Die drei Bahnlinien beim Bachjörg (Schonachbach) Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Verkehrsverhältnisse rund um Triberg beleuchtet / Eine wiederentdeckte Studie von Konrad Kaltenbach

Der erste Heimatforscher unserer Umgebung, Konrad Kaltenbach, beschäftigte sich im "Postillion im Gutachtal" mit dem Straßennetz von 1752. Dabei ist einiges über die damaligen Verkehrsverhältnisse um Triberg zu erfahren.

Triberg. Konrad Kaltenbach (1877 bis 1955), gebürtig aus Niederwasser, Pfarrer in Aasen, Heimatforscher, Verfasser der Heimatblätter (Beilage des "Triberger Bote" 1926 bis 1934) schuf damit ein Werk von bleibendem Wert. Erwachsen ist es aus der Liebe zur Heimat und aus dem Bestreben, soweit es in seinen Kräften stand, das kulturelle (christliche) Erbe der Vorfahren zu erhalten.

Er tat alles, um so viel Wissen wie möglich aus der Geschichte der Herrschaft Triberg zusammenzutragen, scheute keine Wege, in Archiven in Karlsruhe und St. Paul im Lavanttal (Kärnten) zu historischen Kenntnissen zu kommen, weshalb man ihn auch "Reisepfarrer" nannte.

Kaltenbach wusste, dass er nicht eine wissenschaftliche Zeitschrift und für ein gelehrtes Publikum schrieb, sondern für Mitmenschen aus dem Bauern- und Handwerkerstand, die staunen durften, aus welcher Vergangenheit sie kamen, und stolz auf ihre Leistungen sein konnten. Die gute Tradition der Heimat sollten sie nicht frivol aufgeben. Unübersehbar ist die pädagogische Absicht.

Bei der Beurteilung seines Werks wird der Leser der Gegenwart zu berücksichtigen haben, dass seiner Arbeit durch Beruf, also Sonntagsgottesdienst mit Predigt und Christenlehre, Beichthören und Religionsunterricht sowie die Zeitumstände, die Anfänge des Dritten Reiches, Grenzen gesetzt waren. Außerdem hatte er das Fach Geschichte nicht studiert.

Für viele große Themenkomplexe blieb ihm keine Zeit. Eine Chronik der Stadt oder der Raumschaft Triberg wurde es nicht. Die systematische Erforschung der Zeit der Verpfändungen fehlt ebenso wie die bedeutender Obervögte oder die Zerstrittenheit zwischen dem Stadtoberhaupt und den Untertanen und dieser untereinander.

Wie der Amtsbote zur Regierungsstelle kam

Kaltenbach brachte nicht immer die lokal begrenzten Ereignisse und Prozesse in große geschichtliche Zusammenhänge. Aber selbst wenn er nur seine Erinnerungen und das Wissen seiner Zeit niedergeschrieben hätte, es wäre nicht wenig gewesen. Zum Beispiel wäre der damals älteste Feuerwehrmann der Welt, Josef Feiß, im Dunkel der Geschichte versunken.

Bei der Durchsicht geschichtlicher Literatur trat ein Beitrag Kaltenbachs im "Fremdenblatt für den klimatischen Luftkurort Hornberg Schwarzwaldbahn" vom 26. Juni 1926 ans Licht, der nicht nur Forschungsergebnisse wiedergibt, sondern den Leser mit seiner Geschichtsmethode bekannt macht, wie sich hier exemplarisch zeigen lässt. Er erschließt manches – sicher richtig, aber ohne quellenmäßige Belege, wodurch der wissenschaftliche Standard nicht erreicht wird – zum Leidwesen des späteren Historikers, der die Quellen einsehen können muss, um für seine je eigene Fragestellung eine Antwort zu finden. Auf manches wird er nur durch Zufall stoßen.

