Überglücklich ob des überraschenden Ergebnisses: Heiko Stieringer und seine Lebensgefährtin Karin Goll. Foto: Kunert

Überraschender Sieg mit elf Stimmen Vorsprung. Wird Fridi Miller Ergebnis jetzt anfechten? Mit Kommentar

Höfen - Heiko Stieringer heißt der neue Bürgermeister von Höfen. Er wurde am Sonntag im zweiten Wahlgang mit 47,38 Prozent der gültigen Stimmen gewählt. Im ersten Wahlgang war Stieringer seinem Mitbewerber Thomas Braune noch mit knapp zehn Prozentpunkten unterlegen.

Zum Schluss war die Spannung in Höfen so explosiv wie die schwüle Gewitterluft, die am Sonntag den ganzen Tag über den Nordschwarzwald fest in Griff hatte: Würde Thomas Braune seiner Favoriten-Rolle aus dem ersten Wahlgang gerecht werden, wo er noch mit nur 21 Stimmen an der absoluten Mehrheit gescheitert war? Oder könnte Heiko Stieringer, im ersten Durchgang am 6. Mai noch gut zehn Prozentpunkte hinter Braune, seinen arbeitsreichen Schlussspurt im Wahlkampf doch noch mit Erfolg krönen und den Sieg einfahren?

Einfach nur sprachlos

Am Ende hatte es Stieringer – vermutlich dank seines extrem engagierten Wahlkampfes in den vergangenen drei Wochen – doch noch geschafft, die Stimmung in Höfen zu seinen Gunsten zu drehen. "Ich bin einfach nur sprachlos. Und natürlich überglücklich, dass es nun doch für mich gereicht hat", so ein sichtlich überwältigter Wahlsieger kurz nach Bekanntgabe des vorläufigen amtlichen Endergebnisses durch Wahlleiter und Noch-Bürgermeister Holger Buchelt im Hof des Höfener Rathauses. Die Höfener feierten ihren künftigen neuen Bürgermeister Heiko Stieringer, der die Wahl formal direkt annahm, im Anschluss mit einer zünftigen Wahlparty. Die beiden anwesenden Wahl-Verlierer Thomas Braune und Carsten Dachner waren mit die ersten Gratulanten des Wahlgewinners und wünschten Stieringer alles Gute für sein neues Amt.

So fair wie der gesamte Wahlkampf der drei gebürtigen Höfener verlief, feierten alle anschließend auch gemeinsam den doch letztlich für alle überraschenden Wahlausgang. Bis zuletzt galt Thomas Braune, immerhin amtierender Höfener Gemeinderat und erster Bürgermeisterstellvertreter, als Favorit dieser Wahl. Unter dem Eindruck seines "erhofften", aber eigentlich doch auch unerwarteten Wahlsiegs gab Stieringer jetzt seiner Hoffnung Ausdruck, dass er nun mit Braune – als künftig seinem ersten Stellvertreter als Höfener Bürgermeister – nun "gemeinsam die beste Politik für Höfen" machen könne. Im Wahlkampf und nach dem ersten Wahlgang war von vielen im Ort gefrotzelt worden, dass Stieringer und Braune doch gemeinsam das Amt des Höfener Rathaus-Chefs ausfüllen sollten. Ein Szenario, das, so Stieringer am Sonntagabend spontan nach dem Wahlgewinn, nun in der jetzt Wirklichkeit gewordenen Konstellation tatsächlich möglich werden könnte.

48,05 Prozent Beteiligung

Insgesamt konnten gestern 1434 der zuletzt 1799 Höfener Bürger ihre Stimme bei dieser Wahl abgeben. Wahlberechtigt waren auch wieder alle EU-Bürger mit Wohnsitz in Höfen und alle Jugendlichen ab 16 Jahren.

