nur Kultur- und Museumsvereins-Chef Joachim Lipp drückt den neuen Eigentümern die Daumen, dass das teuflisch gut wird.

Markus Bantleon und sein Bruder Sven sitzen im Luziferturm. Sie haben ihn Anfang des Jahre gekauft. Denn: Ab 22. September soll der Luziferturm zum neuen In-Treff werden. Die Bantleons sind Gastro-Profis. Markus ist gelernter Restaurantfachmann, sein Bruder Sven gelernter Koch. Sie haben schon so ziemlich alles durch: Lehre im familiengeführten, kleinen Hotel. Markus Bantleon erzählt: "Ich wollte alles von der Pieke lernen." Er hat schon verschiedene Restaurants geführt, dann sogar einen Abstecher in die Systemgastronomie gemacht. "Das war ein interessanter Ausflug als Gebietsmanager in die Welt von Subway. Danach habe ich noch Marketing studiert."

Und jetzt den Luziferturm? Wie kam er auf die Idee: "Die Location ist oberaffengeil. Ich bin immer noch baff, das solch ein historischer Schatz in Privatbesitz ist. Und jetzt in unserem." Doch ist denn das überhaupt gut, dass der Turm nicht in städtischen Händen ist? Joachim Lipp, der Vorsitzende des Horber Kultur- und Museumsvereins, sagt dazu: "Wenn der Luziferturm und zum Beispiel auch das Gaistor und das Wassertor nicht in Privatbesitz gewesen wären, dann würde es diese historischen Bauwerke wohl gar nicht mehr geben. Deshalb können wir froh sein, dass Privatleute für die Existenz gesorgt haben." Deswegen findet es Lipp gut, dass im Luziferturm wieder Leben einzieht. "Das ist eindeutig besser, als wenn er weiterhin leer steht und nach und nach verfällt." Kaputt machen könne man eigentlich nichts mehr: "Das war schon beim damaligen gastronomischen Betrieb passiert. Da wurde die Ruebkammer zerstört, das Hexengefängnis mit Bohlenbeschlag und Durchreiche für die Versorgung wurde vollkommen entfernt."

Doch ehe das ganze so ist, wie es sich die Bantleons es vorstellen, ist es immer noch ein mühsamer Weg. Der künftige Koch berichtet: "Die Küche ist neu. Die Elektrik und die Kühltechnik. Jetzt haben wir bei den verputzten Wänden die Steine freigelegt. Und jetzt müssen wir noch den Mörtel zwischen den Steinen erneuern! Genau deshalb haben wir den Eröffnungstermin möglichst weit nach hinten gelegt."

Die Ritter-Helme und Fahnen, die sowieso keine echten und historischen Gegenstände waren, sind raus. Markus: "Wir wollen nicht zu sehr auf die Ritter-Schiene setzen, es insgesamt optisch nicht übertreiben."

So ist beispielsweise eins der Löcher in der Wand einfach weiß verputzt, eine runde Scheibe in der Mitte, darauf ist eine Lampe gerichtet. Schlichte Lichtführung, um den Uralt-Charakter der Steine zu betonen.

Und diese Konzentration auf das Wesentliche – das zieht sich durch das komplette Konzept der beiden Brüder: Eine Karte mit fünf Standard-Hauptgerichten. Schnitzel und Burger beispielsweise. Sven Bantleon sagt: "Wir haben Kontakt zu einem Viehzüchter am Bodensee, der uns Fleisch vom Wagyu-Rind liefert. Wir werden auch in den ersten Monaten mal testen, wie Krokodil- oder Känguru-Fleisch hier in Horb ankommen. Natürlich gibt es dazu auch Salate und vegetarische Gerichte. Am Wochenende wollen wir Events wie Weinproben mit vier bis fünf Gänge-Menus machen."

Auch in der Pipeline: besondere Cocktails. Markus: "Wir sind dabei, Cocktails nach der Original-Rezeptur aus dem 19. Jahrhundert zu kreieren. Da wollen wir aber nichts über das Knie brechen – die gibt es erst dann, wenn wir die Rezeptur für den ›Wow-Geschmack‹ haben."

Die Soßen und Essenzen für ihr Essen werden selbst entwickelt und hergestellt. Markus Bantleon: "Die werden wir dann in einem Regal auch zum Kaufen anbieten."

Und warum wird gerade am Samstag, 22. September aufgemacht? Markus Bantleon erklärt: "Das ist das Wochenende vor der Neckarwoche. Wir hoffen natürlich, dass die ersten Neugierigen dann ihre Geschäfts- und Gesprächspartner in den Luziferturm bringen."

Info: Luziferturm

Der Luziferturm wurde als Stadttor erstmals 1273 genannt. Er diente als Hexengefängnis. Von West nach Ost führend gewährte das 1273 genannte innere Ihlinger Tor Einlass in die von einer nahezu rechteckigen Stadtmauer umschlossene Horber Altstadt, weshalb dieses Stadttor dem Morgenstern zufolge auch Luziferturm genannt wurde. Im zweiten Stockwerk des Torturmes diente hinter der kleinen Fensteröffnung links von der oberen Schießscharte die aus Holzbohlenwänden gezimmerte "Ruebkammer" als Hexengefängnis. Hier mussten am Beginn der Neuzeit viele unschuldige Opfer dieses Massenwahnes zwischen den "gütlichen und peinlichen" Verhören auf den Folterknecht oder nach gesprochenem Urteil auf den Scharfrichter harren. Heute ist der Aufenthalt dort wesentlich angenehmer, nachdem im Torturm in den achtziger Jahren erstmals eine Gaststätte eingerichtet worden ist, was nun wieder aktuell der Fall ist.

Quelle: Joachim Lipp