Es ist gewiss von Bedeutung, zu wissen, welchen Weg der Amtsbote der Herrschaft Triberg zur Regierungsstelle in Freiburg nahm. Anrührend aber ist zu erfahren, dass einmal ein solcher in der Nacht die Tasche mit amtlichen Akten verlor, sie nicht mehr fand, und der Obervogt die Stelle in Freiburg um Herstellung von Kopien bitten musste. Oder dass dieser so schlecht bezahlt war, dass er sich kaum eine Stärkung in einem Gasthaus unterwegs leisten konnte.

Schwarzwaldbahn läutet 1873 neue Zeit ein

Ein Erlebnis auf der Straße brächte auch "Farbe" hinein. Der Forscher darf nicht in jedem Fall seine Gefühlslage auf Menschen vor 300 Jahren übertragen, sosehr es einen Bericht würzte, wenn man Menschen auf dem Postwagen von Triberg nach Hausach in romantischen Gefühlen schwelgen sieht, ohne dass man auch nur einen Mitfahrenden wörtlich zitieren kann. Nicht auszuschließen ist das Gegenteil, dass nämlich jeder nur ganz einfach froh war, die bedrückende Enge hinter sich gebracht zu haben. Von keinem Pilger zur Wallfahrtskirche "Maria in der Tanne" erfahren wir, dass er vor der Zeit der Romantik, um 1800, die wenigen Schritte zum Wasserfall zu gehen bereit war, um sich "berauschen" zu lassen.

Damit sind wir beim "Postillion im Gutachtal". Konrad Kaltenbach gibt das Bild des Straßennetzes nach der Postverkehrskarte von 1752 wieder, der einzigen Quelle, die er nennt, und diese verdeutlicht die trostlose Situation Tribergs.

Die großen Städte im Süden des Reiches waren alle durch Fernstraßen miteinander verbunden. Von Paris führte die Straße an Triberg vorbei über Hornberg, die Benzebene, Meßkirch, Ulm, Augsburg, München nach Wien. Despektierlich über das Reisepublikum ließ sich der Taxissche Postdirektor vernehmen: "Lauter Tänzer, Operisten und derlei Zeug" werden da befördert.

Immer lag Triberg im Windschatten des Verkehrs, auch wo er wie in Reichenbach-Fohrenbühl in die Nähe kam. Den Gewinn hatten dort die Gasthäuser in Hornberg, der "Löwen", in Krummenschiltach der "Grüne Baum" und die Pferdehalter für Vorspanndienste. 40 bis 50 Pferde sollen dafür gebraucht worden sein. Auf Gewinnmöglichkeiten durch den Anschluss an den Verkehr musste Triberg lange warten.

Keine Forschung erforderte die Aufzählung der Benutzer der Kinzigtalstraße: die Freiherren von Althornberg, Kirchgänger, Ritter, Mönche, fahrende Schüler. Namen erführe man gern von Besuchern des Konstanzer Konzils (1414 bis 1418), von den Rompilgern einer Straßburger Gesandtschaft 1478.

Die Wende für Triberg brachte die 1836 bis 1838 auch damals schon laut Kaltenbach von Italienern gebaute "Kunststraße" von Hornberg zur Sommerau. Der bequemere Weg zur Baar machte Vorspanndienste überflüssig. Mit der Eröffnung der Schwarzwaldbahn 1873 war der Durchbruch zur Verbindung mit der großen, weiten Welt gelungen. "Wehmütig", meint Kaltenbach, "klang das Posthorn am Abend des 9. November 1873, es war des Postillions Ignaz Thum letzte Fahrt durchs Gutachtal". Vielleicht überwog doch die Freude auf das Neue. Für Triberg sicher der Beginn einer neuen Zeit.

"Das deutsche Datum" oder "Deutscher Schicksalstag": 9. November 1848: Robert Blum wird in Wien hingerichtet. Er war Abgeordneter der Paulskirchenversammlung in Frankfurt am Main und kämpfte gegen kaiserlich-königliche Truppen in Wien.

1918: Philipp Scheidemann ruft in Berlin die Republik aus.

1923: Hitlerputsch in München

1938: "Reichspogromnacht"

1989: Fall der Berliner Mauer