Misini Bekim, Inhaber der Pizzeria da Dino in Mötzingen, hat am Montag seinen Betrieb wieder geöffnet. Foto: Fritsch

Am Montag war es so weit: Die Gaststätten im Kreis Böblingen dürfen laut Verordnung wieder öffnen. Doch weil die Abhängigkeit von der Inzidenz viel Unsicherheit mit sich bringt, blieben die Türen mancherorts geschlossen. Auch in Mötzingen haben die Wirte unterschiedliche Entscheidungen getroffen.

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Mötzingen - Da die Inzidenz im Kreis fünf Tage in Folge unter dem Wert von 100 lag, dürfen Innen- und Außengastronomie zwischen 6 und 21 Uhr öffnen. Doch im Gasthaus Krone in Mötzingen stand der Zapfhahn am Montag still. Inhaber Toni Mutavsic hat sich gegen die Öffnung entschieden. Der Grund: Die Unsicherheit durch die noch immer stark schwankende Inzidenz im Kreis Böblingen. "Wir wollen nicht gleich wieder zumachen", betont Mutavsic. Von den geplanten Öffnungsschritten seitens der Landesregierung habe er erst am späten Donnerstagabend erfahren. Und auch die Nachricht, dass er ab Montag wieder öffnen darf, habe er nur in der Zeitung gelesen – eine offizielle Mitteilung sei bei ihm nicht eingegangen.

Die Abhängigkeit von der Inzidenz sieht der Gastronom "sehr kritisch." Als Beispiel nennt er den Landkreis Rottweil: Dort habe es mehrere Ausbrüche in Unternehmen gegeben, welche die Inzidenz wieder über den Wert von 100 gebracht hätten. Auch im Kreis Böblingen gebe es große Firmen, weshalb die Gefahr hoch sei, den kritischen Wert schnell wieder zu überschreiten. "Die Kraft ist nicht mehr da, noch mal schließen zu müssen", klagt Mutavsic.

"Wir alle wollen wieder ein Stück Normalität"

Die fehlende Planungssicherheit trifft auch die Mitarbeiter. Mutavsic beschäftigt im Normalfall mehrere Minijobber – darunter Studenten und alleinerziehende Mütter. "Denen möchte ich keine Hoffnung machen, nur um sie ein paar Tage später wieder wegschicken zu müssen", erklärt der Gastronom. Mutavsic möchte seine Gaststätte erst wieder öffnen, sobald sich die Inzidenz stabil auf einem niedrigen Wert befindet – und auch dann nur mit "absoluter Vorsicht."

Die Stimmung bei der eigenen Kundschaft beschreibt er als zwiegespalten. "Die Leute sind es leid, immer zu schauen, welche Verordnung gerade gilt.". Es gebe einige, die bereit seien, sich für einen Restaurantbesuch testen zu lassen. Andere hingegen würden dies ablehnen. Mutavsic lobt die "sehr guten" Testmöglichkeiten in Mötzingen. Das einzige Problem: Sonntags seien die Teststationen geschlossen, weshalb es für die Kundschaft nicht möglich sei, einen tagesaktuellen Test vorzulegen.

Die erforderlichen Hygienemaßnahmen seien zwar ein "riesiger Aufwand", den Mutavsic aber gerne in Kauf nimmt – vorausgesetzt, er darf wieder dauerhaft öffnen. Die Vorgaben werde er dann "eins zu eins" umsetzen. "Wir sind sogar eher etwas vorsichtiger", sagt Mutavsic und fügt hinzu: "Wir alle wollen wieder ein Stück Normalität."

Kein großer Ansturm erwartet

Zumindest ein kleines Stück Normalität ist in der Pizzeria da Dino in Mötzingen zurückgekehrt. Inhaber Misini Bekim hat nicht lange gezögert und sein Restaurant gleich am Montag wieder geöffnet. "Viele Leute haben danach gefragt", erzählt Bekim. "Es geht um unsere Kundschaft, nicht um mich", ergänzt er. Die Hygienemaßnahmen seien auch für ihn ein großer Aufwand. In die Lokale dürfen laut Verordnung nur Geimpfte, Genesene und negativ Getestete. "Die Tests müssen mitgebracht werden", erklärt Bekim. Sein Restaurant habe nicht die Kapazität, um diese vor Ort durchzuführen.

Obwohl die Gaststätten monatelang geschlossen waren, erwartet Bekim keinen großen Ansturm. Viele seien noch vorsichtig und würden lieber den Abholservice nutzen. Am Montagmittag seien lediglich zwei Tische besetzt gewesen. Für Bekim aber kein Problem: "Ich freue mich, wenn der ein oder andere reinkommt." Noch am selben Tag wurde er gegen das Coronavirus geimpft. "Gott sei dank", sagt er, denn die Impfung des Personals biete den Gästen weitere Sicherheit. Er habe aber auch Verständnis für Gastronomen, die sich gegen eine Öffnung entschieden haben. Bekim betont, er habe Mitleid mit jedem aus seiner Branche. Er kritisiert die fehlende Planungssicherheit: "Egal was man tut, es ist falsch." Die Abhängigkeit von der Inzidenz bezeichnet Bekim als "Spielerei."

Eine Schließung nach nur wenigen Tagen ist aufgrund der "Notbremse" nicht ausgeschlossen – doch Bekim zeigt sich zuversichtlich: Er geht davon aus, nicht mehr monatelang schließen zu müssen, sondern nur noch ein bis zwei Wochen, bis sich die Inzidenz eben wieder stabilisiert. "Die Hoffnung stirbt zuletzt."

Simeon Schad, zweiter Vorsitzender der Kreisstelle Böblingen des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, begrüßt den Öffnungsschritt. "Wir hoffen, dass es dabei bleiben kann", sagt er. Die gleichzeitige Öffnung der Innen- und Außengastronomie beurteilt er als "gute und richtige Entscheidung." In der Gastronomie gebe es nachweislich genügend Hygienemaßnahmen. Allerdings kritisiert auch Schad die aktuelle Regelung und fordert einen höheren Spielraum bei der Inzidenz – denn eine Schließung nach nur wenigen Tagen wäre ein "Desaster", so Schad. Die Gaststätten seien nicht in der Lage, so schnell zu reagieren. "Alles ist mit Kosten verbunden", betont er.

Die Gastronomen hätten eine "ganz große Durststrecke hinter sich", die vergangenen eineinhalb Jahre seien für alle Beteiligten "sehr belastend" gewesen. Es gehe um "Existenzen, die nicht wissen, wie es weitergehen soll." Und dennoch: Schad geht davon aus, das viele Gaststätten schnell wieder öffnen werden. "Wir glauben an die Zukunft", sagt er.