Rottweilerin berichtet von großem Erfolg bei Populationskontrolle. Städte sollten früher reagieren.

Horb - Die Zahl der Tauben, die in Horb tot aufgefunden werden, steigt weiter. Eine Sektion soll zeigen, woran sie gestorben sind. Dass es überhaupt nicht so weit kommen muss, dass Tiere wegen der schlechten Lebensumstände verenden, das zeigt das Beispiel aus Rottweil.

Die Serie der toten Tauben, die in der Horber Innenstadt und inzwischen auch in Nordstetten aufgefunden werden, reißt nicht ab: Fast 30 tote Vögel sind es bisher, wie Jacqueline Dießner vom Tierschutzverein berichtet. Woran sie gestorben sind, das soll nun eine Untersuchung ergeben. Die Horber Tierschützer hatten dafür zwei der Vögel ans Veterinär- und Verbraucherschutzamt des Landkreises übergeben.

Tierschützer halten Erkrankung für möglich

Dieses bestätigt, dass die Tiere am Mittwoch "an das Chemische- und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe zur Sektion und Diagnostik" eingesendet werden sollten. "Das Ziel ist, die Todesursache zu ermitteln und eine Tierseuche zur Sicherheit auszuschließen", teilt die Behörde über Sabine Eisele, die Pressesprecherin des Landkreises Freudenstadt, mit.

Zum Fall der toten Tiere meinen die Experten des Veterinäramts: "Es handelt sich aufgrund der Anzahl an erkrankten Tauben nach unserer ersten Vermutung um eine akute Erkrankung aufgrund einer Futterquelle mit verdorbenem/verunreinigtem Futter, eine bakterielle Erkrankung mit Parasitenbeteiligung oder auch um eine Vergiftung." Mit Blick auf Tierseuchen wie die Vogelgrippe, das West-Nil-Virus oder das Usutu-Virus bestehe derzeit kein erhärteter Verdacht. "Tauben können zwar erkranken, sind aber für die oben genannten Krankheiten in erster Linie keine geeignete Indikatortierart."

Die Horber Tierschützer halten ebenfalls eine Erkrankung für möglich. Ursache könnten aus ihrer Sicht ungeeignetes Futter und die nicht vorhandene Geburtenkontrolle sein. Nach Meinung der Tierschützer fehlt es in Horb an einem aktiven Taubenmanagement.

Verein in Rottweil zeigt wie es geht

Das dies anderswo funktioniert, zeigt die Arbeit des Vereins "Unsere Rottweiler Stadttauben". Arzu Paj ist in der ältesten Stadt Baden-Württembergs die Ansprechpartnerin, wenn es um Tauben geht. Dabei ist die Friseurmeisterin mit Salon in der Innenstadt zu dem Thema gekommen wie die Jungfrau zum Kinde: Ein Lehrling habe ein Küken gefunden, sie sei damit zum Tierarzt und der habe ihr gesagt: "Herzlichen Glückwunsch, das dürfen Sie jetzt großziehen!"

Arzu Paj tat’s, musste dann aber feststellen, dass ihr die erwachsene Taube niemand abnehmen wollte. Und plötzlich, sagt sie, sei es ihr gegangen wie einer Schwangeren, die mit einem Mal überall andere Schwangere erblickt. Wo auch immer Paj hinschaute, sah sie verwilderte Stadttauben. Und handelte.

Die Rottweilerin recherchierte und stieß auf das Augsburger Stadttaubenkonzept. Sie kam zu der Erkenntnis: "Das ist die einzige Möglichkeit, die Sache in die Hand zu nehmen." Denn wenn die Vögel von einem Ort mittels Netzen oder Stacheln verjagt werden, dann lassen sie sich einfach an anderer Stelle nieder. In Augsburg gibt es stattdessen feste Unterkünfte, wo die Tiere angesiedelt und versorgt werden. Zudem werden ihre Eier gegen künstliche ausgetauscht. So wird die Vermehrung gestoppt.

450-Euro-Kräfte übernehmen Arbeit

Genau dieses Modell hat Arzu Paj in Rottweil etabliert und den Taubenschutzverein gegründet. Inzwischen gibt es dort einen Taubenturm und drei große -schläge auf Dachböden, dazu kommt eine Volière für behinderte Tauben und eine Krankenstation. "Wir haben einen Riesenerfolg", erzählt Paj.

In Rottweil seien verletzte sowie falsch- und unterernährte Vögel praktisch aus dem Stadtbild verschwunden. 80 Prozent ihrer Zeit verbringen sie nämlich in den Schlägen. Stadttauben, sagt Arzu Paj, sind verwilderte Haustiere. So überzüchtet, dass sie möglichste viele Eier legen, und dann sich selbst überlassen. Das Problem mit den Tauben sei also hausgemacht. "Der Mensch hat es verursacht, der Mensch muss es richten." Allerdings hat sie schon festgestellt, dass Tauben keine Lobby haben. Für süße Hunde engagiere oder spende man gerne, Mitstreiter im Taubenbschutz seien dagegen noch rarer als Ehrenamtliche in Vereinen dies ohnehin schon sind.

450-Euro-Kräfte übernehmen in Rottweil deshalb die Arbeit. Einen Teil davon zahlt die Stadt, einen großen sie, sagt Paj. Die Helfer sind jeden Tag zwischen acht und zwölf Uhr unterwegs, um die Taubenschläge zu reinigen, die Vögel zu füttern und die Eier auszutauschen - so wird die Vermehrung tierschutzgerecht gestoppt. Inzwischen gebe es in Rottweil jeden Monat durchschnittlich 380 Taubenküken weniger als ohne die Arbeit des Vereins.

Es Rottweil gleichzutun, "das kann ich nur jeder Stadt empfehlen", sagt Arzu Paj. "Die Städte müssen viel schneller reagieren."

Menschen sind in Verantwortung

Dass das mysteriöse Taubensterben zumindest diese positive Folge haben könnte, wäre ganz im Sinne der Horber Tierschützer. Sollte die Ursache dafür wirklich eine Krankheit sein, dann muss aus Sicht von Jacqueline Dießner etwas passieren. Auch sie sieht den Menschen in der Verantwortung für die missliche Lage der Vögel. Ein Taubenmanagement könnte die Lösung sein. Zwei Personen aus dem Verein seien bereit, sich dafür zu engagieren, weitere Ehrenamtliche wären dann aber noch nötig.

Derzeit allerdings sind die Tierschützer damit beschäftigt, mehrmals täglich nach weiteren geschwächten Tauben Ausschau zu halten und sie zu pflegen. "Die können auch nicht selber fressen", erzählt Dießner, weshalb sie über eine Sonde ernährt werden. "In der Hoffnung, man kann noch die ein odere andere retten."

Mehr Infos unter rottweiler-stadttauben.de