Eis gehört zum Sommer genau so dazu wie das Baden im Freibad. In Hofstetten wird es bald keine Nestlé-Produkte mehr am Beckenrand geben. Grund sind die fragwürdigen Geschäftspraktiken des Konzerns. Foto: Kleinberger

Freibad bezieht kein Eis mehr von Froneri Schöller. Symbolischer Akt. Mit Kommentar

Hofstetten - Hofstetten kündigt seinen Eislieferungsvertrag mit Froneri Schöller. Bislang hatte das Unternehmen das Freibad mit Eis beliefert. Damit ist möglicherweise schon ab der kommenden Saison Schluss. Denn Froneri Schöller gehört zum Nestlé-Konzern.

 

Bürgermeister Martin Aßmuth ging in der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend zunächst auf die Formalitäten ein. So besteht der Vertrag seit April 2011, in der vergangenen Saison wurde Eis im Wert von rund 10.500 Euro bezogen. Ein Betrag, der den milliardenschweren Konzern nicht zum Umdenken bringen wird, bekommt er den nicht mehr, da war Aßmuth sich sicher. "Wir könnten also sagen: Uns ist das egal", gab er zu. Die Gemeinde wolle aber ein Zeichen setzen.

So ist in der Beschlussvorlage zu lesen: "Der Schweizer Konzern (Nestlé, Anm. d. Red.) ist seit einigen Jahren zunehmender Kritik ausgesetzt, nicht nur aufgrund der erheblichen Marktmacht – zum Beispiel auch wegen der Abholzung von Regenwäldern oder der Durchführung von Tierversuchen." Auch die Kapitalisierung von Trinkwasser, von Vielen als Grundrecht angesehen, stößt mehr und mehr auf Kritik: Der Konzern entzieht manchen Gegenden, auch in Entwicklungsländern, so viel Grundwasser, um es zu verkaufen, dass die dortigen Anwohner unter Wasserknappheit leiden.

In Sachen Wasserversorgung habe die Kommune Hofstetten eine eigene, schwierige Vergangenheit, resümierte Aßmuth. Allein deswegen könne er das Verhalten des Konzerns nicht gutheißen. Alternativ schlug die Verwaltung einen Umstieg auf Langnese-Eis vor. Diese Marke gehört zu Unilever. Zuletzt stand dessen Umgang mit Palmöl in der Kritik. Auch das wurde in der Beschlussvorlage transparent gemacht.

Gremium kritisiert profitorientierten Umgang mit Wasser

Mit der Kündigung des Eislieferungsvertrags schlug die Verwaltung eine gleichzeitige Erklärung vor. Gemäß dieser positioniert die Gemeinde Hofstetten sich klar: "Dem Gemeinderat ist ein verantwortungsvoller und nachhaltiger Umgang mit Ressourcen nicht nur lokal außerordentlich wichtig. Wir sind gegen einen profitmaximierenden Umgang mit Wasser und befürworten daher, als Konsequenz keine Eisprodukte der Firma Nestlé mehr im Hofstetter Schwimmbad zu verkaufen."

Arnold Allgaier (FW) fragte, ob es vielleicht regionale Anbieter gibt, die die Gemeinde mit Eis beliefern könnten. Im Sinne der Nachhaltigkeit sei das ein besseres Zeichen, als schlicht vom einen zum anderen Großkonzern zu wechseln. Grundsätzlich fand er den Vorstoß der Verwaltung aber gut, um ein Zeichen zu setzen. Die Idee, auf einen regionalen Anbieter zu setzen, fand im Plenum großen Anklang.

Bernhard Kaspar (CDU) hatte rechtliche Bedenken hinsichtlich der Erklärung, die Teil des Beschlusses ist. Er hielt sie zudem für unnötig. Auch wenn es seitens der Verwaltung hieß, rechtlich seien keine Konsequenzen zu befürchten, enthielt er sich letztlich bei der Abstimmung. Die übrigen Mitglieder des Gremiums stimmten für den Vorschlag der Verwaltung.

Die Gemeinde will nun prüfen, ob ein regionaler Anbieter in Frage kommt. Der Eislieferungsvertrag mit Froneri Schöller ist eigentlich mit einer Sechsmonatsfrist zum Ende eines Kalenderjahres kündbar. Jetzt wird geprüft, ob eventuell schon ein Ausstieg zur kommenden Freibadsaison möglich ist.

Kommentar: Starkes Zeichen

Von Lisa Kleinberger

Martin Aßmuth hat Recht: Die Kündigung eines Eislieferungsvertrags für ein kleines Freibad irgendwo im Schwarzwald wird den internationalen Großkonzern Nestlé nicht dazu bewegen, seine Geschäftspraktiken zu überdenken. Trotzdem setzt die Gemeinde damit ein starkes Zeichen. Allein die Stellungnahme, die Teil des Gemeinderatsbeschlusses ist, drückt alles aus, was zu diesem Thema zu sagen ist: Der Umgang des Konzerns mit Ressourcen ist mehr als fragwürdig. Seine Praktiken müssen hinterfragt und dürfen nicht verschwiegen werden. Die Gemeinde nimmt hier die Rolle eines Vorbilds ein. In der Praxis ist zwar klar, dass ihr Beschluss nichts ändern wird – ähnlich, wie es sich mit einem "Nestlé-Boykott" verhält, zu dem Verbände Verbraucher schon seit längerer Zeit aufrufen: Gut gemeint, unterstützenswert, aber nur schwer hundertprozentig umsetzbar. Denn der Konzern hat fast überall seine Finger im Spiel.

Trotzdem ist es wichtig, über seine Machenschaften zu sprechen (und auch nicht zu verschweigen, dass die Alternative ebenfalls keine weiße Weste vorzuweisen hat), damit das Bewusstsein der Bürger, der Endverbraucher, geschärft wird. Diese sollen immerhin bewusste Kaufentscheidungen treffen können. Bestenfalls findet sich jetzt ein regionaler Eis-Anbieter. Denn damit würde Hofstetten das deutlichste Signal pro Nachhaltigkeit senden. Doch der Beschluss ist schon einmal eines: Ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Nestlé selbst äußert sich auf dem Internetauftritt des Konzerns kurz und knapp über Boykott-Aufrufe:

"Dazu besteht aus unserer Sicht kein Grund. Immerhin gilt Nestlé als die Lebensmittelmarke, der Verbraucher in Deutschland am meisten vertrauen. In einigen Ländern gibt es generell Kritik an globalen Unternehmen. Häufig werden "historische" Themen aufgegriffen oder stark vereinfacht. Ja, wir haben in der Vergangenheit Fehler gemacht. Aber diese haben wir systematisch korrigiert und das direkte Gespräch mit Kritikern gesucht. Dass wir unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden, bestätigen uns auch unabhängige Organisationen."