Ärztepräsident fordert: Patient muss Versäumnis bezahlen – Mediziner im Horber Raum geteilter Meinung.

Horb - Muss ein Patient, der seinen Arzttermin verfallen lässt, bald mit einer Strafe rechnen? Horber Ärzte ärgern sich über Ausfälle. Wer einen Termin verfallen lasse, schade all jenen, die dringend auf einen Termin warten, heißt es.

Einen Termin unentschuldigt platzen zu lassen, ist nicht die feine Art. Bei Arztterminen scheinen viele Leute eine Ausnahme zu machen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hat auf dem Ärztetag in Düsseldorf vorgeschlagen, Patienten künftig zur Kasse zu bitten, wenn sie zum vereinbarten Termin nicht in der Praxis erscheinen. Bis zu 20 Prozent der Termine fielen mangels Patienten aus, sagt er.

Anton Kreidler, Allgemeinarzt aus Horb, der in einer Gemeinschaftspraxis in Waldachtal-Salzstetten arbeitet, hält den Vorschlag Montgomerys für berechtigt. "Bestrafen ist vielleicht der falsche Ausdruck", sagt er. Man müsse aber doch "Maßnahmen ergreifen" – welche das sein könnten, wisse er spontan auch nicht. Man müsse dagegen vorgehen, dass solcherlei Schlampigkeit bei den Patienten "auf dem Rücken anderer ausgetragen" wird, die dringend auf einen Termin warten. Auch für ihn sei es ärgerlich, wenn unnötg Lücken im Tagesablauf entstehen. Die meisten Patienten kämen recht pünktlich: Wenn ein Folgepatient noch gar nicht da ist, kann er auch nicht vorgezogen werden. Dass auch sachlicher Schaden entstehen kann, schildert er an einem Beispiel: Für einen chirurgischen Eingriff habe er Vorbereitungen getroffen – "wir hatten schon steriles Material auf den Tisch gelegt und der Patient kam dann nicht". Das Material: ein Fall für den Mülleimer. Wenn er nach dem Grund für das Fortbleiben frage, ärgere er sich nochmal. "Oft sind es keine dringenden anderen Verpflichtungen, sondern es heißt: Ich hab den Termin einfach vergessen." Die Dramatik bei ausgefallenen Terminen sei aber nicht immer so groß, sagt Kreidler. "Ab und zu kann sich das auch ausgleichend auswirken."

Margarete Rebholz, Frauenärztin aus Horb, die eine Gemeinschaftspraxis zusammen mit ihrem Mann leitet, kennt das Problem ebenfalls. "Wir haben eine sehr stringente Planung", erklärt sie, etwa 70 Prozent des Tages seien verplant mit Terminen, der Rest sei für akute Beschwerden reserviert. "Im Schnitt werden am Tag ein bis zwei Termine nicht wahrgenommen", sagt Margarete Rebholz. Intern habe man schon darüber diskutiert: "Ich habe gehört, dass es bei Zahnärzten der Fall ist, dass Patienten bezahlen müssen, wenn sie einen Termin nicht wahrnehmen. Wir ziehen allerdings nicht in Erwägung, Patienten zur Kasse zu bitten." An Personen, die öfter einen Termin sausen lassen, würde man dann eben einfach keine mehr vergeben.

Holger Frellesen, Augenarzt in Horb, bestätigt das Problem: "Dass Patienten nicht auftauchen, kommt täglich vor." Doch von einer Strafe hält er nichts: "Wenn wir die bestrafen, kommen weniger Patienten zu uns, das ist keine gute Idee." Frellesen versucht, das Beste aus der Situation zu machen: "Wenn ein Patient nicht kommt, schreibe ich Rechnungen oder Gutachten." Er könne sich nicht vorstellen, dass ein Arzt nicht wisse, wie er sich in einer solchen Lücke beschäftigen solle.

Bei den Allgemeinärztinnen Claudia Möhrle in Nordstetten und Susanne Schöller in Mühringen ist das Wartezimmer meist so voll, dass Ausfälle eher zu einer Entspannung der Lage führen. Claudia Möhrle sagt, sie könne verstehen, dass bei Ärzten mit längerer Behandlungsdauer, etwa einem Psychiater, der eine halbe Stunde für den Patienten einplant, Ausfälle entsprechend ärgerlicher sind. In ihrer Praxis erleichtere sich durch Ausfälle der meist hohe Termindruck.

Josef Nagel ist Privatarzt für Allgemein- und Sportmedizin. Auch kassenärztliche Patienten können sich bei ihm behandeln lassen, zahlen dafür aber Geld. "Viele Kassenpatienten sagen: Das zahl ich, bevor ich mich wochenlang rumquäle bis ich anderswo einen Termin bekomme", berichtet Nagel. "Denen ist der Termin dann wichtig", sagt er. "Wenn einer nicht kommt, muss ich sagen: Dann hatte der kein so großes Problem."