Die Insel Sylt zählt zu den Modellregionen, in denen Urlaub demnächst möglich ist. Die Auflagen sind streng, und der Versuch kann jederzeit abgebrochen werden. Foto: Susanne Hamann

Das Land Schleswig-Holstein hat vier Modellregionen ausgewählt, in die man demnächst wieder reisen kann. Dazu zählt auch der beliebte Kreis Nordfriesland. Was Urlauber dazu wissen sollten.

Kiel - Die Osterferien sind ungenutzt verstrichen, doch für Pfingsten gibt es einen Funken Hoffnung: In einigen Modellregionen sind Touristen bald wieder willkommen. Wir beantworten wichtige Fragen dazu.

 

Welche Ferienorte an der Nord- und Ostsee gehören zu den Modellregionen?

Insgesamt zwölf Kreise, Städte, Gemeinden und Regionen haben sich in Schleswig-Holstein um den Titel Modellregion beworben. Der Kreis Nordfriesland mit den Ferieninseln Sylt, Amrum und Föhr, der Dithmarscher Urlaubsort Büsum, die Schleiregion samt Eckernförde sowie die innere Lübecker Bucht haben den Zuschlag erhalten.

Was ist dort erlaubt?

Diese Regionen dürfen nun unter wissenschaftlicher Beobachtung vorsichtige Öffnungsschritte wagen. Dazu gehören neben einer Öffnung der Gastronomie auch touristische Reisen, die anderswo noch verboten sind, wie Wirtschafts- und Tourismusminister Bernd Buchholz bekannt gab.

Wann startet das Projekt?

Der Versuch beginnt am kommenden Montag, 19. April, und ist auf vier Wochen befristet – mit der Möglichkeit der Verlängerung um den Monat Juni. Somit fällt das Modellprojekt genau in die baden-württembergischen Pfingstferien. Eckernförde zum Beispiel legt sofort los, der Kreis Nordfriesland will erst am 1. Mai starten. Vorher müssten noch alle offenen Detail- und Umsetzungsfragen geklärt werden, teilt eine Sprecherin mit. Auf Sylt gibt es laut Moritz Luft, dem Geschäftsführer der Sylt Marketing-Gesellschaft, erst eine Testphase ohne Gäste, „die in keinem Fall vor dem 1. Mai abgeschlossen sein wird“. Das Interesse der Urlauber aber scheint bereits geweckt – Moritz Luft und Eckernfördes Touristikchef Stefan Borgmann berichten von einer steigenden Buchungsnachfrage.

Welche Regeln gelten in den Modellregionen?

Urlauber müssen bei der Anreise einen negativen Coronatest vorweisen. Idealerweise bringen sie ihn von daheim mit. Die Kontrolle erfolgt durch den Vermieter ihrer Unterkunft. Während des Aufenthalts müssen sich die Gäste alle 48 Stunden neu testen lassen. Dazu werden Testzentren eingerichtet. Die Tests sollen kostenlos sein. Auch die Angestellten in den Hotels und Restaurants werden alle zwei Tage überprüft. Vollständig Geimpfte werden möglicherweise noch von der Testpflicht ausgenommen. Die Außen- und die Innengastronomie sowie Geschäfte dürfen öffnen, wer sie besuchen möchte, braucht einen tagesaktuellen Gesundheitsnachweis und muss seine Kontaktdaten angeben. Ab 23 Uhr gilt eine Sperrstunde. In Nordfriesland will man die Kontaktverfolgung mit der App Luca regeln. Auch für Aktivitäten wie Wattwanderungen oder Fahrten mit dem Ausflugsschiff braucht man einen Test vom selben Tag.

Welche Folge hat ein positiver Coronatest?

Wer positiv getestet wird, muss in Quarantäne. Um die geeignete Unterbringung und Versorgung während dieser Zeit müssen sich die Beherbergungsbetriebe kümmern und nötigenfalls auch die sichere Abreise der Gäste organisieren. Die Kosten dafür tragen die Gäste.

Was ist, wenn sich die Pandemie zuspitzt?