Die Wahlbeteiligung lag diesmal immerhin noch bei 48,05 Prozent – was bedeutet: 689 Höfener hatten bis 18 Uhr im Kursaal des Rathauses, dem einzigen Wahllokal im Ort, ihren Wahlzettel ausgefüllt und abgegeben oder an der Briefwahl teilgenommen. Davon waren gemäß vorläufigem amtlichem Endergebnis drei Stimmen ungültig, somit 686 gültig.

Heiko Stieringer kam am Ende auf 325 Stimmen (47,38 Prozent), Thomas Braune auf 314 Stimmen (45,77), Carsten Dachner auf 39 Stimmen (5,69) und Dauer-Kandidatin Fridi Miller auf vier Stimmen (0,58). Insgesamt vier Stimmen wurden wieder unter "sonstige Personen" verbucht.

Die offizielle Amtseinsetzung für den neuen Bürgermeister wird in exakt zwei Monaten, am Freitag, 27. Juli, in der Gemeindehalle erfolgen. Die erste Amtszeit des gebürtigen Höfeners Stieringer, der derzeit noch mit Lebensgefährtin Karin Goll und deren Tochter in Ettlingen wohnt, als neuer Rathaus-Chef in Höfen beginnt dann formal am 1. August.

Allerdings schwebt über der Wahl von Stieringer zum neuen Höfener Bürgermeister und seiner offiziellen Amtseinsetzung nun noch ein gewisses Damokles-Schwert: Mit- und Dauer-Kandidaten Friedhild "Fridi" Miller, die in den vergangenen Jahren bereits bei mehr als 100 Bürgermeisterwahlen angetreten war, ist in jüngster Vergangenheit dazu übergegangen, Wahlen, bei denen sie (naturgemäß) unterlegen ist, anschließend auf dem Rechtsweg anzufechten. Das hat zwar wohl nie wirklich Erfolgsaussichten, verhindert aber die Amtsführung des siegreichen Kandidaten für Monate. In einigen Fällen – wie in Millers Heimatstadt Sindelfingen – sogar für Jahre, wenn Miller durch alle Instanzen bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zieht. Was den Verwaltungsapparat damit wirklich nachhaltig blockiert.

Miller will, wie sie gegenüber dieser Zeitung sagte, auf diese Weise "das System lahmlegen". Hintergrund ist ein eskalierter Sorgerechtsstreit Millers um ihre Tochter, die ihr vor einigen Jahren von Amtswegen wegen einer mutmaßlichen Aufsichtspflichtverletzung entzogen worden war.

Ob Miller, die am Sonntag aus familiären Gründen nicht zur Verkündung des Wahlergebnisses nach Höfen gekommen war, auch gegen das Ergebnis der Höfener Bürgermeisterwahl formal Einspruch beziehungsweise Rechtsmittel einlegen wird, ließ sie am Sonntag auf telefonische Nachfrage offen. Wenn sich ein Grund fände, dann vielleicht.

Kommentar: Höfen gewinnt

Von Axel H. Kunert

Was im ersten Wahlgang zur Höfener Bürgermeisterwahl noch ganz anders aussah, hat sich am Sonntag komplett gedreht: Heiko Stieringer wird neuer Schultes der Enztal-Gemeinde. Im Vorfeld gab es gerade vom Noch-Bürgermeister immer wieder kritische Worte darüber, dass kein ernsthafter Kandidat gelernter Verwaltungsfachwirt sei. Stieringer wird sich das "bürgermeisterliche Rüstzeug" jetzt schnell aneignen müssen. Das muss aber nicht schlecht sein. Im Gegenteil: Amtsinhaber aus der freien Wirtschaft können eine neue Sicht auf den Verwaltungsbetrieb einbringen. Und neue Impulse setzen – gerade bei der Einbindung der Bürger. Auch für Höfen deutet sich das nach den lebhaften Diskussionen im Wahlkampf an. Es bleibt zu hoffen, dass der Schwung und die Euphorie der vergangenen Wochen erhalten bleiben. Dann hat Höfen die Wahl auf jeden Fall gewonnen.