Paukenschlag: Der einzige Bürgermeisterkandidat, Michael Hogenmüller, schmiss hin. Bei einem Info-Abend in Oberwolfach ging es um die Frage, wie es nun weiter geht.
Gut eine Woche vor der Bürgermeisterwahl steht die Gemeinde Oberwolfach plötzlich ohne Kandidaten da. Der einzige Bewerber, Michael Hogenmüller, bislang als sicherer zukünftiger Amtsinhaber gehandelt, erklärte am Mittwochabend in einer Pressemitteilung, dass er das Amt im Falle einer Wahl nicht antreten werde.
Was war vorgefallen? Die Rückmeldungen aus der Bevölkerung sowie von Unternehmen und Handwerksbetrieben zu seiner Kandidatur seien durchweg sehr positiv gewesen, schreibt Hogenmüller.
Ganz anders jedoch habe er die Gespräche „mit einem Teil des Gemeinderats, insbesondere dem stellvertretenden Bürgermeister“ erlebt. In einer nichtöffentlichen Sitzung am 28. Oktober sei es zu einem für ihn „sehr unangenehmen Gespräch“ gekommen. Eine dort vom stellvertretenden Bürgermeister Martin Dieterle eingebrachte Beschlussvorlage habe Punkte enthalten, die nach Hogenmüllers Einschätzung „eine vorsorgliche, unangemessene und unbegründete Einschränkung der Amtsführung“ bedeutet hätten.
Ex-Rathauschef war überrascht
Damit sei eine künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit „durch einen derartigen Misstrauensvorschuss“ unmöglich gemacht worden. Hogenmüller zog die Konsequenzen: „Im Falle einer positiven Wahl am 9. November 2025 werde ich die Wahl zum Bürgermeister nicht annehmen.“
Hogenmüller betont, das Misstrauen richte sich nicht speziell gegen ihn, sondern träfe „jeden möglichen neuen Bürgermeister“. Nach seiner Darstellung begründe der Gemeinderat diese Haltung mit einer angeblich unverhältnismäßigen Amtsführung seiner Vorgänger.
Der frühere Bürgermeister Matthias Bauernfeind zeigte sich im Gespräch mit unserer Redaktion vom Rückzug Hogenmüllers und dem Statement überrascht. Ihm gegenüber seien keinerlei entsprechende Hinweise zu seiner Amtszeit gemacht worden. Bauernfeind war von 2015 bis 2025 Bürgermeister in Oberwolfach und hatte sich im Juli dieses Jahres bei der Wahl zum Oberbürgermeister von Bühl im Kreis Rastatt deutlich gegen vier Mitbewerber durchgesetzt. Auf die Bemerkung im Statement Hogemüllers, der oder die Vorgänger hätten laut Rat ihr Amt nicht in einem angemessenen Rahmen geführt, reagierte der Ex-Chef von Oberwolfach irritiert: Hätte es entsprechende Kritik gegeben, so Bauernfeind, „wäre mir das sicher vom stellvertretenden Bürgermeister, vom Gemeinderat oder von der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde mitgeteilt worden“. Er habe von offizieller Seite niemals entsprechende Hinweise erhalten und sei „sehr wertschätzend und herzlich“ verabschiedet worden.
Mit dem Kandidaten, der schon als sicherer Nachfolger galt, habe Bauernfeind bereits in der vergangenen Woche Kontakt gehabt. Am Mittwoch sei er von Hogenmüller persönlich kurz über dessen Rückzug informiert worden. Bauernfeind erklärte abschließend, er wünsche sich nun vor allem, dass sich die Beteiligten „schnellstmöglich beruhigen und in ihre jeweiligen Rollen zurückfinden“. Die Gemeinde solle sich „so präsentieren, wie sie ist“ – und zwar „ohne Grabenkämpfe und zum Wohl der Oberwolfacher Bürger“.
Die unerwartete Wendung so kurz vor der Wahl sorgte auch in der Bürgerschaft der Schwarzwaldgemeinde für viele Fragen. Eine geplante Kandidatenvorstellung in der Festhalle am Donnerstagabend wurde kurzfristig zu einer „Bürgerversammlung“. Zu Beginn sprach Hogenmüller. Er könne die Frage, wie die Gemeinde nun einen neuen Kandidaten findet, nicht beantworten. Hogenmüller erneuerte seine Kritik: „Normalerweise wird ein Bürgermeister mit einem Vertrauensvorschuss begrüßt. Ich werde mit einem Misstrauensvorschuss begrüßt.“
Bürgermeisterstellvertreter Dieterle wies bei der Info-Veranstaltung die Vorwürfe von sich. Die Beschlussvorlage sei kein Ausdruck von Misstrauen. Dennoch will das Ratsmitglied persönliche Konsequenzen ziehen: „Mein Name ist für den Rest der Zeit verbrannt. Ich werde nach einer geregelten Übergabe mein Amt als Stellvertreter niederlegen.“
Die Stimmung in der Halle war geprägt von Verwirrung. Die Frage, wie es so kurz vor der Wahl soweit kommen konnte, blieb offen. Über die Versammlung werden wir noch ausführlich berichten.
Wie es weiter geht
Das Landratsamt bestätigt: Die Wahl am 9. November findet statt, obwohl kein Kandidat mehr zur Verfügung steht. Grund: Michael Hogenmüller hätte vor der Einreichungsfrist am 13. Oktober seine Kandidatur zurückziehen müssen. Auch organisatorisch ändert sich nichts. Die Wahl werde „ganz normal durchgeführt“, so die Behörde. Damit lassen sich auch keine Kosten einsparen – die Wahlhelfer sind im Einsatz, alle Wahllokale öffnen. Wähler können laut Landratsamts jedoch weitere Namen handschriftlich auf den Stimmzettel setzen. Bewerbungen nach Ablauf der Frist sind ausgeschlossen, Stimmen für spontan eingetragene Personen sind jedoch zulässig. Erhält eine solche Person die meisten Stimmen, muss sie im Anschluss entscheiden, ob sie das Amt annimmt. Kommt es zu keiner absoluten Mehrheit, findet eine Stichwahl statt. Nimmt eine gewählte Person die Wahl nicht an, so findet eine Neuwahl statt, die neu ausgeschrieben wird. Bis dahin führt laut Landratsamt der stellvertretende Bürgermeister die Amtsgeschäfte.