Bleibt der Angeklagte der Verhandlung nochmals fern, könnte ihm auch Gefängnis drohen. (Symbolbild) Foto: © BortN66 – stock.adobe.com

Mann legt Berufung ein und kommt nicht zur Verhandlung. Polizei findet leere Wohnung vor.

Rottweil/Horb - Es geht um eine Flasche Wodka und ein Star-Wars Spielzeug von Lego. Das hatte der Angeklagte im Kaufland eingesteckt. Vor mehr als zwei Jahren.

Deshalb wurde der junge Mann aus der Bahnhofsszene vom Amtsgericht Horb zu einem Monat Freiheitsstrafe verurteilt. Der legte Berufung ein.

23. Juni, 14 Uhr. Das Landgericht Rottweil. Richter Dirk Hornickel, die Staatsanwältin, Pflichtverteidiger Jochen Schedler und der Sachverständige Ralf Kotzian warten auf den Angeklagten Nichts passiert. Schedler geht raus, ruft seinen Mandanten an. Kommt wieder rein, sagt: "Weil mein Mandant keinen Mundschutz hatte, durfte er am Horber Bahnhof nicht in den Zug einsteigen. Jetzt hat er den Mundschutz im Rucksack gefunden. Doch der nächste Zug von Horb Richtung Rottweil fährt erst um 15.15 Uhr."

Richter Hornickel: "Ich ärgere mich ziemlich, dass der Angeklagte nicht gekommen ist. Ich täte mich aber schwer, wegen der Verhältnismäßigkeit einen Haftbefehl zu erlassen."Deshalb setzt er den 6. Juli als neuen Termin an. Allerdings: Der junge Mann soll diesmal von der Polizei vorgeführt werden.

Montag, 14. Uhr. Wieder sind alle im Gericht – nur der Angeklagte nicht. Draußen sitzen schon die Zeugen vom Kaufland. Es wird telefoniert. Ergebnis: Die Polizei war in der Wohnung des Angeklagten, die Tür war auf. Nur der Angeklagte nicht zu finden. Richter Hornickel: "Der Staat soll stark sein. Es ist schon eine ungewöhnliche Situation, wenn der Angeklagte, der in Berufung geht, schon zum zweiten Mal nicht erscheint. Ist es verhältnismäßig, ihn vor diesem Hintergrund in Haft zu nehmen? Er bekommt wahrscheinlich aufgrund einer Suchtproblematik die Dinge nicht auf die Reihe. Das ist ein rechtliches Dilemma, wir wollen dem Angeklagten gerecht werden." Also wird ein dritter Termin verkündet. Montag, 3. August, um 13.30 Uhr. Diesmal gibt es wieder nur einen Brief mit der Ladung.

Ob er diesmal kommt? Gegen 17 Uhr entdeckt ihn der Schwabo-Reporter am Neckarufer an der Dammstraße, ein Bier in der Hand.

Richter Hornikel hofft jetzt auf den Pflichtverteidiger: "Vielleicht können sie mit dem Mann Kontakt aufnehmen. Vielleicht entscheidet er sich, die Berufung zurückzunehmen."

Der dritte Versuch bleibt also spannend. Nicht das es dann wieder für alle Beteiligten heißt: Außer Spesen nichts gewesen.