„Im Ernstfall kann jedes Modellprojekt abgebrochen und die Gäste nach Hause geschickt werden“, sagt der schleswig-holsteinische Tourismusminister Buchholz. Ausschlaggebend ist nicht nur der Inzidenzwert jedes Kreises, der an drei aufeinanderfolgenden Tagen nicht über 100 steigen darf. Auch die Auslastung der Krankenhäuser vor Ort wird ständig beobachtet.

Kann die sogenannte Bundesnotbremse das Projekt noch verhindern?

Nach bisherigem Stand nicht. Denn auch hier sind strenge Maßnahmen ab einer Inzidenz von 100 vorgesehen. Genaueres weiß man aber erst, wenn das Infektionsschutzgesetz vom Bundestag beschlossen ist.

Bekommt man Geld zurück, wenn man vorzeitig abreisen muss?

Ja. „Sollte die Reise aufgrund behördlicher Anordnungen abgebrochen werden, sind die anteilig nicht genutzten Leistungen zu erstatten, da diese auch nicht mehr angeboten beziehungsweise erbracht werden können“, erklärt Nils Serfort, Rechtsanwalt in der Kanzlei Schumacher & Partner und beim Internetportal Stressimurlaub.de.

Was ist, wenn man seinen Urlaub in einem nun zur Modellregion zählenden Ort schon länger gebucht hat und unter diesen neuen Bedingungen doch nicht reisen möchte?

Die wenigsten Urlauber, die ihre Ferien an der Nord- und Ostsee verbringen, buchen ein Paket bei einem Reiseveranstalter. Doch nur dann genießt der Gast die Vorzüge des Pauschalreiserechts. Sucht man sich eine Unterkunft selbst – sei es in der Ferienwohnung, im Hotel oder auf einem Campingplatz – und organisiert die Anreise in Eigenregie, befindet man sich im Bereich des Mietrechts. „Und hier gilt der Grundsatz, dass das Verwendungsrisiko für die Mietsache ausschließlich der Mieter trägt. Der Mieter wird von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird“, erklärt der auf Reiserecht spezialisierte Rechtsanwalt Paul Degott. Ein solcher „in seiner Person liegender Grund“ wäre die Sorge, sich unter diesen Umständen erholen zu können. Wer deswegen absagt, muss die Stornokosten tragen. Wenn der Vermieter die Unterkunft anderweitig vermieten kann, bekommt der ursprüngliche Gast Geld zurück.

Wie ist die Situation in anderen Bundesländern?

In ganz Deutschland gibt es Modellregionen oder wird es sie geben. In den meisten Bundesländern laufen die Bewerbungsverfahren dazu noch. „Es wäre uns lieber, wenn man richtig öffnen könnte“, sagt Tobias Woitendorf, der Geschäftsführer von Mecklenburg-Vorpommern Tourismus. Das Bundesland wurde 2020 für sein vorbildliches Coronamanagement ausgezeichnet. „Wir hoffen auf eine Wiederholung des Konzepts von letztem Jahr.“ Damals waren Reisen ab Himmelfahrt für Einheimische möglich, ab Pfingsten durften auch Auswärtige an die Ostsee kommen. Wichtig sei, dass Reisen langfristig und flächendeckend möglich seien. Modellregionen sind aus Woitendorfs Sicht nur die zweitbeste Lösung.

Der Landkreis Calw hat sich beim Sozialministerium von Baden-Württemberg als Modellregion beworben, um die stufenweise Öffnung von Hotellerie und Gastronomie zu erproben. In dem Landkreis liegen touristisch interessante Ort wie Bad Teinach-Zavelstein, Bad Wildbad oder Bad Herrenalb. „Allerdings liegen die Modellprojekte derzeit auf Eis – wir haben steigende Infektionszahlen, und die Intensivmediziner warnen vor Überlastung“, teilte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage unserer Zeitung mit.

Detaillierte Informationen zu den Regelungen der einzelnen Bundesländer findet man auf der Homepage www.tourismus-wegweiser.de.