100 Jahre alt: Nagolds erstes Heimatbuch Foto: Heiko Hofmann

„Nagolder Heimatbuch“: So simpel der Titel, so bedeutend das Werk. Vor 100 Jahren erschien das erste Nagolder Heimatbuch. Noch heute ist das Werk bedeutend. Zumal die Mitarbeiter in ihren Fachbereichen echte Hochkaräter waren.

Zum 100. Geburtstag des Nagolder Heimatbuches stellt das „Museum im Steinhaus“ bis zum 18. Mai 2025 zahlreiche sehenswerte Werke des Nagolder Künstlers, Kunsterziehers und Illustrators Karl Bach (1877-1929) aus.

 

Bach war Absolvent der Königlich-Württembergischen Kunstgewerbeschule in Stuttgart und wirkte als Oberlehrer für Zeichnen und Geometrie von 1908 bis 1929 am Nagolder Lehrerseminar. Mehr als 250 seiner heimischen Landschaftsansichten fanden als Illustrationen (Tuschzeichnungen und Holzschnitte) Eingang in das 1925 erschienene Nagolder Heimatbuch von Georg Wagner und trugen damit zu der auch sonst überdurchschnittlichen Qualität des Buches bei.

Es steht außer Zweifel, dass dieses 384 Seiten starke erste Nagolder Heimatbuch auch heute noch mit Gewinn zu lesen ist. Auf der Mitarbeiter-Seite tauchen die Namen von einigen seinerzeit bedeutenden Archäologen und Historikern auf. Im 1926er-Jahrbuch des „Bundes für Heimatschutz“ (heute: „Schwäbische Heimat“) liest man dazu eine lobende Rezension. Darin wird die „Wissenschaftliche Zuverlässigkeit, klare Anschaulichkeit und geschlossene Einheitlichkeit“ des Werkes hervorgehoben und zurecht von „einer hervorragenden Bereicherung unseres heimatkundlichen Schrifttums“ gesprochen.

Es ist tatsächlich erstaunlich, dass so viele wissenschaftliche Experten für das Buch gewonnen werden konnten. Da ist zunächst schon der Name des Herausgebers, Professor Dr. Georg Wagner, ein Qualitätsmerkmal.

Professor Dr. Georg Wagner (1885-1972)

Der Geologe schrieb im Heimatbuch den Artikel „Aus der Erd- und Landschaftsgeschichte“. Er war von 1913 bis 1925 Professor am Lehrerseminar in Nagold, bevor er von 1946 bis 1953 den Lehrstuhl für „Allgemeine und Angewandte Geologie“ an der Universität Tübingen innehatte. Von vielen Zeitzeugen, die als Studenten an seinen legendären Exkursionen teilnahmen, wird seine besondere Liebe zur Heimat hervorgehoben, die er selbst im Vorwort des Nagolder Heimatbuches als „eine der wertvollsten und stärksten Kräfte in unserem Leben“ bezeichnet. Zurecht ist eine Straße im Nagolder Westen nach ihm benannt worden.

Hier seien die Namen weiterer bedeutender Mitarbeiter aufgezählt, ohne die sonstigen Beiträge qualitativ zu schmälern.

Professor Dr. Peter Goessler (1872-1956)

Altphilologe, Archäologe, Prähistoriker. 1920-1934 Landeskonservator. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er Vorsitzender des Schwäbischen Albvereins. Offensichtlich war er beratend bei der Buch-Erstellung tätig, da er zwar genannt wird, aber kein Beitrag von ihm namentlich ausgewiesen ist. Vielfache Veröffentlichungen zur Landesgeschichte. In Tübingen ist eine Straße nach ihm benannt.

Professor Dr. Oskar Paret (1889-1972)

Archäologe, dem Denkmalschutz und der Denkmalpflege verpflichtet. Landeskonservator von Baden-Württemberg (1949-1954). Bei der Neugründung des Württembergischen Landesmuseums 1947 wurde er mit der Leitung der ur- und frühgeschichtlichen Sammlungen sowie der archäologischen Denkmalpflege betraut. In seinem Standardwerk zur „Urgeschichte Württembergs“ (1921) lesen wir in seinem Vorwort den emotional geprägten Satz: „Tiefste Liebe zur Heimat ließ dieses Buch entstehen“. Sein Beitrag zum Nagolder Heimatbuch beinhaltet das Thema „Die urgeschichtliche Besiedlung“.

Professor Dr. Friedrich Hertlein (1865-1929)

Archäologe, Prähistoriker und Pädagoge. Er war ein Wegbereiter der provinzialrömischen Geschichte im heutigen Baden-Württemberg. Dabei beschäftigte er sich mit der Erforschung der Römerstraßen und Wehranlagen der römischen Provinz „Germania superior“ rechts des Rheins. In diesem Sinne heißt sein Beitrag zum Nagolder Heimatbuch „ Vom Alter unserer Wege“.

Zwei Nagolder Fachleute

Nicht vergessen werden sollen in diesem Zusammenhang zwei Nagolder Fachleute, die ebenfalls bedeutsame Beiträge zum ersten Nagolder Heimatbuch geschrieben haben.

Da ist einmal der langjährige Studiendirektor (1907-1924) des Lehrerseminars in Nagold Johann Georg Dieterle (1856-1948). Aus seinem über 100-seitigen Beitrag mit dem Thema „Aus der Geschichte“ ging sein späteres 1931 erschienenes Hauptwerk „Die Stadt Nagold – ihr Werden und Wachsen bis auf die Gegenwart“ hervor, das zur Grundlage jeder weiteren historischen Arbeit über Stadt und Region werden sollte. Nicht zuletzt deswegen wurde er 1931 zum Ehrenbürger der Stadt Nagold ernannt.

Zum anderen ist Professor Dr. Felix Schuster (1876-1950) zu nennen. Er war Architekt und Professor der Königlichen Baugewerbeschule (1908-1946) und jahrelang federführender Redakteur der geschätzten Zeitschrift „Schwäbisches Heimatbuch“ (seit 1949 „Schwäbische Heimat“). Sein lesenswerter Beitrag ist überschrieben „Altnagold und seine Bauten“.

Das erste Nagolder Heimatbuch gehört in die Bibliothek jedes Nagolder Bürgers als Schlüssel zum Verständnis unserer lokalen und regionalen Vergangenheit. Es ist leider vergriffen, aber antiquarisch in wenigen Exemplaren erwerbbar.