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Flüchtlingshelfer: Mühringer Ehrenamtliche helfen Syrern bei schwieriger Wohnungs- und Arbeitssuche.

Horb-Mühringen - Die Flüchtlingshelfer von Mühringen sind nach der überraschenden Ankunft der Flüchtlinge im November in ihre Aufgabe hineingestolpert. Seither hat sich ihre Arbeit mit den Syrern verändert. Sie suchen Jobs und Wohnungen mit ihnen – und merken, dass sie nicht überall gewollt sind.

Gut zehn Flüchtlinge in der Mühringer Unterkunft haben das, worauf sie so lange gewartet haben: die Anerkennung. Es hat sich aber wahrscheinlich nur so angefühlt, als ob der Knoten geplatzt ist. Jetzt geht es weiter mit Anträgen und wird immer komplizierter – die Männer müssen Formulare bei der Bank und beim Jobcenter ausfüllen. Willkommen in Deutschland! "Jetzt beginnt der Ernst des Lebens", sagt Flüchtlingshelfer Wilfried Hiller (62), der bei Bürokratie hilft. Bei den Mühringer Flüchtlingshelfern, eine große Gruppe, packt jeder dort an, wo er helfen kann.

  Wohnungssuche Die größten Herausforderun gen sind, Arbeit und Wohnung zu finden. "Wir müssen umziehen, das wird schwierig", sagt Alaa Eddin Aijabara (30) aus Syrien. Er habe sich Wohnungen in Horb und in Balingen angeschaut, erzählt er. "Syrische Leute? Nein, danke!", hätten ihm die Vermieter geantwortet. Eckard Lacher, Englischlehrer und Flüchtlingshelfer der ersten Stunde, bestätigt das: "Die Wohnungssuche wird schwierig werden." Ortsvorsteherin Monika Fuhl versuche, leer stehende Wohnungen in Mühringen zu finden. Lacher will Ängste bei Vermietern zerstreuen. "Für Leute, die hier sind, können wir quasi die Hand ins Feuer legen, dass sie keine Probleme machen."

  Jobsuche Die Suche nach Jobs braucht viel Unterstützung der Ehrenamtlichen. Alleine kommen die Flüchtlinge da nicht weit. "Mohamed will Fließenleger lernen", sagt Jörg Lölfing (41). Er hat bei zehn Firmen rumtelefoniert, bis er zwei gefunden hatte, die erste positive Signale ausgesendet haben. Manche der jungen Männer suchen nach Ideen, mit denen sie ihr eigenes Business aufziehen können.   Freizeit Jörg Lölfing und Matthias Lölfing-Theurer (36) organisieren Spannendes für die Freizeit der Flüchtlinge: einen Schwimmbadbesuch, eine Billardrunde, oder einen Discobesuch. "Wir haben es in Tübingen und Stuttgart an ungefähr zehn Clubs versucht." Reingekommen sind sie nirgends – sobald die Flüchtlinge ihren Ausweis zeigen mussten, waren die Türsteher abweisend. Sie hätten etwa gesagt, ihre Klamotten seien nicht angebracht. Die Helfer sind enttäuscht, vor den Kopf gestoßen. "Wir haben gedacht, gerade in Tübingen müsste es kappen, das ist so grün", sagt Matthias Lölfing-Theurer.

  Integration Mühringen konnte sich nicht lange auf die Flüchtlinge vorbereiten. "Am Anfang gab es Zurückhaltung und keinen großen Zuspruch von der Bevölkerung", sagt Hans-Günther Nagel (66), der in direkter Nachbarschaft zur Flüchtlingsunterkunft wohnt und das wachsame Auge ist, das auf Sicherheit und Ordnung in der Unterkunft achtet. "Es ist besser geworden." Sportverein und Tischtennisclub sind aufgeschlossen. Lacher sagt, dass er klar Stellung bezieht, wenn sich jemand gegen Flüchtlinge ausspricht. "Die Leute, die hier bei uns sind, haben Respekt verdient." Hiller fügt hinzu, dass Einwanderung immer problematisiert wurde – zuerst bei Italienern, dann bei Türken, bei Russen. "Es ging doch immer weiter. Und es hat uns bereichert, meine ich." Er glaubt, dass die Integration auch dieses Mal funktioniert.

Trotz der Schwierigkeiten sind die Helfer begeistert dabei. "Man kriegt Dank. Nicht nur mit Worten, man winkt sich und freut sich, wenn man sich sieht", sagt Nachbar Nagel. Von der Gastfreundschaft der Syrer sind die Helfer überwältigt. Matthias Lölfing-Theurer sagt: "Man kann gar nicht so schnell gucken, wie man hier Kaffee oder Tee bekommt." Für Lacher ist es immer bewegend, die Geschichten von der Flucht zu hören. "Und trotzdem lachen wir viel", sagt Lacher. Auch die Helfer bekommen was zurück und machen bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit ganz neue Erfahrungen. Lacher freut sich darüber, dass er und sein Dorf durch die neuen Einwohner in Bewegung kommen: "An Silvester habe ich zum ersten Mal im Leben einen syrischen Tanz auf der Straße aufgeführt."