Hohe Energiepreise treiben die Inflation. Foto: dpa/Fernando Gutierrez-Juarez

Die Geldentwertung ist hoch, die Kaufkraft schwindet. Nur einer profitiert davon – der Finanzminister. Kommt er wie Christian Lindner von der FDP, muss er dem im Sinne seiner eigenen Glaubwürdigkeit entgegentreten, meint StN-Autor Klaus Köster.

Stuttgart - Das klingt für viele wie Musik: Um deutlich mehr als 30 Milliarden Euro will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Steuerzahler während der Wahlperiode entlasten. Und dies nicht etwa, indem er Belastungen in die Zukunft verschiebt, wie dies in Deutschland jahrzehntelang praktiziert wurde. Vielmehr will er eine solide Haushaltsführung praktizieren, bei der er schon bald die Schuldenbremse einhält.

 

Ankündigungen leichter als Taten

Doch wie schwierig es ist, diesen klaren Ankündigungen ebenso klare Taten folgen zu lassen, zeigt sich schon nach wenigen Wochen. Bevor Lindner die Schuldenbremse einhält, will er erst einmal 60 Milliarden Euro, die der Staat zur Bekämpfung der Coronakrise aufnehmen kann, auf die hohe Kante für den Klimaschutz legen. Das stößt beim Bundesrechnungshof zu Recht auf großes Missfallen. Auch bei anderen angekündigten Entlastungen greift der Finanzminister in die Trickkiste. Dass er die Rentenbeiträge womöglich schneller steuerfrei stellen will, ist keine politisch veranlasste Entlastung der Bürger, sondern eine Folge der Rechtsprechung über eine drohende Doppelbesteuerung der Rentenbeiträge bei Ein- und Auszahlung. Auch die Abschaffung der Umlage für erneuerbare Energien entlastet die Bürger nicht wirklich, da die Belastungen in den Bundeshaushalt umgeleitet werden, der dafür auf die steigenden CO2-Abgaben zurückgreift, die wiederum die Energie verteuern. Man mag die Verteuerung des CO2-Ausstoßes im Sinne des Klimaschutzes für wohlbegründet halten – als Entlastung lässt sich diese Umfinanzierung den Bürgern gewiss nicht verkaufen.

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Gerade jetzt, da die FDP den Bundesfinanzminister stellt, wird eine uralte und berechtigte Entlastungsforderung der Liberalen wieder aktuell: der Steuertarif auf Rädern. Über viele Jahre kassierte der Staat seine Bürger ab, indem er bei der Besteuerung keine Rücksicht auf die Inflation nahm und somit Lohnerhöhungen auch dann besteuerte, wenn sie nur die Preissteigerungen ausglichen. Weil mit steigenden Einkommen die Steuereinnahmen sogar überproportional steigen, machte der Stadt mit dieser kalten Progression glänzende Geschäfte zulasten der Steuerzahler. Der Staat treibe einen „Keil zwischen Bürger und Staat“, erklärte Lindner schon vor Jahren.

Tarif auf Rädern wäre hilfreich

Jetzt, da die Preise so stark steigen wie seit Jahrzehnten nicht, wäre die beste Gelegenheit, einen solchen Tarif einzuführen. Doch davon ist bisher keine Rede. In den vergangenen Jahren ist der Staat zwar dazu übergegangen, die Steuertarife regelmäßig von Hand an die Inflation anzupassen. Einen Automatismus zugunsten der Bürger aber gibt es bis heute nicht. Das rächt sich nun, denn bei der Entscheidung über den Steuertarif 2022 im Herbst hat der Staat die Inflation unterschätzt, so dass nun die kalte Progression wieder in Gang gekommen ist.

Die Verlockung der Inflation

Für die Finanzminister ist die Geldentwertung seit jeher eine große Verlockung. Ihre Einnahmen steigen durch Inflation wie von Zauberhand – sowohl die aus indirekten Steuern wie der Mehrwertsteuer, die durch Preissteigerungen ergiebiger wird, als auch die aus direkten Steuern wie der Einkommensteuer, die steigt, wenn Inflation zu höheren Löhnen führt. Zudem sinkt mit dem Wert des Geldes auch der Wert der Staatsschulden, was neue Spielräume für eine Staatsfinanzierung zulasten der Zukunft verschafft.

Ein Finanzminister von der FDP könnte eine solche Politik nur schwer vertreten. Zugleich bietet ihm diese Situation die Chance, klare Kante zu zeigen und den lange geforderten Steuertarif auf Rädern voranzubringen. Dieser erschwert das perfide Kalkül des Staates, an den von der Inflation geplagten Bürgern auch noch zu verdienen.