Horn-Talheim - Wird der von Hand gesicherte Bahnübergang zwischen Horb und Talheim Thema im Landtag? Das will Alterspräsident Heinrich Kuhn (AfD) erreichen, wie er bei einer Besichtigung vor Ort erklärte.

Gemeinderat Hermann Walz (ULH) hatte Kuhn – Alterspräsident des baden-württembergischen Landtags – nach Talheim eingeladen. Nach dem Besuch in der Flüchtlingsunterkunft (wir berichteten) folgte ein Besuch des per Hand gesicherten Bahnübergangs nahe Talheim, der seit einiger Zeit Schlagzeilen macht.

Walz: "Ich denke, es macht Sinn, über das Land Druck auf die Bahn zu machen. Mich fuchst dabei: Landtagsabgeordnete vor der Wahl waren jede Menge hier. Jetzt, wo es drauf ankommt, setzt sich keiner für die Interessen von uns ein." Dabei sei die Sicherheit der Bürger ein Thema, das jeden Politiker – egal welcher politischen Couleur – angehe. 

Am 14. September 2015 war eine Regionalstadtbahn der AVG mit einem Lkw mit Hänger an diesem Bahnübergang zusammengestoßen. Die dortige Ampelanlage war dabei völlig zerstört worden.

Zuerst hatten Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes die Gleise mit Flatterband gesichert – jedes Mal, wenn ein Zug kam. Inzwischen sind mobile Ampeln aufgestellt. Die werden per Hand auf Rot geschaltet. Ein System, das nicht ohne Risiko ist: Anfang April wäre ein Autofahrer fast vom Zug erfasst worden, weil der Streckenposten vor Ort nicht über einen ankommenden Zug informiert worden war – und entsprechend die Ampel nicht eingeschaltet hatte.

Walz hatte schon mit Landesverkehrsminister Winfried Hermann über den Bahnübergang zwischen Horb und Talheim gesprochen. Jetzt erklärt der Gemeinderat dem Landtagspolitiker Kuhn, dass im Jahr 2018 eine Brücke gebaut werden soll, die den Bahnübergang überspannt. Besonders kurios, so Walz: "Da hinten am weißen Gebäude, da ist ein Feldweg. Dort gibt es einen beschrankten Bahnübergang. Die Bahn behauptet, hier sei so etwas nicht möglich. Dabei ist doch die Bahn dafür verantwortlich, dass eine Schrankenanlage zugelassen wird."

Eine Aussage, die Brisanz birgt. Denn das Verkehrsunternehmen hatte gegenüber unserer Zeitung zwar vor einiger Zeit erklärt, dass eine komplett neue Sicherungsanlage nicht machbar sei: Planung und Umsetzung einer solchen Baumaßnahme würden Jahre dauern – und angesichts der Tatsache, dass 2018 eine Brücke kommen soll, werde wohl auch niemand eine solche Maßnahme finanzieren. Eine fest installierte Schranke falle somit also flach.

Allerdings haben jüngste Recherchen unserer Zeitung ergeben, dass es technisch möglich ist, zumindest mittels mobiler Anlagen Bahnübergänge mit Schranken und Ampeln zu sichern – Anlagen, die im Notfall (also wenn der Handbetrieb versagen sollte) automatisch und ohne Zutun des Streckenpostens funktionieren und den Bahnübergang schließen.

Der Haken: Diese Anlagen sind zwar in der Schweiz, nicht jedoch in Deutschland zugelassen. Pikant daran: Mobile Anlagen dieser Art könnte die Deutsche Bahn laut Eisenbahn-Bundesamt selbst genehmigen (wir berichteten).

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist Gemeinderat Hermann Walz deshalb froh, dass der Landtags-Alterspräsident gekommen ist. Kuhn erinnert sich an die Kurve. "Hier bin ich immer als Kind lang, wenn wir vom Bodensee nach Altensteig gefahren sind." Dann sagt er Walz seine Unterstützung zu: "Ich verstehe vieles nicht. Das muss hier unbedingt gemacht werden. Jetzt, wo ich hier stehe, bin ich erstaunt, wie viel Autoverkehr hier vorbeikommt."

Der AfD-Politiker kritisiert die Lösung der Bahn, mit Hilfe von Mitarbeitern den Bahnübergang ohne Schranken zu sichern: "Das empfinde ich schon als unverantwortlich. Vermutlich ist es so, dass die Haftpflichtversicherung des Lkw-Fahrers, der für den Unfall verantwortlich ist, diese Lösung zahlt. Das ist das Traurige an dem Spiel." 

Kuhn sagte Gemeinderat Hermann Walz deshalb zu, dass Thema jetzt in den Landtag einzubringen. Der Alterspräsident: "Meine erste Idee ist, zu prüfen, ob eine kleine Anfrage möglich ist."

Ob allerdings der Landtag die Bahn zu einer besseren Sicherung des Talheimer Bahnübergangs bewegen kann, ist unklar. Denn, wie unlängst das Eisenbahn-Bundesamt erklärte: Von der Bahn fordern könne man nur, "was der gesetzlich gesteckte Rahmen vorsieht". Ein gesetzlicher Rahmen indes, den das Verkehrsunternehmen mit der Postensicherung durchaus einhält. Und ein gesetzlicher Rahmen, der auf Bundesebene festgelegt wird – und auf den der Landtag somit wohl zumindest keinen direkten Einfluss haben dürfte.

Kommentar: Nötiger Protest

Von Ralf Klormann

Es ist eine Aussicht, die hoffen lässt: Wenn es nach dem Willen des AfD-Landtagsabgeordneten und Alterspräsidenten Heinrich Kuhn geht, wird sich nun auch der Landtag mit der Absicherung des Bahnübergangs bei Talheim befassen – und möglicherweise die Deutsche Bahn dazu anhalten, die Verkehrsituation an dieser Kreuzung sicherer zu machen. Was zunächst gut klingt, gibt allerdings noch keinen Grund zur Euphorie. Denn klar ist: Die Bahn bewegt sich mit ihrer Sicherung per Hand im Rahmen eines Bundesgesetzes, das der Landtag nicht ändern kann. Wäre ein Protest Baden-Württembergs also nutzlos? Nicht unbedingt. Ein Aufbegehren des Landes würde Druck auf die Bahn ausüben – und dann vielleicht sogar Gehör im Bundestag finden, wo das Problem endlich an der Wurzel gepackt werden könnte. Vielleicht geht ja doch noch was.