Im Villinger Gymnasium am Hoptbühl soll ein nachhaltiger Laden für Schulbedarf entstehen. Dafür haben sich die Klassen 7b und 11, Leistungskurs Wirtschaft, zusammen geschlossen und wollen eine Schülergenossenschaft gründen.
VS-Villingen - Jedes Schuljahr der immer gleiche Alptraum: Ausgestattet mit Lehrerlisten müssen sich Eltern durch Zentren und Läden kämpfen, um Hefte, Stifte und vieles mehr zu kaufen. "Das ist nicht nur stressig, sondern kann sich auch ziehen", sagt Paul Radeck, Elftklässler des Gymnasiums am Hoptbühl. Oft sei es mit einem Abstecher zu den Läden nicht getan – und was, wenn mitten im Schultag das Papier zur Neige geht?
Diesem Problem haben sich die Schülerinnen und Schüler (SuS) der Klassen 7b und Klasse 11, Leistungskurs Wirtschaft, gewidmet und beschlossen: Sie wollen eine Schülergenossenschaft gründen. Diese soll einen Laden in der Schule betreiben, in dem – fürs erste – Hefte, Blöcke und Kugelschreiber verkauft werden sollen. Wofür die Gewinne eingesetzt werden sollen, müsse noch beschlossen werden. Vorerst werden sie bei der Schülergenossenschaft eingezahlt.
Eine "Schülerfirma" nach genossenschaftlichem Prinzip
Aber was ist eine Schülergenossenschaft? Im Grunde genommen eine Schülerfirma, die nach den Prinzipien einer "richtigen" Genossenschaft funktioniert. Die SuS erstellen ihre eigene Satzung, halten Wahlen ab und entwickeln gemeinsam Geschäftsideen. Dabei werden sie von Lehrkräften, einer Genossenschaft vor Ort und dem Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband (BWGV) unterstützt und betreut.
Die Baugenossenschaft Familienheim in Villingen übernimmt die Patenschaft und Betreuung vor Ort. "Ein Vorteil einer Genossenschaft ist, dass sie sehr flexibel ist", erklärt Geschäftsführer und Vorstand der Familienheim eG, Sebastian Merkle. So könne die Schülergenossenschaft auch dann weiterbestehen, wenn deren Vorstände die Schule verlassen. "Eine andere Möglichkeit wäre die Gründung einer Juniorfirma gewesen", sagt Dietmar Blaß, Beauftragter für Schülergenossenschaften beim BWGV. "Aber die sind meist auf ein Jahr begrenzt und hier soll ja ein nachhaltiges Konzept entstehen."
Praxisorientiertes Lernen und Verkauf vor Ort
Außerdem lernen die SuS so wirtschaftliche und genossenschaftliche Prinzipien nicht nur kennen, sondern wenden sie auch direkt an. Oder wie Blaß es ausdrückt: "Das ist kein Planspiel. Das ist eine richtige Firma, die wirtschaftlich funktionieren soll." Dazu gehöre auch, dass sie sich an die Regeln halte und bestimmte Vorgaben erfülle. Wirtschaftslehrer Florian König freut sich – angesichts der großen Herausforderung – dennoch auf das gemeinsame Projekt: "Wie oft bekommt man schon als Lehrer die Möglichkeit, mit seinen Schülern praxisorientiert zu arbeiten?"
Radeck zählt weitere Vorteile ihres Ladens auf: "Weil wir direkt vor Ort sind, können Mitschüler bei uns Hefte und Blöcke kaufen, wenn ihnen der Platz ausgeht. Zu Beginn eines neuen Schuljahres können wir ›Pakete‹ anbieten, basierend auf den Listen der Lehrkräfte. Damit nehmen wir auch ein wenig Stress und Druck von den Eltern." Auf diese Weise könnten sie so die Schulgemeinschaft direkt unterstützen. Ihnen sei zwar bewusst, dass sie mit den Preisen zum Beispiel von Müller nicht konkurrieren können. Dennoch sind sie überzeugt, dass viele SuS und Eltern das Angebot wahrnehmen werden.
Aus zwei mach eins
Entstanden war das Vorhaben aus der Fusionierung zweier Ideen. Eine kam von Heike Grüninger, Klassenlehrerin der 7b: Im Rahmen des "gemeinschaftsfördernden Projektes" wollte sie mit ihrer Klasse einen Verkaufsladen an der Schule eröffnen. "Zu meiner Schulzeit hatten wir auch einen Laden, in dem Schulsachen verkauft wurden." Ihre Siebtklässler waren von der Idee begeistert gewesen und hatten sofort mit Recherche und Umfragen begonnen. Um das Vorhaben auch in die Tat umsetzen zu können, musste vorher Direktorin Simone Duelli-Meßmer diesem zustimmen.
Welche diese ohne zu zögern erteilte, denn sie und König hatten derweil eine weitere Idee im Sinn: die Gründung einer Schülergenossenschaft. "Als ich mit meiner Idee zu ihr ging, hab ich damit eine offene Tür eingerannt", sagte Grüninger. Nicht nur das: Kurzerhand wurden beide Ideen miteinander verbunden. "Diese ›gemeinsame‹ Idee passt wunderbar zu den Themen Nachhaltigkeit und Soziales, denen sich unsere Schule verschrieben hatte", sagte Duelli-Meßner. "Und eine perfekte Ergänzung zur Nachhaltigkeits- und Imker-AG."
Gründung soll nach Ostern abgeschlossen sein
Kürzlich unterschrieben Duelli-Meßmer und Merkle den Gründungsvertrag; nach den Osterferien soll die Satzung stehen sowie Aufsichtsrat und Vorstand gewählt werden. Damit wäre die Gründung der Schülergenossenschaft abgeschlossen und die SuS können sich den weiteren Schritten zuwenden. Vorerst dient ein Klassenzimmer als Verkaufsraum; die zum Verkauf stehenden Hefte, Blöcke und Kugelschreiber werden in abschließbaren Rollregalen verstaut. "Allesamt nachhaltig", betont Grüninger und Radeck ergänzt: "Sollten wir je expandieren wollen – zum Beispiel den Honig der Imker-AG in unser Sortiment aufnehmen – können wir weitere davon anschaffen."