Der Nabu-Vorsitzende Lambert Straub (Zweiter von rechts) mit seinem Team: Helmut Grube, Ute Grube, Karl-Heinz Müller, Ralf Dreiling und Gründungsmitglied Volkmar Rieber. Foto: Müssigmann

Insektensterben eine der Hauptsorgen. Kugler Hang ist ganzer Stolz des Vereins.

Horb - 1968 war Naturschutz "in", viele Jugendliche engagierten sich in den ersten Vereinsjahren im Nabu Horb. Im Jahr des 50. Jubiläums ist das anders. "Wir ersticken im Müll, aber das interessiert keinen", sagt eines der Mitglieder. Natur schützen und erhalten ist ihr Ziel.

Insektensterben und das Verschwinden seltener Pflanzenarten, Überdüngung und Flächenverbrauch – die Mitglieder des Naturschutzbundes Horb müssen sich im Jubiläumsjahr ihres Vereins Sorgen machen. Mit ihrer Arbeit pflegen sie besondere Wiesen und Feuchtgebiete und erheben ihre Stimme für die Natur, wenn sich keiner um sie schert.

Vereins-Geschichte

1968 wurde der damalige Bürgermeister der Stadt Horb, Karl Haegele, darauf hingewiesen, dass Horb keinen Naturschutzverein hatte. Damals wurde Naturschutz "in". Auf Anregung des Stadtoberhauptes gründete sich wenig später in der Wirtschaft Schillerstube eine Ortsgruppe des Deutschen Bundes für Vogelschutz (DBV) mit dem Vorsitzenden K.H. Meyer und damals schon Volkmar Rieber als stellvertretender Vorsitzender. Nach dem Fall der Mauer wurde aus dem DBV der Naturschutzbund Deutschland wurde.

Über die ersten Jahre sagt Gründungsmitglied Rieber: "Das war ein eher wissenschaftliches Vereinle mit Ausflügen, Führungen und Vorträgen." Als Biologie-Lehrer am Martin-Gerbert-Gymnasium hat er viele seiner Schüler dazu motivieren können, die Ausfahrten, etwa in die Rhein-Auen zur Beobachtung von Nachtigallen, zu begleiten. "Die waren alle voller Begeisterung dabei, das kann man sich heute nur noch erträumen", sagt Rieber. Viele seiner ehemaligen Schüler sind bis heute dabei geblieben, unter anderem der heutige Vorsitzende Lambert Straub.

Landschaftspflege

Mit der Landschaftspflege fing der Nabu erst ein paar Jahre nach der Vereinsgründung an – alles begann mit dem Kugler Hang, dem heutigen ganzen Stolz von Volkmar Rieber und seinen Naturschützern. Nachdem 1974 ein Brand das Gebüsch am Kugler Hang zerstört hatte, sprießten plötzlich seltene Pflanzen, unter anderem wilde Orchideen. Rieber entdeckte die neue Vielfalt: "Ich dacht, ich seh nicht recht." Bei der Stadt konnte er erreichen, dass ein Förster den Hang ein mal ordentlich frei schlägt. "Das war die Zündung für die heutige Vereinsarbeit", sagt Rieber. Denn wenig später übernahm der Nabu die Pflege des 1982 zum Naturschutzgebiet erklärten Steilhanges bis 1986. Inzwischen erledigen Forstazubis die mühsame Arbeit. Der Kugler Hang ist der ganze Stolz des Nabu – und er begeistert auch prominente Gäste. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat nach einem Besuch in Horb im Februar einen Privatbesuch zur Blütezeit am Kugler Hang angekündigt, wie Rieber verriet.

Mit der Zeit sind viele Pflegeaufträge für andere Wiesen und Feuchtgebiete hinzugekommen. Der Nabu Horb pflegt inzwischen um die acht Hektar. Davon gehören knapp drei Hektar dem Verein. Zur Pflege gehören das Mähen, der Busch- und Heckenschnitt und das Zusammenrechen des Heus und Grüngutes. Von den aktuell rund 600 Mitglieder sind bei Arbeitseinsätzen etwa 30 dabei, wie die Aktiven berichten.

Die Wiesen werden nicht gedüngt und selten gemäht, damit ist der Tisch für Insekten das ganze Jahr über gedeckt, auch Vögel finden dort Futter, wie die Mitglieder erklären. Dadurch wollen sie einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten.

Die Gründe für das Engagement der heutigen Mitglieder ist vielfältig. Lambert Straub etwa ist schockiert vom Insektensterben. "Die Wiesen werden heute vier Mal statt zwei Mal gemäht. Da kann gar nichts mehr blühen. Für Insekten ist das ganz, ganz schlecht."

Ralf Dreiling sagt: "Ich komme auf die Wiesen zum Mähen. Ich liebe den Geruch von Heu. Da möchte man reinliegen – das tu ich auch!"

Außerdem unterhält der Nabu Fledermauskeller, richtet Nistplätze für Vögel ein und hilft Amphibien bei ihrer Wanderung zum Laichplatz über die Straßen. Seit 1993 gehört dem Verein das denkmalgeschützte Naturschutzhaus an der Weingasse, das aufwendig in Eigenarbeit entrümpelt und saniert wurde.

Anwälte der Natur

Die Mitglieder des Naturschutzbundes Horb verstehen sich als "Anwälte der Natur", wie Lambert Straub sagt. Wenn Straßen, Industriegebiete, Windparks gebaut werden sollen, erheben er und seine Mitstreiter das Wort für Flora und Fauna. "Sonst ist die Natur immer der Verlierer", sagt Straub. "Man kann als Verein was bewegen, wenn wir der Überzeugung sind, dass die Natur für falsche Zwecke missbraucht wird."

Die Nabu-Mitglieder haben durch ihre Kampagnen mehreren Bauvorhaben mit verhindert – etwa die Umfahrung Bildechingens durch das sogenannte Ried, ein aus Natuschützer-Sicht ein wertvolles Gebiet im Tal von Eutingen her kommend; eine Müllverbrennungsanlage in Horb, 2012/13 den Windpark im Großen Hau bei Rexingen und jüngst die Verfüllung des Steinbruchs in Talheim. Sich in hitzigen Diskussionen klar zu positionieren, bedarf an Kraft und Überzeugung. "Wir sind nicht immer beliebt", sagt Straub. Umso wichtiger sei es, dass der Nabu unabhängig ist – als schuldenfreier Verein mit solider finanzieller Basis und eigenem Vereinshaus in der Weingasse sei man das. "Wir können uns erlauben, was zu sagen, weil wir nicht am Tropf der Stadt hängen", sagt Straub. Es gebe wenige Naturschutzgruppen, die so unabhängig sind wie sie, sagen die Horber.

Weitere Informationen: www.nabu-horb.de