An dieser Stelle des Mühlenkanals fehlt ein Zaun. Foto: Polet

Wie schnell ein Hochwasser zu einer Katastrophe wird, hat sich vor einigen Wochen in mehreren Regionen gezeigt. In Mühlheim werde das Thema nicht ernstgenommen, lautet der Vorwurf unseres Lesers Hartmut Polet. Bürgermeister Gerd Hieber nimmt dazu Stellung. 

Sulz-Mühlheim - Den Mühlheimer Hartmut Polet beschäftigt das Thema Hochwasserschutz nicht erst seit der Katastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Immer wieder greift er es auf – gelegentlich auch in Ortschaftsratssitzungen. Mit der Antwort der Ortsvorsteherin Barbara Klaussner in einer der jüngsten Sitzungen, der Neckar habe oberste Priorität, will er sich nicht zufriedengeben. Denn die Erinnerungen an die Überschwemmungen bei den Anliegern des Mühlbachs seien noch präsent, macht er klar.

Deshalb hat er sich unter anderem an den CDU-Landtagsabgeordneten Stefan Teufel mit einem Brief gewandt. Polets Beobachtung: Der Mühlbachkanal leite bei Starkregen nicht mehr alle Wassermassen durch. Zudem komme Wasser vom Weiherbach und Schindergraben in den Mühlbach. Er ist überzeugt, dass auch das Autobahn-Abwasser den Hochwasserspiegel noch zusätzlich hebe.

"Der Stauweiher an der Unteren Mühle hat keine Hochwassersicherung und muss manuell geöffnet werden. In Sulz geht das automatisch", schildert Polet. Er warnt: "Bei längerem Starkregen besteht die Gefahr, dass wir wieder Hochwassergefahren ausgesetzt sind, wie in den 50er-Jahren."

Er moniert außerdem, dass "sich niemand für die Pflege vom Mühlbach und auch vom Weiherbach kümmert". Alles wachse zu; Äste in den Rückhaltebecken würden nicht entfernt. "Früher wurde der Bach seitens der Gemeinde von den Einwohnern gesäubert. Mit angemessener Entlohnung", erinnert er sich. Heute gleiche der Mühlbach im Uferbereich einer Wildnis. "Das sieht in der Kernstadt entlang dem Neckar etwas anders aus", sagt er – und wirft der Stadtverwaltung somit vor, sich in erster Linie um Sulzer Themen zu kümmern und die Ortsteile zu vernachlässigen.

Aufgabe seit 2014 fest verankert

Wir haben Ortsvorsteherin Barbara Klaussner und Bürgermeister Gerd Hieber um eine Stellungnahme gebeten. Während Klaussner zum Thema Hochwasserschutz kein Statement abgab, meldete sich Bürgermeister Hieber mit umfangreichen Ausführungen – mit denen er aus gesamtstädtischen Sicht die Lage erläutert.

"Bereits im Stadtentwicklungskonzept aus dem Jahr 2014 wurde darauf hingewiesen, dass das Stadtgebiet Sulz aufgrund seiner topografischen Begebenheiten aus Tal- und Hochlagen, ausgelöst durch die Klimaveränderung, mit zunehmenden extremen Hochwasserereignissen rechnen muss. Mit der Kernstadt Sulz und den Ortschaften Fischingen, Glatt, Hopfau, Bergfelden, Renfrizhausen und Mühlheim liegen sieben Ortslagen an Glatt, Neckar und Mühlbach; lediglich Dürrenmettstetten, Holzhausen und Sigmarswangen sind von Gewässern weniger tangiert", schreibt Hieber. Deshalb sei im Stadtentwicklungskonzept die konsequente Umsetzung eines gesamtstädtischen Hochwasserschutzes als Querschnittsaufgabe für die Zukunft definiert worden.

