Der Starkregen hat Lörracher Straßen geflutet. Mittlerweile hat sich die Lage beruhigt, der öffentliche Notstand wurde am Sonntagmittag wieder aufgehoben. Foto: dpa/Kristoff Meller

Am Oberrhein sind am Samstag zwei weitere Polder und ein Kulturwehr geflutet worden, um die Staudämme bei Iffezheim zu entlasten. In Lörrach beginnt man nach den sintflutartigen Regengüssen der Vorwoche mit den Aufräumarbeiten in der Stadt.

Stuttgart - Einen Satz hat Jörg Lutz in den vergangenen Tagen besonders oft gehört: „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagten die Lörracher zu ihrem Oberbürgermeister. Am Dienstag, Donnerstag und Freitag wurde die Stadt von sintflutartigen Regengüssen heimgesucht. Immer wieder verdunkelte sich der Himmel, teilweise von jetzt auf gleich, und der Regen schob sich wie eine graue Wand auf die Stadt zu.

Lutz selbst wollte sich am Freitag noch auf den Weg ins Zentrum machen, er hatte einen Termin. „Ich kam hundert Meter weit, da war schon die erste Straße überflutet, und der erste Autofahrer versuchte verzweifelt, aus seinem Wagen heraus zu kommen“, sagt er. Der OB rief in der knapp 50 000 Einwohner zählenden Stadt den öffentlichen Notstand aus. Am Sonntag um 12 Uhr hob Jörg Lutz ihn wieder auf. Da scheinte in Südbaden endlich wieder die Sonne.

OB Lutz: Wir können so nicht mehr weitermachen

Im Vergleich zu Westdeutschland „sind wir glimpflich davon gekommen“. Aber „der Schreck steckt uns allen schon noch in den Gliedern“. Beziffern ließen sich die Schäden noch nicht, sagt Lutz. Aber sie sind wohl beträchtlich. Die Schule wurde geflutet, eine Bankfiliale und der Supermarkt überschwemmt, das Pflegeheim stand unter Wasser, wie zig Keller und Tiefgaragen auch. Das Wirtshaus Mättle hat vor einem Monat frisch renoviert wieder aufgemacht. Jetzt können die Wirtsleute wieder von vorne anfangen. Auch in dem Kellerlokal war Land unter. „Wir können so nicht mehr weitermachen“, sagt Jörg Lutz mit Blick auf den Klimawandel. Das gelte für alle Ebenen. „Wir als Städte müssen das Thema Versiegelung angehen.“

Im Lörracher Freibad schlug der Blitz ein

Immerhin kam kein Mensch zu Schaden. Viel gefehlt hat nicht. Im Freibad schlug der Blitz ein, „Gott sei Dank nur in einen Baum“, erzählt Manuel Müller, der Kommandant der Lörracher Feuerwehr: Das Freibad sei zu der Zeit voll belegt gewesen. 203 Einsätze haben seine Kollegen zu bewältigen gehabt, darunter extrem viele Noteinsätze, weil Menschen in ihren Kellern festsaßen, sich nicht mehr aus ihren Autos befreien konnten und mit ihnen weggeschwemmt wurden - und in einem Fall auch, weil ein junger Mann beinahe in einen Kanalschacht gesogen worden wäre.

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Land unter am Oberrhein

Der Starkregen ließ auch den Oberrhein und den Bodensee anschwellen. Am Oberrhein ging schon am Donnerstag ein Polder in Betrieb. Am Samstag um die Mittagszeit wurden auch der Polder Erstein linksseitig des Rheins und auf deutscher Seite das Kulturwehr Kehl/Straßburg sowie der Polder Altenheim geflutet, weil die Pegel weiter stiegen. Das sorgte am südlichen Oberrhein für Entlastung. Am Pegel Karlsruhe/Maxau wurden am Samstagabend 8,65 Meter gemessen. Das entspricht einem Hochwasser, wie es einmal in zehn Jahren vorkommt – ein sogenanntes zehnjährliches Hochwasser. Bis Sonntagmittag ist der Pegel nach Angaben des Hydrologen Rüdiger Friese von der Hochwasservorhersagezentrale um knapp einen halben Meter gesunken. In Konstanz lag der Pegel im Bereich eines halbjährlichen Hochwassers.

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