Viele Interessantes über die historische Altstadt von Altensteig erfuhren die KGV-Mitglieder, auch wenn sie beim Rundgang nur einen Teil der "Historischen Meile" mit ihren 22 Stationen ansteuern konnten. Foto: Schabert 

Anstelle einer Rundfahrt am Tag des offenen Denkmals nahm sich der Kreisgeschichtsverein Calw (KGV) einen ganzen Tag lang die in die Historie eingebettete Gegenwart der Stadt Altensteig vor.

Altensteig - In der Kunsthalle begrüßte Vereinschef Tobias Roller die Mitglieder. Coronabedingt habe man in diesem Jahr von einer Rundfahrt abgesehen und besuche verschiedene Ziele in der Stadt. Manche Teilnehmer waren von der Vielfalt überrascht, alle durchweg begeistert genossen sie den Tag in der kurzzeitigen Oberamtsstadt mit badischer Vergangenheit.

Von Krieg und Bränden verschont

Der Initiator und Besitzer der Kunsthalle und frühere Stadtbaumeister Hermann Unsöld führte gleich in die Geschichte Altensteigs ein. Schon vor 10 000 Jahren hätten Sammler und Jäger die Gegend durchstreift. Die Stadtgründung reicht ins 12. Jahrhundert zurück. Der Ort habe das Glück gehabt, von Krieg und großen Bränden verschont zu bleiben. So sei die Burg nie geschliffen worden. In den später zum Schloss erweiterten Mauern habe der Großvater des berühmten Philosophen Georg Friedrich Wilhelm Hegel als Vogt gewirkt.

Altensteig hat mehr zu bieten

Interesse fand die Galerie, in der neben vielen Bildern Altensteiger Ansichten aus Gegenwart und Vergangenheit ebenso zu sehen waren, wie moderne Kunst verschiedenster Richtungen. Natürlich beeindruckte die KGV-Mitglieder nicht zuletzt die im Gebäude erhaltene alte Schmiede aus dem Jahr 1870 innerhalb der Baulichkeiten. Das Haus gilt als Wiege der heute bundesweit tätigen Firma Stahlbau Bühler. Auch die Flößerei und das Gewerbe bis hin zur Weltfirma Boysen streifte Unsöld. "Altensteig hat mehr zu bieten, als viele Altensteiger wissen", resümierte der Hausherr.

Flyer gibt Auskunft über 22 Stationen

Durch die unvergleichlich beeindruckende Altstadt führte Brigitte Selzer. Selbst die Lufthansa, führte sie aus, bediene sich bei ihrer Werbung des Stadtbildes: Wer etwa in Tokio aus dem Flugzeug steige, dem begegne dort großflächig das Bild der Stadt am Hang über der Nagold. Halt machte die Gruppe am Waldhorn, einer von zwölf ehemaligen Braustuben in der Stadt. Beeindruckend war auch der Rathausbrunnen aus dem Jahr 1747 mit altwürttembergischen Wappen und Obelisk gegenüber vom alten Rathaus. Dessen Gebälk konnte dendrochronologisch in die Jahre 1463/64 datiert werden. Als Amts- und Kaufhaus erbaut, erwarb es die Stadt 1825, um es bis zum Bezug des neuen Verwaltungsgebäudes im Tal 180 Jahre lang als solches zu nutzen. So mancher Besucher möchte auf die ausgewiesene "Historischen Meile" zurückkommen und weitere der 22 Stationen studieren, zu denen ein Flyer Auskunft gibt.

"Armut ist der beste Denkmalpfleger"

Mittagsziel des Stadtrundgangs war die Gaststätte Bäck-Schwarz. Dort wurde die Gruppe vom Eigentümer, dem Architekten Dieter Dorner, erwartet. Das Altensteiger Urgestein konnte aus dem Vollen schöpfen, denn schon als kleiner Junge kannte er das Nachbargebäude seines Elternhauses. In der ihm eigenen Art flocht er auch manch lustige Episode ein. Der mittelalterliche Bau mit verblattetem und verzapftem Fachwerk geht auf das Jahr 1459 zurück. "Armut ist der beste Denkmalpfleger", fasste der Baumeister zusammen. Er ließ das Gebäude Mitte der 1980er-Jahre im Benehmen mit Denkmalschützern originalgetreu sanieren. Selbst ein Stück Flechtwerk-Außenwand ist erhalten. Drei Handwerker teilten sich zeitweise das Gebäude, in dem die Eigentumsanteile bis zu einem Achtel reichten. Sogar die Besitzer ab 1511 konnte Dorner namentlich nennen.

Mit einem Sektempfang überrascht

Nach der Stärkung in der historisches Milieu ausstrahlenden Wirtschaft Bäck-Schwarz ging es zum Schloss. Dort wurde die KGV-Gruppe im Garten durch die Kolleginnen vom Heimat- und Geschichtsverein Altensteig (HGV) um die Vorsitzenden Marianne Pfitzer und Kerstin Grimberg mit einem Sektempfang überrascht. Einem Blick in den neu angelegten Kräutergarten folgte die Führung, die wiederum Brigitte Selzer übernahm. Erste Teile entstanden im 11. Jahrhundert durch die Pfalzgrafen von Tübingen, denen die Hohenberger folgten. Um 1400 kauften die badischen Markgrafen Schloss und Vogtei, die 1604 nach einem Tausch und Kaufgeschäft an Württemberg kamen. Vielfältig ist die Ausstellung in den Räumen, die Einblicke in Geschichte, früheres Leben und alte Berufe bieten. Auch Sonderpräsentationen und das vom HGV ehrenamtlich betriebene Schlosscafé (sonntags 14 bis 17 Uhr) locken.

Ehemaliger Lokführer plaudert aus der Schule

Letzte Station und weiterer Höhepunkt war für die Besucher vom KGV das "Altensteigerle"-Museum in der Poststraße in den Räumen des ehemaligen Spielwarengeschäfts Finkbeiner. Die Strecke von Altensteig bis Nagold ist dort auf 248 Quadratmetern nachgebildet. Für Modellbahnfreunde fahren die Züge, Geschichtsfreunde finden maßstabsgerechte Nachbauten der Bahnhöfe der von 1891 bis 1967 betriebenen Schmalspurbahn. Beeindruckend sind die insgesamt rund 70 historischen Gebäude oder Gegebenheiten wie das einstige Bernecker Freibad. Aus der Schule plaudern konnte der muntere Endachtziger und ehemalige Lokführer Adolf Wahl. Er und der Vorsitzende der ehrenamtlich mit Unterstützung der Stadt die Anlage tragenden Interessengemeinschaft, Walter Köbele, ließen keine Frage offen.