Der Bürgermeister erinnert: "Die Stadt Sulz hat im Jahr 2000 mit den Ortschaften Glatt und Hopfau und oberliegenden Gemeinden und Städten bis nach Freudenstadt den ›Zweckverband Hochwasserschutz im Einzugsbereich der Glatt‹ gegründet. Am Oberlauf der Glatt und der Zuflüsse Lauter und Ettenbach wurden drei Hochwasserrückhaltebecken gebaut und am Unterlauf der Glatt wurden ergänzende begleitende Hochwasserschutzmaßnahmen durchgeführt."

Große Investitionen in Hopfau und Glatt

In Hopfau verweist Hieber auf die "deutlich sichtbare Fläche einer Vorlandabgrabung nach der Brücke über die Glatt" und in Glatt "auf das Beispiel der hochwassergerechten Umgestaltung der gesamten Schlossanlage, insbesondere Schlosspark". Hier seien insgesamt 15 Millionen Euro investiert worden – nach Abzug der Förderung des Landes habe die Stadt einen Eigenanteil in Höhe von 800 000 Euro tragen müssen. In diesem Zusammenhang weist Hieber vehement den Vorwurf zurück, dass die Ortsteile bei Investitionen benachteiligt seien.

"Entlang des Neckars haben Untersuchungen gezeigt, dass Rückhaltebecken oberhalb von Sulz und Fischingen nur wenig Nutzen, aber sehr hohe Kosten aufweisen. Deshalb kommen für die Kernstadt Sulz und für die Ortschaft Fischingen lokale Hochwasserschutzmaßnahmen in Betracht", führt Hieber weiter aus.

Und es geht voran: In Fischingen seien die Maßnahmen in einer öffentlichen Bürgerversammlung vorgestellt und in Einzelgesprächen mit den betroffenen Grundstückseigentümern vertieft worden. "Die gewonnenen Anregungen wurden von den verantwortlichen Planern verarbeitet und gehen jetzt aktuell nochmals in eine direkte Gesprächsrunde mit den Fischinger Bürgerinnen und Bürgern, um dann Anfang nächsten Jahres die Genehmigungsplanung einzureichen", so Hieber.

In der Kernstadt sei das Land Baden-Württemberg dabei, die bestehenden Ufermauern auf ihre Standfestigkeit zu überprüfen. "Auch bei diesem Projekt wird es anschließend zu einer Bürgerbeteiligung im Vorfeld der Genehmigungsplanung kommen", versichert das Stadtoberhaupt.

Festgelegt ist auch der Zeitrahmen: Mit der Umsetzung beider Maßnahmen soll 2023 beziehungsweise 2024 begonnen werden. "Dies ist allerdings von einem positiven Verlauf des Genehmigungsverfahrens abhängig", räumt Hieber ein.

Rückhaltebecken oberhalb von Bergfelden

Doch wie ist die Lage konkret im Mühlbachtal, das bei Starkregenereignissen immer wieder betroffen ist? "Für den Mühlbach wurde auf den Gemarkungen Vöhringen und Sulz, also für die Ortslagen Bergfelden, Renfrizhausen und Mühlheim vom Ingenieur-Büro Wald und Corbe eine Flussgebiets-Untersuchung mit dem Ergebnis durchgeführt, dass die Umsetzung des Hochwasserschutzes lokal erfolgen sollte", erläutert Hieber.

Eine nachfolgende, weiter in die Tiefe gehende Studie sei für Bergfelden, Renfrizhausen und Mühlheim zum Ergebnis gekommen, oberhalb von Bergfelden ein Rückhaltebecken und in allen Ortslagen Gewässerausbaumaßnahmen mit einem grob geschätzten Kostenrahmen von zwei Millionen Euro brutto zu planen. "Der nächste Planungsschritt sieht hier die Konkretisierung des Beckenstandorts vor, um den nötigen Grunderwerb zu tätigen, da erst dann ein entsprechender Zuschussantrag beim Land Baden-Württemberg gestellt werden kann", erklärt Hieber die Hintergründe.

Er betont, dass auch das von der Autobahn 81 anfallende Wasser in die Planungen mit einbezogen werde, "wobei es hier neben der Menge auch auf die entsprechende Reinigung vor der Ableitung in den Mühlbach ankommen muss".