Heimateschichte: Statthalter und "Hexer", Teil 2: Hohenberger Hexenverfolgung trifft einen vermögenden Nordstetter

Horb. Christoph Wendler von Pregenroth besaß ein beachtliches Vermögen. Dieses setzte sich zunächst aus dem Erbe seines Vaters und vor allem aus den Heiratsgütern seiner drei Ehefrauen zusammen, sodass er seinem stets geldbedürftigen Landesherrn Erzherzog Ferdinand II. oder der Stadt Rottenburg beträchtliche Kapitalien verleihen konnte. Aber auch auf andere Weise verstand er es, seine Vermögenswerte rentabel anzulegen.

Um seine Stellung innerhalb des Adels zu festigen, hoffte Wendler auf die Belehnung mit einem österreichischen Herrschaftsgebiet. Die Gelegenheit dazu bot sich 1593 mit dem Tod des Konrad von Habsberg, der als Inhaber des Mannlehens Isenburg ohne männliche Nachkommen geblieben war und eine Witwe samt immensen Schulden hinterlassen hatte. Nach dem Ableben des letzten Habsbergers zog Erzherzog Ferdinand II. die Herrschaft Isenburg als heimgefallenes Mannlehen ein und überließ es ein Jahr darauf seinem illegitimen Sohn Markgraf Karl von Burgau.

Grafschaft Hohenberg lag inmitten der reformierten Territorien

Vom dem in Günzburg residierenden Markgrafen erhielt Wendler 1597 für 3000 Gulden die Herrschaft Isenburg samt allen obrigkeitlichen Rechten und Gerechtigkeiten als Afterlehen. Ein Jahr zuvor hatte Wendler nach strittigen Kaufverhandlungen und Auseinandersetzungen mit den Gläubigern die habsbergischen Eigengüter, zu denen auch das neue Nordstetter Renaissanceschloss gehörte, erworben. Bei diesem Kauf soll Wendler der verwitweten Ursula von Bernhausen merklichen Schaden zugefügt haben.

Im Streben nach persönlichen Erfolgen verlor der Statthalter Christoph Wendler von Pregenroth, der das uneingeschränkte Vertrauen seines Landeshauptmanns Karl II. von Hohenzollern-Sigmaringen genoss, jegliches Maß, und seine Geltungssucht kannte mit der Zeit keine Grenzen mehr. Er zog sich die persönliche Feindschaft der drei wichtigsten hohenbergischen Mitbeamten zu, nachdem er sich aufgrund seiner Entscheidungen mit dem Marschall Lorenz Haug, dem Hof- und Gegenschreiber Andreas Precht sowie dem Landschreiber Jakob Hornsteiner überworfen hatte. Lediglich Hornsteiners Amtsvorgänger Georg Walch, der wegen einiger "fürgebrachter Amtsmengel" vom Wohlwollen Wendlers abhängig war, erwies sich als willfähriger Helfer des Statthalters.

Die Grafschaft Hohenberg lag als vom Rest der habsburgischen Herrschaft abgeschlossenes Gebiet, umgeben von reformierten Territorien. Sie bildete einen der oberösterreichischen Regierung direkt unterstellten Bezirk, der vom Innsbrucker Behördenapparat verwaltet wurde. Anders als die anderen Territorien von Schwäbisch-Österreich lag Hohenberg in Enklavenlage zu Württemberg, was dazu führte, dass Innsbruck nur über Geschehnisse informiert wurde, welche von Seiten Hohenbergs kommuniziert wurden.

Generell scheint in Innsbruck die Kenntnis der Verhältnisse in Schwäbisch-Österreich nicht allzu umfassend gewesen zu sein. Neben der Tätigkeit als Regierung war das Innsbrucker Regiment auch Verwaltungsorgan, Gerichtshof und zuständig für Lehensangelegenheiten. Der Statthalter sorgte als Vertreter des Erzherzogs sowohl für die Umsetzung von dessen Anweisungen als auch für die Umsetzung der Anweisungen des Regiments und der Kammer. Allerdings agierten die Obervögte in den Städten Horb, Oberndorf und Fridingen meist unabhängig von ihm und wandten sich direkt an Innsbruck. Für den Hauptort Rottenburg war der Hohenberger Landeshauptmann und damit der Statthalter selbst zuständig.

Während in anderen Teilen von Schwäbisch-Österreich die Stadträte als Eliten vom Verfolgungsinteresse der Bevölkerung weiter entfernt waren und daher in Hexenprozessen als zurückhaltende Richter agierten, übten die Stadträte in Hohenberg einen starken Einfluss auf eine verhängnisvolle Strafrechtspflege aus. Die Hexenprozesse kontrollierten als treibende Kraft Ratsherren, die die Verfolgungswünsche der Bürger und der Bauern unkritisch akzeptierten. Dabei blieb die Landesherrschaft zunächst vom Prozessgeschehen weitgehend ausgeschlossen.

