Kreidler stirbt im Alter von 88 Jahren an einem Herzleiden. Beliebte Persönlichkeit.
Horb - Er war Visionär, Architekt aus Leidenschaft und tief im katholischen Glauben verwurzelt: Mit Willy Kreidler ist ein großer Sohn der Stadt Horb am Montag im Alter von 88 Jahren an einem Herzleiden verstorben.
Noch bis vor wenigen Monaten sah man ihn durch Horb gehen – ausgestattet mit seiner Baskenmütze und seinem wachen Blick. Auch wenn sein Gang nicht mehr so leicht war wie in früheren Jahren, sein Geist hatte nach wie vor reges Interesse am Leben in der Stadt. Seiner Stadt.
Diese hat er geprägt wie kaum ein anderer – immer an der Seite mit seiner Frau Olga Kreidler-Knecht, betrieben die beiden doch ein überaus erfolgreiches Architekturbüro. Es herrschte eine klare Rollenverteilung: Sie war die Architektin, er der Unternehmer und Kaufmann.
Geboren wurde Willy Kreidler am 4. August 1928 als zweites von vier Kindern in Wiesenstetten. Kurz vor Kriegsende wurde er zum Kriegsdienst einberufen, bevor eine Lehre als Maurer und Steinmetz begann. Schon früh hatte er ein scharfes Auge auf die Vorgänge um ihn herum: "Mit dem Verschwinden der jüdischen Geschäfte ging es in Horb bergab", sagte er einst.
Am Tag nach der Währungsreform nahm er ein Architektur-Studium an der Staatsbauschule in Stuttgart auf. Die Meisterprüfung absolvierte er per Sondergenehmigung ohne einen Besuch der Meisterschule.
Bereits mit 21 Jahren gründete er ein Baugeschäft in Wiesenstetten. Auch hier zeigte sich schon, dass er wie so oft seiner Zeit voraus war, bot er doch schlüsselfertige Wohnhäuser an. 1954 stieg er in das Architekturbüro seiner späteren Frau Olga Knecht ein. Die Verbindung mündete nicht nur in der Heirat 1959, sondern auch in einem überaus erfolgreichen Geschäft.
Kreidler lockte viele Investoren in die Neckarstraße und die Altstadt, wo fortan kräftig gebaut wurde. Das verschaffte der Stadt einen Aufschwung, beispielsweise durch den Kauf und Abbruch von sieben Gebäuden, wo dann das Parkhaus Kaiser errichtet wurde. Hinzu kam der Erwerb des Stubenschen Schlösschens und die Planung für die Sanierung der Rettenmeierschen Mühle. Auch der Lift zwischen Ober- und Unterstadt geht auf Kreidlers Konto. Zudem lockte er Unternehmen wie riese nach Horb.
Seiner Zeit in vielen Bereichen voraus
Dass er seiner Zeit voraus war, wird auch an einem anderen Beispiel deutlich. So forderte er bereits vor über 20 Jahren den Abriss der alten Gebäude in der Wintergasse und stattdessen ein Parkhaus an der Stelle. Damals wurde er belächelt, heute steht das Parkhaus da.
Zudem wurden zahllose Häuser in und um Horb geplant und gebaut. Hinzu kamen Fabrikhallen oder Hotels und Schulen. Nicht verwirklichen konnte er ein Hotel an der Isenburger Straße oder am Rauschbart, was ihn sehr wurmte.
Doch nicht nur mit privaten oder gewerblichen Bauherren stand er in geschäftlichen Beziehungen, sondern auch mit Stadtverwaltungen, Kirchen oder Klöstern. So renovierte er beispielsweise die Stiftskirche in den Jahren 1956/57.
Das Kreidler’sche Geschäftsmodell fußte nicht auf Gewinnmaximierung, sondern auf gegenseitigem Vertrauen. Dieses Vertrauen schenkten ihm die Banken mit Millionenkrediten – und dieses Vertrauen wurde zurückgezahlt. "Ich helfe Ihnen", hörte man oft aus Kreidlers Mund an seine Kunden und das war keine geschäftliche Floskel.
Den katholischen Glauben lebte er mit Hingabe, hatte er ihm doch in den schweren Kriegs- und Nachkriegsjahren Halt gegeben. Auch Kreidlers Erziehung basierte auf katholischen Werten. Er hätte noch mehr Zeit für leidende Menschen aufbringen sollen, sagte er einmal. Seine Mutter habe da mehr geleistet, da sie immer für Kranke und Sterbende da gewesen sei. Seine drei gesunden Kinder waren neben seiner Ehe für ihn das Größte.
Auch in die städtischen Diskussionen mischte sich Willy Kreidler leidenschaftlich ein. Er war ein Mann, der Prinzipien hatte und diese auch vertrat – sei es bei der Hochbrücke, deren Bau er schon früh vehement forderte oder aktuell beim Einkaufszentrum. Auch hier wird der Stadt eine wichtige Stimme fehlen.
Willy Kreidler war noch im hohen Alter täglich im Architekturbüro anzutreffen – bis vor neun Monaten. Ab diesem Zeitpunkt ließ es sein Leiden nicht mehr zu. Seine Kräfte schwanden und er spürte, dass es dem Ende entgegen ging.
Die Beerdigung ist am Freitag, 23. September, um 15 Uhr auf dem Horber Friedhof. Das Requiem ist am selben Tag um 18.30 Uhr in der Liebfrauenkirche.