Von dem 1739 abgebrochenen Renaissanceschloss, in dem Christoph Wendler von Pregenroth mit seiner dritten Ehefrau Anna Lutz von Lutzenhartt und den sieben Kindern die letzten Monate seines Lebens verbrachte, hat sich nur der tonnengewölbte Keller erhalten. Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Statthalter und "Hexer" Teil 4: Im Innsbrucker Kräuterturm eingesperrt / Rauscher aus Haft entlassen

Aufgrund seiner Machenschaften traute man letztlich auch dem Statthalter Christoph Wendler zu, als Hexer mit dem Teufel im Bunde zu stehen.

Horb. Die ersten Besagungen gegen ihn dürften 1594 erfolgt sein, als an das Schlosstor in Rottenburg ein Zettel gehängt wurde, auf dem ein Scheiterhaufen gezeichnet war. Die Denunziation Wendlers wurde bald stadtbekannt, obwohl der Schultheiß Johann Georg Hallmayer, der die Unterstützung des Statthalters genoss und wegen sexuellen Missbrauchs inhaftierter Hexen berüchtigt war, in Rottenburg versucht hatte, die Anschuldigungen gegen Wendler zu manipulieren.

Wendlers Besagung wurde durch zwei Mädchen in Gang gebracht, die als Waisen im Rottenburger Spital lebten und durch ihre Verdächtigungen eine Vielzahl von Verfahren ausgelöst hatten. Danach soll der Rottenburger Schlossgarten des Öfteren Schauplatz eines Hexensabbats gewesen sein. Analog dem Wilden Jäger in der Volkssage soll Wendler zu diesen Hexentänzen auf einem Schimmel oder einem Rappen geritten sein und auf einem krummen, langen Jagdhorn geblasen haben. Wendler nahm in den Besagungen sogar Züge des Teufels an, denn er thronte beim Hexensabbat angeblich auf einem flammenden Sessel.

Der denunzierte Statthalter ließ die beiden Mädchen als Hauptbelastungszeugen mit Hilfe des Landeshauptmanns Graf Karl II. von Hohenzollern und des willfährigen Landschreibers Walch nach Konstanz bringen, wo die Jesuiten versuchen sollten, die Kinder zu exorzieren. Wendler glaubte sich trotz aller Anfeindungen in Sicherheit, weil er fest auf das Vertrauen seines Landeshauptmanns baute.

Der Stern des Christoph Wendler von Pregenroth begann zu erlöschen, als Erzherzog Maximilian III., genannt der Deutschmeister, im Auftrag seines kaiserlichen Bruders Rudolf II. nach dem siebenjährigen Innsbrucker Interim 1602 die Regentschaft Tirols und der Vorlande antrat und zwei Jahre später Graf Johann von Hohenzollern-Sigmaringen das Amt des hohenbergischen Landeshauptmanns von seinem Vater übernahm.

Seit dem Tod von Erzherzog Ferdinand II. von Österreich-Tirol im Januar 1595 war in Innsbruck bekannt, dass über Wendler wegen seiner Parteilichkeit und Käuflichkeit "selzame Reden umbgeen". Deshalb sollte die Grafschaft Hohenberg noch vor dem Amtsantritt seines Nachfolgers Maximilian III. so schnell wie möglich einer Inspektion unterzogen werden.

Die erste Visitation Rottenburgs durch eine herrschaftliche Kommission fand aber erst im Herbst 1604 statt. Das Erscheinen der Innsbrucker Kommissare erschütterte Wendlers Machtbasis, und er konnt e den Rottenburger Schultheißen Hallmayer nicht mehr decken. Dieser wurde im März 1605 auf Innsbrucker Befehl wegen sexuellen Missbrauchs inhaftierter Hexen angeklagt und verstarb im Gefängnis.

Der Statthalter Wendler wurde im Mai 1605 nach Innsbruck zitiert. Bald nach seiner Ankunft wurde er im Juni verhaftet und im Innsbrucker Kräuterturm eingesperrt, wo er mit "Verbindung der Tortur" verhört wurde. Das plötzlich harte Vorgehen des Innsbrucker Regiments brachte die Wende im Horber Skandalfall Christina Rauscher. Diese wurde nach fast einjähriger Haft und Folter im November 1605 freigelassen. Ihr Fall hatte die Aufmerksamkeit der Innsbrucker Behörden nachhaltig auf die Grafschaft Hohenberg gelenkt.

Bei einer zweiten Visitation Rottenburgs wurden im darauffolgenden Dezember rund 130 Zeugen aus der ganzen Grafschaft Hohenberg verhört, die den inhaftierten Statthalter mit ihren Aussagen schwer belasteten. Dabei kamen auch die Hexereivorwürfe gegen Wendler wieder zur Sprache. Dass der Rottenburger Wein besonders geraten war, führte ein Zeuge darauf zurück, dass sich der Statthalter Wendler im landesfürstlichen Gefängnis zu Innsbruck befand.