Die Ratsmitglieder fungierten in der Grafschaft Hohenberg auch als Stadtgericht. Nach der Landesordnung von 1541 mussten sie bei Malefizprozessen über Verhaftungen informiert werden. Darüber hinaus konnte bei diesen Prozessen der anklagende Schultheiß nicht als Stabhalter agieren, weswegen das älteste Mitglied des aus dem Stadtrat gewählten Richterkollegiums diese Aufgabe übernahm. Die Stadträte waren nicht nur in die Urteilsfindung, sondern auch als Verhörrichter stark in den Ablauf des Prozesses eingebunden. Damit besaßen sie eine ungewöhnlich große Bedeutung bei den Hochgerichtsverfahren, und das, obwohl die Ratsherren mit Richterfunktion über keine speziellen Kenntnisse in administrativen oder juristischen Angelegenheiten verfügten. Eine weitere Besonderheit der Hohenberger Hexenprozesse war, dass die meist unter der Folter erzwungenen Geständnisse in aller Öffentlichkeit verlesen wurden, was von den Beamten der Landesherrschaft nicht erwünscht war.

Der Fall der Agatha von Sontheim, einer Großtante von Jakob von Ehingen dem Jüngeren, die aufgrund ihres unsozialen Verhaltens und ihres ungewöhnlichen Lebenswandels als verheiratete, aber allein lebende Frau 1590 von den Bauern der Dörfer Obernau und Wendelsheim der Hexerei bezichtigt und von ihrem Wohnsitz in Nellingsheim nach Rottenburg ins Gefängnis überführt wurde, belegt die beherrschende Stellung des Statthalters Christoph Wendler von Pregenroth.

Er manipulierte die Landesherrschaft fast nach Belieben, versicherte sich durch seine Informationsvormacht der Hilfe des Erzherzogs und wagte die Konfrontation mit der teils empörten Reichsritterschaft. Einerseits hatte der Statthalter den Hexereibezichtigungen der Bauern nachgegeben und ihnen freie Hand gelassen, andererseits hielt er sich an die prozesshemmenden Richtlinien Innsbrucks und führte den Prozess nicht weiter. Die vier Jahre später erfolgte Freilassung der Agatha von Sontheim unterminierte Wendlers Vertrauens- und Machtposition, zumal er zunächst als Sachwalter des örtlichen Verfolgungsbegehrens aufgetreten war.

Statthalter ließ sich schmieren "wie ein Stifl balg"

Mit der in Aussicht gestellten Rekatholisierung Nellingsheims, das Agatha schließlich dem Erzherzog als Pfand für die Freilassung ohne Auslieferung an ihre Familie angeboten hatte, legte Statthalter Wendler einen für Innsbruck wohlgefälligen gegenreformatorischen Eifer an den Tag. Andererseits unterhielt er zahlreiche Beziehungen zu evangelischen Adligen der Umgebung. So ließ sich Wendler alle Eigenwilligkeiten und Anmaßungen seines ehemaligen Schwagers Jakob von Ehingen gefallen, der unter anderem ein Verbot der Kreuz- und Kirchfahrten von Börstingen nach Sulzau und von Obernau nach Nellingsheim erlassen hatte.

Während eines Aufenthalts bei seiner Schwester Margarete auf dem Schadenweiler Hof konnte sich der Ehinger der vom Erzherzog befohlenen Gefangennahme entziehen, weil er von Wendler gewarnt worden war. Auch den lutherischen Freiherren Heinrich von Stein im benachbarten Bühl begünstigte der Statthalter und half ihm bei Grenzstreitigkeiten mit den Einwohnern von Kiebingen.

Wendlers Unterstützung und Hilfestellung dürften nicht ganz uneigennützig gewesen sein. Zugunsten eines für ihn vorteilhaften Ausgleichs gab er gegenüber dem benachbarten reichsritterschaftlichen Adel habsburgische Rechte ebenso wie die gegenreformatorische Linie des Innsbrucker Regiments preis. Desgleichen war seine Haltung gegenüber der Stadt Rottenburg uneinheitlich. Einerseits gab er sich sehr nachlässig bei den Abrechnungen über herrschaftliche Einkommen und Gefälle, andererseits griff er in die Rechte der Stadt ein. Wendlers Entscheidungen standen fast ausschließlich im Dienst seines Eigeninteresses und waren einfach Ergebnisse von Bestechung.

Von dem korrupten Statthalter hieß es, er lasse sich schmieren "wie ein Stifl balg". In der Grafschaft Hohenberg war allgemein bekannt, dass bei Wendler nur Recht behielt, wer zuvor bei einer Privataudienz in seiner Wohnung im Rottenburger Schloss Geschenke abgegeben hatte. Neben umfangreichen Bestechungspraktiken bereicherte sich der Statthalter, indem er die fortwährend auftretende Münzverschlechterung ausnützte. Bei der Vergabe von Krediten verlangte er nicht nur überhöhte Zinsen, sondern gab rauhe Währung aus und verlangte gute Währung zurück.

Wendler erhöhte in seinen Lehengütern die Fronleistungen und führte neue Abgaben ein. Seinen Nordstetter Untertanen legte er beim Umgeld und den Hauptfällen weitere ungerechtfertigte Belastungen auf und verlangte von jedem "Ehegemächt" die Bezahlung einer Scheibe Salz, die die Herren von Habsberg zuvor nicht erhoben hatten. Unter den Habsbergern war das Bauholz für die Nordstetter kostenlos, während Wendler dafür einen hohen Preis verlangte. Darüber hinaus führte er in der Herrschaft Isenburg gewisse Frondienste neu ein.

Das Amt des Landeshauptmanns der Grafschaft Hohenberg war von 1488 bis 1606 in Erbpacht an die Grafen von Zollern vergeben, die in der Regel einen Statthalter ernannten. Christoph Wendler von Pregenroth genoss als Statthalter das uneingeschränkte Vertrauen des Landeshauptmanns Karl II. von Hohenzollern-Sigmaringen.