Um dem Fachkräftemangel im eigenen Haus zu begegnen, will die Hochschule Albstadt-Sigmaringen ein größeres Maßnahmenpaket umsetzen. Foto: Shutterstock

Es gehört zu den Kernaufgaben von Hochschulen, die hochqualifizierte Fachkräfte heranzubilden. Indes macht der Fachkräftemangel auch vor den Hochschulen selbst nicht halt.

Albstadt/Sigmaringen - Potenzielle Professorinnen und Professoren mit angemessener Qualifikation gibt es nicht wie Sand am Meer, und wer für solch einen Posten in Frage kommt, überlegt es sich gut. Die Einstiegshürden sind nämlich hoch: "Bewerberinnen und Bewerber müssen bei uns nicht nur einen Doktortitel haben und Erfahrungen in der Lehre nachweisen", sagt Bernadette Boden, die Kanzlerin der Hochschule. "Wegen des hohen Praxisbezugs kann bei uns nur Professor werden, wer mindestens fünf Jahre Berufserfahrung hat – das ist hier anders als an der Universität." Doch wer einmal so lange Industrieluft eingeatmet habe, sei nicht ohne Weiteres für eine Professur zu gewinnen; schließlich locke die freie Wirtschaft mit guten Karrierechancen und guter Bezahlung.. "Schade", kommentiert die Kanzlerin, "die Hochschule hat als Arbeitgeberin eine Menge zu bieten. Aber leider wissen das viele nicht."

Es winken 1,5 Millionen

In den kommenden zehn Jahren müssen in Albstadt und Sigmaringen annähernd 25 Professuren nachbesetzt werden, weil die derzeitigen Stelleninhaberinnen und -inhaber in den Ruhestand gehen. "Die natürliche Fluktuation kommt hinzu", weiß Boden – und freut sich umso mehr, dass es der Hochschule Albstadt-Sigmaringen als einer von sieben in Baden-Württemberg gelungen ist, die Jury des Bund-Länder-Programms "Förderung der Gewinnung und Entwicklung von professoralem Personal an Fachhochschulen" von ihrem Antragskonzept zu überzeugen. Die ausgewählten Hochschulen sollen individuelle Konzepte und Instrumente zur Personalrekrutierung und -qualifizierung erstellen; das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie die Länder stellen dafür sechs Jahre lang insgesamt 430 Millionen Euro zur Verfügung. Davon wird die Hochschule Albstadt-Sigmaringen an die 1,5 Millionen Euro bekommen.

Mehr Zeit für Forschung

Was macht sie mit dem Geld? Erstens, erklärt Boden, sollen geeignete Personen bei der Promotion unterstützt werden und parallel dazu die Möglichkeit erhalten, Lehrerfahrungen zu sammeln. Zweitens soll das Marketing im Bereich Fachkraftakquise ausgebaut und verbessert werden, um potenziell Interessierten ein Höchstmaß an Information bieten zu können. Drittens will die Hochschule neuen Professorinnen und Professoren Einstieg und Einarbeitung erleichtern und viertens – last but not least – sogenannte Forschungsprofessuren etablieren, die für forschungsstarke Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler attraktiv sind. "Forschende an Hochschulen für angewandte Wissenschaften brauchen zeitliche Freiräume", sagt Innovations- und Transfermanager Steve Kovacs. "Die zusätzlichen Mittel ermöglichen es uns, das Lehrdeputat für Forschungsprofessuren zu reduzieren."

Zuerst der eigene Nachwuchs

Leitend ist bei all dem der Gedanke, Personal primär aus dem eigenen Nachwuchs zu rekrutieren, statt auswärts zu suchen. Personalentwicklerin Christina Sick begrüßt diesen Ansatz: "Wir müssen besonders talentierte Studierende viel früher über entsprechende Qualifizierung an uns binden – dafür brauchen wir aber die Strukturen." Neben Kovacs und Sick haben auch Benjamin Hesse, Leiter des Instituts für zukunftsfähiges Lehren und Lernen, sowie die neuberufenen Professoren Christofer Fein und Christian Henrich an dem Antrag mitgeschrieben, der das 24-köpfige Auswahlgremium letztlich überzeugte. "Wir haben viele Stärken", sagt Bernadette Boden. "Wir bieten ein persönliches Umfeld mit viel Raum für eigene Ideen und sehr familienfreundliche Arbeitsbedingungen. Wir müssen nur noch intensiver dafür sorgen, dass diese Informationen auch bei den richtigen Adressaten ankommen."