Im Juli 1606 bat der inhaftierte Wendler Erzherzog Maximilian III. vergeblich um seine Entlassung aus dem Gefängnis, weil seine Gesundheit durch die Haft stark angegriffen war. Nachdem Christoph Rudolf Keller von Schleitheim 1607 in Rottenburg als neuer Statthalter der vorderösterreichischen Grafschaft Hohenberg eingesetzt worden war, bekam Wendlers dritte Ehefrau die Aufforderung, den Wohnsitz im Rottenburger Schloss zu räumen.

Im September 1607 wurde endlich das Urteil im Verfahren gegen den ehemaligen hohenbergischen Statthalter Christoph Wendler von Pregenroth gefällt. Danach musste der Verurteilte wegen "liederlicher" Amtsführung mit 40 896 Gulden den dritten Teil seines Vermögens als Strafe bezahlen. Die Anklage wegen seiner angeblichen Verbindung mit Hexen sollte vor einem anderen Gericht erhoben werden. Nachdem Wendler im September 1607 eine "Obligation und caution" hinterlegt hatte, durfte er die Heimreise nach Nordstetten zu Frau und Kindern antreten.

Zu einer Verurteilung als Hexer sollte es aber nicht mehr kommen, denn der von der Haft gezeichnete Wendler starb bald nach seiner Rückkehr im Jahr 1608 in Nordstetten, wo er in der Mauritiuskirche seine letzte Ruhestätte fand. Die Witwe, die 1622 noch im Nordstetter Schloss lebte, musste sich allein mit den Personen einigen, die Ansprüche im Prozess gegen Wendler geltend gemacht hatten.

Für die noch minderjährigen Söhne des Christoph Wendler von Pregenroth bestellte das Innsbrucker Regiment Vormünder aus dem benachbarten Adel, denen die Nordstetter und Isenburger Untertanen alsbald huldigten. 1609 wurde der älteste Sohn Hans Georg von Markgraf Karl von Burgau mit der Herrschaft Isenburg belehnt. Ein Jahr darauf vereinbarte der Markgraf mit den Gebrüdern Hans Georg, Ferdinand Burkhard und Johann Andreas Wendler von Pregenroth, dass sie gegen Aufzahlung von weiteren 8000 Gulden zu den 6000 Gulden, die ihr verstorbener Vater erlegt hatte, das Afterlehen Isenburg als Mannlehen erhalten sollten und er auf eine Wiederlosung verzichten würde.

Nachdem Ferdinand der Gemeinde Nordstetten 1614 eine Darlehen in Höhe von 1500 Gulden gewährt hatte, bekannte der Markgraf ein Jahr darauf, dass er von den Gebrüdern Wendler von Pregenroth an den vereinbarten 8000 Gulden für das Lehen Isenburg 2000 Gulden in bar und 6000 Gulden in Obligationen erhalten hatte. Nachdem alle Söhne des verstorbenen Statthalters volljährig geworden waren, fiel die Herrschaft Isenburg bei der Erbteilung 1619 an Ferdinand Wendler von Pregenroth, der nach dem frühen Tod der beiden Brüder drei Jahre später von Erzherzog Leopold von Österreich erneut mit der Herrschaft belehnt wurde.

Ferdinand, den der Aufstieg und Fall seines Vaters schwer belastete, war offenbar ein gutherziger Mann. Er ließ im Jahr 1624 zusammen mit seiner Gemahlin Katharina von Schellenberg für die Taberwasenkapelle jenen Ölberg neu errichten, der heute aus Sicherheitsgründen in der Nordstetter Mauritiuskirche steht. Der Nordstetter Ortsherr erwies sich 1627 bei der Gründung des Rottweiler Kapuzinerklosters als großzügiger Spender. 1640 stiftete Ferdinand Wendler von Pregenroth eine Messe bei den Karmelitern in Rottenburg, in deren Kloster, dem heutigen Priesterseminar, er für seine Eltern zum Gedächtnis ein Epitaph erstellen ließ.

Ferdinand starb 1643 ohne männliche Nachkommen, und das Isenburger Mannlehen fiel zurück an Erzherzogin Claudia von Österreich, die die Herrschaft 1644 dieses Mal als Eigentum unter Vorbehalt der landesfürstlichen Obrigkeit an den Obristen Adam Heinrich Keller von Schleitheim verkaufte. Die Witwe des Ferdinand Wendler von Pregenroth, deren Familie als reichsritterliches Geschlecht dem Ritterkanton Hegau-Allgäu-Bodensee angehörte, bewohnte noch ein Haus in Horb.

Karl Heinrich Keller von Schleitheim, der Enkel des Obristen, ließ 1739/40 an Stelle des Renaissanceschlosses das heutige Nordstetter Barockschloss erbauen, und das Grab des Christoph Wendler von Pregenroth dürfte verschwunden sein, als man 1748/49 das Kirchenschiff der Mauritiuskirche durch einen barocken Neubau ersetzte.