Thomas Braune konnte bei der ersten Wahl die meisten Stimmen für sich verbuchen. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder Bote

Bürgermeisterwahl: Gemeinde profitiert schon jetzt von einer neuen Debattenkultur in Lokalpolitik

Er geht am Sonntag zweifellos als Favorit in den zweiten Wahlgang zur Bürgermeisterwahl in Höfen: Thomas Braune. Nur 21 Stimmen haben ihm vor knapp drei Wochen im ersten Wahlgang gefehlt zur absoluten Mehrheit.

Höfen. Entsprechend entspannt gibt auch er sich im Wahl-Endspurt. Aufgeregt sei er eigentlich nicht. Seine 47,3 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang sind wahrscheinlich auch ein gutes Polster. Aber darauf ausruhen mag Braune, immerhin amtierender Erster Bürgermeister-Stellvertreter in Höfen und aktives Gemeinderats-Mitglied, sich auch nicht. Auch er hat noch einen neuen Werbe-Flyer im Köcher, den er kurz vor der Wahl an alle Höfener Haushalte verteilen wird. Was drin stehen werde? "Das kann ich natürlich noch nicht verraten." Dann wäre ja der Überraschungs-Effekt weg.

Aber vielleicht will er ja auch nur schauen, was seine beiden Höfener Mitbewerber Carsten Dachner und Heiko Stieringer in ihren Flyern so ansprechen werden – um darauf eventuell noch reagieren zu können. Und wieder: So tief die Freundschaft der drei Bürgermeister-Kandidaten auch ist, bei dieser Wahl schenken sie sich nichts. War das früher auf dem Fußballfeld auch so – bei ihrer gemeinsamen Zeit beim VfL Höfen? Auf welcher Position er denn da gespielt habe?

"Rechter Verteidiger", erzählt Braune. Der ob seines Namens und dieser Position aber da ausdrücklich keine politische Positionierung repräsentiert sehen will: "Um Gottes Willen!" Er habe dann später auch viel länger im Tor gestanden, das sei seine eigentliche Bestimmung auf dem Fußballplatz gewesen. Dachner und Stieringer waren je nach Aufstellung und Mannschaft seine Vorstopper, die die gegnerischen Mittelstürmer aufhalten sollten. "Ich war dann der, der den Kasten sauber hielt." Was ja nicht die schlechteste Metapher für einen Bürgermeister-Kandidaten sei.

Für die Wahl am Sonntag habe er sich noch nichts konkretes vorgenommen; zumindest bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses um 18 Uhr im Kursaal des Rathauses. "Wahrscheinlich etwas mit der Familie unternehmen", bei dem guten Wetter, das angekündigt sei. Und nach dem Wahlentscheid "auf jeden Fall feiern", egal wie die Wahl ausgegangen sein wird. Er hoffe, dass die Gemeinde "genug Sekt kalt gestellt" haben werde. Und "für die Kaviar-Häppchen werden noch Sponsoren gesucht", flachst Braune munter weiter. Man muss einmal sagen, dass diese Bürgermeister-Wahl in Höfen ein echtes Phänomen ist: einen faireren, freundschaftlicheren Wahlkampf hat die Welt vermutlich noch nicht gesehen.

Auch bei den Brennpunkt-Themen für Höfen fällt es schwer, die Unterschiede in den Positionen der Kandidaten herauszuarbeiten. Braune listet auch auf: Gemeindehalle, Verkehrssituation an der Bundesstraße, seniorengerechtes Wohnen – "nicht nur an die Kindergärten denken."

Prioritäten vertauscht

Da sind nur die Prioritäten vertauscht, zum Beispiel zu Stieringer. Kindergärten und seniorengerechtes Wohnen wollen beide angehen, aber mit umgekehrter Wichtigkeit.

Aber vielleicht ist das alles auch kein Wunder und eigentlich aus Sicht der Höfener Bürgerschaft auch richtig gut: wenn alle drei (ernsthaften) Bürgermeister-Kandidaten in ihrem jeweiligen Themen-Kanon zu immer ganz ähnlichen, fast deckungsgleichen Positionen kommen – jetzt am Ende des Wahlkampfes. Denn es beweist ja im Prinzip nur, dass alle drei den Bürgern sehr genau zugehört haben; und für sich die jeweils gleichen Arbeitsaufträge – mit Unterschieden nur in Nuancen – dabei herausgelesen haben, für den Fall, dass sie diese Wahl gewinnen.

Letzter Versuch, eine Kontroverse zwischen den Kandidaten herauszukitzeln: Auch an Braune die Frage nach dem Sonnen-Kreisel. Es war zu erwarten – auch von ihm die mittlerweile unvermeidliche Antwort: Der sei (auch) bei ihm mittlerweile "etwas weniger hoch gehangen." Der sei zwar nach wie vor wichtig und werde (dringend) benötigt, aber das werde die Gemeinde niemals finanziell alleine stemmen können. Und, auch das sei hier erwähnt: Sofort geht zwischen Braune und den mit im Interview sitzenden Mit-Kandidaten Heiko Stieringer und Carsten Dachner die muntere und vor allem überraschend konstruktive Diskussion (wieder) los, wie man diese Sonnen-Kreuzung doch auch in der aktuellen großpolitischen Konstellation entschärfen könnte.

Gehobene Debattenkultur

Wie gesagt: kein Streit der drei Kandidaten auch zu diesem (endlich) kontroversen, vielfältigen Thema – sondern nur ein offener, intelligenter Disput mit dem Austausch der jeweils fundiert gesammelten Argumente Für oder Wider der jeweiligen Lösungsvorschläge. Gehobene, kommunalpolitische Debattenkultur auf absolut hohem Niveau – möchte man sagen. Getragen von einem (im lokalen Diskurs) in dieser Form selten erlebten gegenseitigen Respekt; man nennt das heute auch "Achtsamkeit": Mein Gegenüber mit seinen Positionen einfach auch mal stehen zu lassen, ohne sofort "Anti" zu sein. Sondern zu schauen, wie sich die verschiedenen Positionen zu einem "besten Ganzen" miteinander ergänzen, kombinieren lassen. Ein wirklich toller politischer Umgang miteinander.

Weshalb man wohl wieder sagen kann: Egal, wer am Sonntag die Wahl gewinnt und neuer Bürgermeister in Höfen wird – die Gemeinde insgesamt hat schon jetzt gewonnen: Durch eine neue politische Kultur, die von den drei Kandidaten Braune, Stieringer und Dachner hier im kommunalpolitischen Diskurs eingeführt wurde.

(mak). Beim zweiten Wahlgang am Sonntag, 27. Mai, dürfen 1436 wahlberechtigte Bürger zur Urne schreiten – am 6. Mai zählte man noch 1442. 204 Höfener haben diesmal Briefwahl beantragt.

In der Enztal-Gemeinde mit rund 1800 Einwohnern ist das einzige Wahllokal (Kursaal des Rathauses) von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Wie der Nachfolger von Schultes Holger Buchelt heißen wird, stellt sich dann am Sonntag gegen 19.30 Uhr heraus.

Beim zweiten Wahlgang reicht übrigens die einfache Mehrheit, bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. Am 6. Mai lautete das Ergebnis folgendermaßen: Thomas Braune, 358 Stimmen (47,3 Prozent); Heiko Stieringer 284 Stimmen (37,5 Prozent); Carsten Dachner 65 Stimmen (8,6 Prozent); Fridi Miller, sieben Stimmen (0,9 Prozent).