Auch die Flüchtlinge beschäftigen das Sozialamt. (Symbolfoto) Foto: Jonathan Stutz – stock.adobe.com

Prägend für das Sozialdezernat des Landkreises war 2020 die Messerattacke im Jobcenter. Generell habe die Aggression der Bürger im Umgang mit den Mitarbeitern zugenommen.

Kreis Rottweil - Dass danach die Coronakrise kam und man für den Publikumsverkehr erst einmal schließen musste, sei dem Sicherheitsbedürfnis der Mitarbeiter entgegengekommen, meinte Sozialdezernent Bernd Hamann im Sozial-, Kultur- und Schulausschuss bei der Vorstellung des Sozialberichts 2020. Insbesondere die Unterbringung der Flüchtlinge sei mit Blick auf die Krise eine Herausforderung gewesen.

Der Sozialbericht ist in die Bereiche Sozialhilfe, Jugendhilfe, Schwerbehindertenrecht und Soziales Entschädigungsrecht gegliedert. Im Sozialbereich wurden im Jahr 2020 rund 1,8 Millionen Euro an Wohngeld ausgezahlt. Im Vorjahr waren es noch lediglich 1,3 Millionen Euro. Zum Jahresbeginn 2020 hatte es eine Reform gegeben, weshalb mehr Haushalte als zuvor wohngeldberechtigt sind. 2019 gingen 1618 Anträge ein (580 abgelehnt), 2020 waren es 2062, von denen 705 abgelehnt wurden.

Asylbewerber-Situation

Im Bereich Asylbewerber waren im Jahr 2020 insgesamt 147 Erst- und Folgeantragsteller aufzunehmen. Zum Jahresende befanden sich laut Sozialbericht 186 Personen in der vorläufigen Unterbringung. Die Zahl der Asylbewerber beziehungsweise geduldeten Personen, die kommunal untergebracht sind, ist im Vergleich zu 2019 gestiegen auf 1047 Personen. 34 Nationalitäten sind vertreten. Der Großteil kommt aus dem Irak, Nigeria, Afghanistan, Syrien und Gambia.

Seit 2019 gibt es die Rückkehrberatungsstelle für ausreisewillige Ausländer im Landkreis. Durch die Coronakrise und die Flugverkehrsperre konnten im vergangenen Jahr nur vier Personen erfolgreich in ihre Heimatländer, den Irak, Nigeria, Georgien und Bosnien-Herzegowina, zurückkehren. Zum Jahresende 2020 befanden sich in den verbliebenen zehn Gemeinschaftsunterkünften noch 217 Personen, von denen 31 die Voraussetzungen der Anschlussunterbringung erfüllten.

Im Bereich der Pflege ist dem Sozialbericht zu entnehmen, dass die Fallzahlen in der stationären Hilfe gegenüber den Vorjahren um etwa 18 Prozent gestiegen sind. Ursächlich dafür sei die demografische Entwicklung. Immer mehr Menschen könnten derweil die jährlich steigenden Kosten in der Pflege immer weniger selbst bezahlen. Der Gesamtzuschussbedarf ist 2020 gegenüber 2019 um etwa eine Million Euro gestiegen aufgrund der Zunahme der Fallzahlen und des Angehörigenentlastungsgesetzes.

69 Prozent ohne Abschluss

Beim Pflegestützpunkt ist die Anzahl der Anfragen über die Corona-Krise relativ konstant bei rund 3700 geblieben. Die Zahl der Hausbesuche ging um 20 Prozent zurück. 2020 gab es 2357 laufende Betreuungen im Landkreis Rottweil. Die meisten werden von Ehrenamtlichen aus dem familiären Umfeld geführt.

Am Arbeitsmarkt war die Nachfrage nach Arbeitskräften 2020 recht verhalten. Zum Dezember waren 873 Personen beim Jobcenter als arbeitslos gemeldet. Rund 69 Prozent davon verfügen über keinen beruflichen Abschluss, 42 Prozent sind Ausländer, 39 Prozent langzeitarbeitslos und 30 Prozent älter als 50 Jahre.

Mehr Kriminalität

Im Bereich der Kindertageseinrichtungen wurde 2020 eine Versorgungsquote von 40 Prozent für alle Kinder unter drei Jahren erreicht. Zum 1. März lebten 1306 Kinder unter einem Jahr und 2805 Kinder zwischen einem und drei Jahren im Landkreis.

2020 gab es bei 116 Familien Einsätze der Familien- und Erziehungshelfer. 35 Kinder und Jugendliche befanden sich Ende 2020 in vollstationärer Heimerziehung – 17 weniger als im Vorjahr. Die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Jugendlichen betrug 17 (Vorjahr: 35).

Gestiegen ist die Zahl der Straffälligkeiten junger Menschen: von 431 Fällen in 2019 auf 470 Fälle 2020. Die 16-Jährigen waren dabei am stärksten vertreten. 336 Verfahren wurden eingestellt. In der Gruppe der 14- bis 17-Jährigen sind laut Sozialbericht die meisten Diebstähle zu beobachten. Nach Diebstahl waren Betäubungsmitteldelikte insgesamt am zweithäufigsten vertreten (22 Prozent), gefolgt von Gewalt (15 Prozent). 73 Prozent der jungen Täter hatten die deutsche Staatsangehörigkeit.

Im Bereich des Schwerbehindertenrechts lag der Anteil der Schwerbehinderten (Grad mindestens bei 50) an der Landkreisbevölkerung 2020 bei rund zwölf Prozent und damit gleich wie im Vorjahr.

Ein Dauerproblem bleibe insgesamt der Fachkräftemangel, so Hamann. Eine geringe Planbarkeit der Gesamtsituation und die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes seien weitere Herausforderungen gewesen. Er hob auch hervor, dass man in der Öffentlichkeit oft im Kreuzfeuer stehe und sich viel Kritik ausgesetzt sehe. "Sozialwesen ist nie einfach", bestätigte der Landrat. Der Ausschuss dankte Hamann und seinen Mitarbeitern für ihre Arbeit.