Die Akten eines schwierigen Betrugsprozesses. Foto: M. Bernklau

Prozess gegen zwei Gold-Anlage-Händler aus Höfen und Pforzheim. Angeklagter räumt Fehler ein.

Tübingen/Höfen - Ein Berg Akten liegt vor dem Staatsanwalt Ulf Gutfleisch. Er wirft zwei Männern aus Pforzheim und Höfen vor, von 2011 an einen gewerbsmäßigen Betrug mit Gold-Anlagen aufgezogen zu haben.

 

Ein seltsames Gespann saß neben seinen Verteidigern auf der Anklagebank: den sichtlich hinfällig wirkenden 78-jährigen S. aus Pforzheim hatte man offenkundig von der U-Haft verschont, sein 45 Jahre junger Partner R. wurde aus dem benachbarten Untersuchungsgefängnis in den Tübinger Schwurgerichtssaal geführt. Von dessen – so Richter Ulrich Polachowski – "Anwesen" in Höfen aus soll ein Teil der vorgeworfenen Anlage-Betrügereien mit Gold gesteuert worden sein.

Für den legalen Teil der windigen Gold-Geschäfte soll eine 2008 gegründete Firma "PIM Gold und Scheideanstalt" aus dem hessischen Heusenstamm zuständig gewesen sein, als deren umsatzstärksten Vertreter sich R. vor Gericht bezeichnete. Die zunächst nicht strafbare Geschäftsidee: einerseits privates Altgold günstig einkaufen und zu Barren einschmelzen lassen, andererseits aber vor allem Gold-Spardepots mit hohen Rendite-Versprechungen verkaufen und aus Gebühren und der Differenz zwischen Großhandelspreisen und Kleinvolumen Gewinne ziehen.

Drückerkolonne mit Anzug und Krawatte

An einem "gestaffelten Provisions-System", so der Vorsitzende, soll vornehmlich R. verdient haben. Wohl um die 30 Verkäufer dieses "Vertriebs", den man sich als Drückerkolonne im gehobenen Segment mit Anzug und Krawatte oder auch im Kostüm vorstellen darf, zählt die Anklage zu seinen Geschädigten. Ihnen soll der längst in Liechtenstein und der Schweiz ansässig gewordene R. Provisionen unterschlagen haben, die er sich aber von der Firma zuweisen ließ und – so der Staatsanwalt – teilweise mittels Urkundenfälschungen und Manipulationen im Computersystem der PIM betrügerisch erschlichen habe.

Gegenüber deren Geschäftsführer, der als Zeuge geladen ist, hat R. im Beisein von Anwälten ein Geständnis an Eides statt unterzeichnet, in dem er sich zu fingierten Anlagen einer nicht existenten, aber sogar als gemeinnützig-sozial ausgegebenen Schweizer Stiftung bekennt und zu Schadensersatz gegenüber der Firma und den geprellten Anlegern verpflichtet.

"Unter Druck und unter Angst" habe er das unterschrieben, beteuerte R. gegenüber der Großen Strafkammer. Seinen einstigen Chef und Partner beschuldigte er seinerseits, ihm Provisionen und Abfindungen vorenthalten zu haben. Den Vorsitzenden Richter wunderte die Differenz von weit über 800.000 Euro eidesstattlich eingestandenen Hinterziehungen und rund 160.000 Euro Schaden für gutgläubige Gold-Anleger und die Anlage-Drücker, von denen die Staatsanwaltschaft ausgeht.

Der sprachlich gewandte R. bot dem Gericht aber noch eine zusätzliche Version des Geschehens an, das er als "Fehler" bezeichnete, den er in Teilen und nach Kräften finanziell wieder gutzumachen versucht habe: Auf die Stiftungs-Masche mit abenteuerlichen Verdopplungen, gar Verdreifachungen des eingesetzten Kapitals in kürzesten Fristen, oft kombiniert mit Gold-Anspar-Verträgen, sei er selbst gegenüber einem "Herrn Michailovic" bei einem Treffen im Züricher Hilton-Hotel hereingefallen, dem angeblich "ungefähr zehn" weitere folgten.

Lange, beteuerte er treuherzig, habe er an dieses Modell selber geglaubt, weil ihm ausbezahlte Anleger die Seriosität bestätigt hätten. Als er später den Schwindel bemerkt habe, so der Angeklagte, sei er unfreiwillig zum betrogenen Betrüger geworden. Der "Fehler" habe ihn nun auf die Anklagebank gebracht. Aber auch bei einem Meeting der PIM-Verkäufer in einem Münchner Edelhotel habe er den "Irrtum" eingeräumt und Wiedergutmachung zugesagt.

Das Urteil wird erst Anfang Dezember erwartet.