Polizisten vor dem Wildparkstadion in Karlsruhe. Foto: dpa

Innenminister Gall fordert höheren Sicherheitsstandard und mehr Entlastung der Polizei.
 

Stuttgart - In der vergangenen Fußballsaison gab es mehr verletzte Fans als im Vorjahr - von der Bundes- bis zur Oberliga. Gleichzeitig wurden weniger Polizisten bei den Spielen eingesetzt.

64 Personen verließen in der vergangenen Saison ein Fußballstadion in Baden-Württemberg mit Blessuren, ein Jahr zuvor waren es 48. Davon waren 29 an der Auseinandersetzung unbeteiligt, sieben mehr als im Vorjahr. Das hat das Innenministerium am Freitag in Stuttgart mitgeteilt. Der Anteil der verletzten Störenfriede stieg um neun auf 23. Verwundete Polizisten wurden zwölf gezählt, das sind fünf weniger als in der Saison 2009/2010.

Bei 283 Begegnungen von der Ersten Bundesliga bis zur Oberliga waren Polizisten in der vergangenen Fußballsaison vor Ort, pro Spiel waren es im Schnitt 66 Einsatzkräfte. In der vorherigen Saison waren bei 277 Spielen durchschnittlich noch 74 Beamte im Einsatz. Die Zahl der Strafanzeigen gegen gewalttätige Fans stieg hingegen. "Die Polizei hat eine stärkere Linie im Umgang mit Gewalt in Stadien. Wo früher eher zugeschaut wurde, greift sie heute schneller ein", so ein Sprecher des Innenministers Reinhold Gall. Das erklärt den Anstieg der Strafanzeigen.

Stuttgart plant Fanprojekt

Die Zahl der verletzten Fans ging jedoch trotz härteren Eingreifens der Polizei in die Höhe. "Es kommt auch immer darauf an, welche Mannschaften aufeinandertreffen", so der Sprecher. Durch Auf- und Abstiege der Vereine verändert sich jährlich die Partienkonstellation. Brisante Derbys finden deshalb manchmal nicht statt. "Außerdem nimmt tendenziell die Gewaltbereitschaft der Fans mit der Spielklasse von oben nach unten ab", so ein Sprecher Galls.

Ein Beispiel dafür ist der SSV Reutlingen, der seit seinem Abrutschen aus der zweiten Liga in die Oberliga nicht mehr mit gewalttätigen Ausschreitungen seiner Anhängerschaft Schlagzeilen macht. "Der Abstieg war ein Bruch für uns. Die Fanzahlen sind nun zehnmal niedriger. Es gibt ungefähr 60 sogenannte Ultra-Fans, die den SSV bei jedem Spiel unterstützen, davon kenne ich alle persönlich", meint der SSV-Fanbeauftragte Marc Bietz. Nur bei einem Heimspiel gegen den FC Nöttingen fielen die Anhänger in der vergangenen Saison negativ auf. Nach dem Schlusspfiff stürmten zehn Ultra-Fans auf das Feld, da es kurz zuvor einen strittigen Elfmeter gab. Die Sicherheitskräfte hatten die Situation jedoch schnell unter Kontrolle, es entstanden keine Schäden. "Wir suchen bei solchen Vorkommnissen schnell den Dialog mit allen Beteiligten und der Vereinsführung, um weitere Ausschreitungen zu verhindern", erklärt Bietz. Dies fördere auch eine Selbstregulierung in der Fanszene, da sich die Anhänger gegenseitig in die Schranken weisen.

Der SV Waldhof Mannheim hat zur Gewaltprävention schon lange ein spezielles Fanprojekt. Dabei liegt der Schwerpunkt darin, jungen Fans zu helfen, ein gutes Verhältnis zur Mannschaftsunterstützung aufzubauen. "Wir haben ein Fancafé als Treffpunkt, veranstalten unter anderem Infoabende und Diskussionsrunden zum Thema Gewalt in Stadien und beraten unsere Fans auch bei privaten Problemen aller Art", erklärt Sozialpädagoge Martin Willig vom Fanprojekt. Seit zwei Jahren hat es in Mannheim keine Ausschreitungen im Stadion mehr gegeben. Auch in Stuttgart ist ein solches Projekt in Planung.